Hoellenglanz
außerhalb der Tür, aber in der Nähe – sie bewachen die Fluchtwege. Weil es genau das ist, was sie am meisten fürchten – dass ihr entkommen könntet. Dass ihr zu den Menschen rennt und uns enttarnt. Oder die Kontrolle verliert und uns enttarnt. Ihr seid aus Lyle House geflohen und dann der Edison Group entkommen. Und was ist das Erste, was ihr tun werdet, wenn es hier Ärger gibt? Ihr werdet flüchten und …«
Derek stürzte vor. Er schleuderte mich mit einem Schlag gegen die Schulter auf den Boden und landete über mir. Sein Körper zuckte, als habe er einen Energiestoß abbekommen, ich stieß einen erschrockenen Schrei aus und versuchte, mich aufzurappeln, aber er hielt mich unten und flüsterte mir zu: »Schon okay. Alles okay«, bis die Worte schließlich zu mir durchdrangen.
Als ich den Kopf hob, sah ich, dass Andrew in einem Bindezauber gefangen war und Simon aufsprang. Er stürzte sich auf Andrew und zerrte ihm die Hände auf den Rücken. Derek stand auf, um ihm zu helfen.
»Alles in Ordnung? Er hat dich nicht mit der Formel erwischt?«, fragte ich, während ich mit wackeligen Knien ebenfalls auf die Beine kam.
»Doch, hat er.«
Andrew hob den Kopf. »Und wie ihr seht, war es
nicht
die tödliche Version. Ich habe gesagt, dass ich dir nichts tun will, Derek. Ich hätte auch Chloe nicht verletzt. Ich musste nur erreichen, dass ihr mir zuhört.«
»Wir haben zugehört«, antwortete Derek. »Simon? Ich glaube, in der Werkstatt habe ich Seile gesehen. Chloe? Bleib hier. Tori? Deck Simon den Rücken, nur für den Fall, dass doch noch jemand im Haus ist.«
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33
D erek hatte noch mehr Fragen und erkundigte sich nach den Vorfällen in der Nacht in Andrews Haus. Andrew gab zu, dass er sich auf den Plan eingelassen hatte, seine eigene Verschleppung vorzutäuschen und dann mit dem Rest seiner Gruppe das Einsatzteam der Edison Group zu spielen. Die ganze Angelegenheit war inszeniert gewesen, sie hatten uns sogar Gelegenheit gegeben, ein Funkgerät zu erbeuten, damit wir von seiner »Flucht« erfuhren. Sie hatten sich als unsere Retter ausgeben wollen, um uns in eine Art Schutzhaft zu nehmen.
Simon kam wieder hereingestürzt und warf eine Seilrolle auf den Boden. »Das Handy. Wir können Dad anrufen. Sieh in seinen Taschen nach.«
»Es liegt in der Nachttischschublade neben meinem Bett«, sagte Andrew. »Und es ist nutzlos, der Empfang ist schon die ganze Zeit wackelig, und seit dem Abend geht gar nichts mehr. Ich glaube, jemand blockiert das Haus.«
»Das probiere ich lieber selbst aus«, entgegnete Simon.
»Nichts anderes habe ich erwartet.«
Aber es stimmte – wir bekamen wirklich keinen Empfang. Nicht einmal, als wir uns aufs Dach schlichen.
Dann hatte Andrew in dieser Hinsicht also die Wahrheit gesagt. Aber wie sah es mit dem Rest aus? Waren seine Freunde wirklich irgendwo da draußen, warteten ab und beobachteten das Haus? Oder war auch das wieder eine Lüge, die uns davon abhalten sollte, das Haus zu verlassen?
Wir fesselten und knebelten Andrew und brachten ihn in den Keller. Dann redeten wir.
Tori wollte es drauf ankommen lassen und gehen – nicht weiter überraschend. Simon schloss sich an. Keiner von ihnen wollte einen Moment länger hier herumsitzen als unbedingt nötig. Ihrer Meinung nach sollten wir aufbrechen – und wenn wir erwischt wurden, so Tori, »was sollen sie dann schon machen – uns erschießen?«. Wobei das Problem war, dass sie genau das möglicherweise wirklich tun würden.
Wir konnten uns nicht vorstellen, dass Russell allein gehandelt hatte. Hatte er mit Gwen zusammengearbeitet? Oder waren noch andere beteiligt gewesen? Wie viele Mitglieder dieser Gruppe wären insgeheim ganz froh gewesen, uns tot zu wissen – eine praktische Lösung für das Problem, das unsere Existenz darstellte?
Selbst wenn sie uns nicht tot sehen wollten, würde es keinen Zweifel daran geben, was wir gerade zu tun versuchten, wenn wir uns alle vier dabei erwischen ließen, wie wir mit den Rucksäcken auf dem Rücken durch den Wald pirschten. Und dann würden wir keinerlei Chance mehr haben, hier noch wegzukommen.
Also sollte nur einer von uns gehen. Aber wer? Bei Derek war die Gefahr am größten, dass sie ihn umbringen würden, wenn sie ihn erwischten. Tori mochte bei der Vorstellung, wir könnten tatsächlich in Lebensgefahr sein, die Augen verdrehen, aber auch sie bot sich nicht als Freiwillige an. Und Derek wollte nichts davon hören, dass entweder Simon oder ich
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