Höllenjagd

und Block um Block die hohen Gebäude erschütterte und ins Wanken brachte wie Weidenbäume in einem Wirbelsturm. Holz, Mörtel und Ziegelsteine waren nicht dafür geschaffen, einem solchen Angriff standzuhalten. Eins nach dem anderen bröckelten die Gebäude, die Mauern stürzten ein und fielen in einer Wolke aus Staub und Schutt auf die Straßen. Sämtliche Fenster in den Geschäften entlang der Prachtstraßen barsten und klirrten in einem Regen aus gezackten Scherben auf die Bürgersteige.
    Fünf- bis zehnstöckige Gebäude im Geschäftsviertel der Innenstadt stürzten unter fürchterlichem Getöse ein, das wie Kanonendonner hallte. Erdspalten öffneten und schlössen sich wieder in den Straßen und füllten sich mit Grundwasser, das dann in die Rinnsteine lief. Die Schienen der Straßen- und Kabelbahnen wurden wie Spaghetti gebogen und verdreht. Die heftigsten Erdstöße hielten kaum länger als eine Minute an, bevor sie nachließen, obwohl sich kleinere Nachbeben über mehrere Tage hinweg fortsetzten.
    Als das Ausmaß der Zerstörung im hellen Tageslicht sichtbar wurde, bestand alles, was auf einer Fläche von 150 Quadratkilometern von einer Großstadt mit einer Vielzahl von Geschäften, Büros, Banken, Theatern, Hotels, Restaurants, Kneipen und Bordellen, Handelsfirmen und Wohnungen übrig war, nur noch aus Haufen von scharfkantigem Mauerwerk, gesplittertem Holz und verbogenem Stahl. Obwohl sie stabil ausgesehen hatten, waren die meisten Gebäude nicht verstärkt gewesen und zu Staub zerfallen, bevor das Erdbeben eine halbe Minute alt war.
    Das Rathaus, das beeindruckendste Gebäude westlich von Chicago, war ein Trümmerberg, und seine gusseisernen Säulen lagen zerschmettert auf der Straße. Das Justizgebäude war nur noch ein Skelett aus verstümmelten Stahlträgern. Die Akademie der Wissenschaften war verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Das Postamt stand noch, war aber von Rissen durchsetzt. Im Majestic Theater würde nie wieder eine Vorstellung stattfinden. Nur das prächtige sechsstöckige Gebäude der Wells Fargo Bank war trotz der zerstörten Innenräume nicht eingestürzt.
    Zuerst fielen Tausende von Schornsteinen herab. Keiner davon war unter Berücksichtigung eines möglichen Erdbebens errichtet worden. Sie führten durch Dächer und ragten hoch auf, und da sie nicht schwingen konnten und nicht gesichert waren, begannen sie zu wackeln, zerbrachen dann und stürzten in Häuser und auf Straßen, die bereits voller Schutt lagen. Später wurde ermittelt, dass über einhundert Personen von herabstürzenden Schornsteinen in ihren Betten erschlagen wurden.
    Aus Holz erbaute zwei- und dreistöckige Häuser neigten sich wie trunken in alle Richtungen, hatten sich vom Fundament gelöst und krümmten sich in bizarren Winkeln. Manche wirkten seltsam unberührt, standen aber bis zu sechs Metern von ihren Fundamenten entfernt, viele davon auf Bürgersteigen und Straßen. Obwohl die Außenwände unbeschädigt waren, waren sie innen völlig zerstört. Zwischendecken waren eingestürzt, Balken zerbrochen, Möbel und Bewohner lagen zerschmettert und begraben unter dem Schutt. Die billigeren Häuser im ärmeren Teil der Stadt waren zu einem Haufen aus zersplitterten Balken und Putz zusammengestürzt.
    Diejenigen, die das Erdbeben überlebt hatten, befanden sich in Schockstarre, unfähig zu sprechen oder sich auch nur flüsternd zu unterhalten. Als sich die großen Staubwolken langsam herabsenkten, erklangen die Schreie derjenigen, die verletzt oder unter eingestürzten Gebäuden eingeklemmt waren, wie ein gedämpftes Wehklagen. Selbst als das Hauptbeben vorbei war, erzitterte die Erde immer wieder unter Nachbeben, die noch mehr Mauern auf Straßen stürzen ließen, was wiederum Erschütterungen und ein unheimliches Grollen erzeugte.
    Wenige Städte in der Geschichte der menschlichen Zivilisation hatten eine solche Zerstörung erlebt wie San Francisco. Und trotzdem war es erst das Vorspiel zu einem viel schlimmeren Vernichtungsszenario.
    Das Beben schleuderte das Bett, in dem Isaac und Marion lagen, quer durch das Schlafzimmer. Das Wohngebäude, in dem sie sich befanden, wackelte und bebte in mehreren Wellen. Es gab einen ohrenbetäubenden Lärm, als das Geschirr auf den Boden krachte, Bilder von den Wänden fielen und das Klavier wie ein Felsbrocken, der einen Berg hinabrollt, über den schrägen Fußboden rutschte und nach draußen fiel, weil sich die gesamte Vorderfront des Wohnhauses vom restlichen Gebäude