Höllenjagd
Lake Bank & Trust. Er wandte sich an den Wachmann, der auf einem Stuhl neben der Tür saß.
»Ich habe eine Verabredung mit Mr. Cardoza.«
Der Wachmann erhob sich und ging auf eine Tür mit einer Milchglasscheibe zu. »Mr. Cardoza ist hier drin.«
Ruskin hätte das Büro des Bankdirektors auch allein gefunden. Der Wachmann bemerkte nicht, dass Ruskin ihn eingehend musterte, seinen Bewegungen folgte, sein Alter abschätzte und feststellte, dass er sein Holster, in dem eine neue Colt-Browning-Pistole vom Kaliber 45, Modell 1905, steckte, an der Hüfte trug. Die kurze Überprüfung verriet ihm außerdem, dass der "Wachmann nicht besonders aufmerksam und alarmbereit war. Nachdem er tagein, tagaus Kunden kommen und gehen gesehen hatte, die nicht den geringsten Unfrieden stifteten, war er teilnahmslos und gleichgültig geworden. Er schien an Ruskins großem Koffer nichts ungewöhnlich zu finden.
Hinter dem Bankschalter standen zwei Kassierer in ihren Kabinen. Die einzigen anderen Angestellten außer dem Wachmann waren Cardoza und seine Sekretärin. Ruskin betrachtete die große Stahltür zum Tresor, die zur Lobby zeigte, um die Kunden zu beeindrucken und ihnen das Gefühl zu geben, dass ihre Ersparnisse in den besten Händen waren.
Er trat zu der Sekretärin. »Hallo, ich bin Eliah Ruskin, ich habe um halb drei einen Termin mit Mr. Cardoza.«
Die Dame war in den Fünfzigern und hatte ergrauendes Haar. Sie lächelte und erhob sich wortlos, ging zu einer Tür, auf deren Milchglasscheibe A LBERT C ARDOZA , D IREKTOR stand, klopfte und steckte den Kopf durch die Tür. »Ein Mr. Eliah Ruskin möchte Sie sprechen.«
Cardoza erhob sich augenblicklich und eilte um seinen Schreibtisch herum. Er reichte Ruskin die Hand und schüttelte seine energisch. »Sehr angenehm, Sir, ich freue mich über Ihren Besuch. Wir können nicht jeden Tag einen Vertreter einer Bank aus New York willkommen heißen, die eine so beträchtliche Einlage machen möchte.«
Ruskin stellte seinen Koffer auf Cardozas Schreibtisch, öffnete die Schlösser und hob den Deckel. »Bitte schön, eine halbe Million Dollar als Bareinlage, bis wir sie wieder zurückholen möchten.«
Cardoza blickte ehrfürchtig auf die ordentlich gestapelten und gebündelten Fünfzig-Dollar-Goldzertifikate, als wären sie sein Freifahrtschein ins Heilige Land der Bankiers. Dann blickte er erstaunt auf. »Das verstehe ich nicht. Warum bringen Sie nicht einen Scheck anstatt 500000 Dollar in bar?«
»Die Direktoren der Hudson River Bank in New York handeln lieber mit Bargeld. Wie Sie aus unserem Briefwechsel wissen, wollen wir im Westen Zweigstellen eröffnen, und zwar in Städten, die Wachstumspotenzial haben. Wir halten es für angebracht, Bargeld zur Verfügung zu haben, wenn wir eröffnen.«
Cardoza blickte Ruskin beunruhigt an. »Ich hoffe, Ihre Direktoren haben nicht vor, eine Konkurrenzbank in Salt Lake City zu eröffnen.«
Ruskin grinste und schüttelte den Kopf. »Phoenix, Arizona, und Reno, Nevada, werden die ersten Filialen der Hudson River Bank im Westen sein.«
Cardoza wirkte erleichtert. »Phoenix und Reno florieren in der Tat.«
»Gab es jemals einen Bankraub in Salt Lake City?«, fragte Ruskin beiläufig, während er auf den Tresor blickte.
Cardoza sah ihn spöttisch an. »Nicht in dieser Stadt. Die Bürger würden das nicht zulassen. In diesem Land ist Salt Lake City eine der Städte mit der niedrigsten Verbrechensrate. Die Mormonen sind rechtschaffene und religiöse Leute. Vertrauen Sie mir, Mr. Ruskin, kein Räuber würde es wagen, diese Bank zu überfallen. Ihr Geld ist hundertprozentig sicher, sobald es im Safe liegt.«
»Ich habe von einem Kerl gelesen, den man den Schlächter nennt und der mordend und raubend durch die Weststaaten zieht.«
»Keine Sorge, er taucht nur in kleinen Bergbaustädten auf und stiehlt die Lohngelder. Er ist nicht so dumm, die Bank einer Stadt von der Größe Salt Lake Citys zu überfallen. Die Polizei würde ihn erschießen, bevor er die Stadtgrenze erreicht hat.«
Ruskin nickte in Richtung Safe. »Sehr beeindruckend.«
»Der beste Safe westlich von Mississippi, extra für uns in Philadelphia gebaut«, sagte Ruskin stolz. »Ein komplettes Regiment mit Kanonen würde da nicht reinkommen.«
»Wie ich sehe, ist er während der Geschäftszeiten geöffnet.«
»Warum nicht? Unsere Kunden sehen gerne, wie gut ihre Einlagen geschützt sind. Und wie ich bereits erwähnte, ist in Salt Lake City noch nie eine Bank ausgeraubt
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