Hoellenglanz
die Füße.
»Ignorier mich nicht«, sagte Royce. »Unterbrich mich nicht. Lass mich nicht stehen.«
Ich blieb stehen und drehte mich um.
Er lächelte. »Schon besser. Also, worüber sollen wir jetzt reden? Das, was ich mit dem Mädchen gemacht habe? Oder den Fluch der Nekromanten? Such dir was aus.«
Ich versetzte ihm in Gedanken einen Stoß. Er flackerte und war dann wieder da, das Gesicht vor Wut verzerrt.
»Versuchst du mich zu ärgern? Das wäre nämlich eine wirklich dumme Idee.«
Er verschwand. Ich fuhr herum und versuchte ihn zu erspähen. Ein Stein traf mich am Hinterkopf, so hart, dass mir einen Moment lang schwarz vor Augen wurde und ich auf die Knie fiel. Blut tropfte mir in den Nacken.
Ich sprang auf und rannte los. Der nächste Stein erwischte mich an der Schulter. Ich blieb nicht stehen, versuchte, mir während des Rennens vorzustellen, wie er in die nächste Dimension hinüberflog, aber ich konnte mich nicht konzentrieren, wagte die Augen nicht zu schließen, nicht einmal eine Sekunde lang. Das Unterholz griff nach meinen Füßen, Zweige peitschten mir ins Gesicht, der Pfad war längst verschwunden.
Ein größerer Stein schlug mir in die Kniekehle, und ich taumelte. Es gelang mir, das Gleichgewicht zu halten, und ich rannte weiter. Ein Zweig stach mir ins Gesicht. Dann verfing sich mein Fuß in irgendeiner Ranke, und ich stürzte, der Länge nach und mit dem Gesicht voran.
Ich stemmte mich auf alle viere hoch. Etwas rammte mich zwischen den Schulterblättern, und ich landete zum zweiten Mal flach auf dem Bauch, das Gesicht im Dreck. Ein halb im Boden vergrabener Stock bohrte sich mir in die Wange, hart genug, dass ich zu bluten begann.
Dieses Mal versuchte ich nicht aufzustehen. Ich lag auf dem Bauch, den Kopf auf den Boden gesenkt, die Augen geschlossen, und versuchte Royce auf die andere Seite zurückzuschicken.
»Ich hab dir gesagt, du sollst aufhören …« Seine Stimme verklang, als der Schlag mich traf – ein leichter Schlag, der mich nur streifte. Der Stock landete neben mir auf dem Boden, als sei Royce bereits zu sehr geschwächt, um ihn noch festzuhalten.
Ich schob kräftiger. Der Stock hob sich vom Boden. Ich zählte bis drei und wälzte mich dann aus dem Weg. Royce erschien wieder, das Gesicht zu einer Maske der Wut verzerrt. Ich sprang auf die Beine. Er holte aus, wild und planlos jetzt, und ich wich mühelos aus. Er stürzte auf mich los, den Stock erhoben, und in Gedanken schleuderte ich ihm alles entgegen, was ich aufbringen konnte. Es riss ihn geradewegs von den Füßen, und er landete flach auf dem Rücken. Der Stock flog ihm aus der Hand. Er griff danach, aber der Stock rollte fort. Er versuchte ihn zu packen, und der Stock sprang vom Boden hoch und wirbelte in die Luft hinauf. Royce starrte mich an, als sei ich es, die das bewirkte. Ich war es nicht.
Der Stock baumelte jetzt über seinem Kopf. Er machte einen Satz, um ihn zu packen, aber der Stock schwang zur Seite und außer Reichweite. Als Royce wieder nach ihm griff, fiel er auf den Boden.
Royce guckte mich immer noch wütend an, als neben ihm eine zweite Gestalt erschien – ein Mädchen mit langem blondem Haar, in ein Minnie-Mouse-Nachthemd und orangefarbene Socken mit Giraffen darauf gekleidet.
»Liz!«
»Was?« Royce folgte meiner Blickrichtung, aber sie war verschwunden.
Ich wich zurück, als Royce wieder nach dem Stock griff. Als er ihn erwischte, brach das Holz auseinander.
Sobald er wieder zu mir herübersah, tauchte Liz hinter ihm auf und teilte mir wild gestikulierend mit, ich solle ihn bannen.
Also schloss ich die Augen. Es war schwierig, sie geschlossen zu halten und nicht daran zu denken, woher der nächste Schlag kommen würde, aber ich vertraute darauf, dass Liz die Dinge unter Kontrolle hatte. Ich versetzte ihm den heftigsten Stoß, den ich zustande brachte, und stellte mir dabei alle möglichen hilfreichen Szenarien vor – Royce, der von einer Klippe stürzte, Royce, der von einem Wolkenkratzer stürzte, Royce, der aus der Luftschleuse eines Raumschiffs stürzte. Es war wirklich nicht schwer, weitere Varianten zu finden.
Er tobte. Er fluchte und drohte. Aber wenn er noch etwas nach mir warf, dann erreichte es mich nicht mehr. Seine Stimme schwoll an und verklang wieder, aber sie wurde jedes Mal schwächer, bis irgendwann Stille herrschte, und dann sagte Liz: »Er ist weg.«
[home]
35
L iz stand da und grinste. »Das wäre geschafft.«
Ich lachte, ein wackeliges Lachen, das etwa zwei
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