Höllenjagd
Mamie Tubbs begrüßt, einer burschikosen Frau, die so rund war wie eine riesige Birne. Das graue Haar fiel ihr in zwei Zöpfen über den Rücken, und ihr Gesicht sah aus wie eine große Untertasse mit Nase.
»Ich grüße Sie, Fremder«, sagte sie mit tiefer, männlich klingender Stimme. »Brauchen Sie eine Unterkunft?«
»Ja, Ma'am«, sagte Bell höflich. »Ich bin neu in der Stadt.«
»Sieben Dollar die Woche, einschließlich Mahlzeiten, sofern Sie am Tisch sitzen, wenn ich das Essen auftrage.«
Er fasste in seine Tasche, brachte ein paar zusammengefaltete Geldscheine zum Vorschein und zählte sieben Dollar ab. »Hier ist das Geld im Voraus. Viel habe ich nicht, doch es genügt, um mich eine Weile durchzuschlagen.«
Sie hatte sein Humpeln bemerkt, als er den Empfangsraum betreten hatte. »Sie sehen aus, als würden Sie im Bergbau arbeiten.«
Bell klopfte mit der Hand gegen das Bein. »Mit dem Bergbau ist es vorbei, seit ich von einer falsch gelegten Dynamitstange schwer verletzt wurde.«
Sie beäugte ihn misstrauisch und fragte sich, woher die weitere Zimmermiete wohl kommen sollte. »Wie wollen Sie jetzt Ihren Lebensunterhalt bestreiten?«
»Ein Freund hat mir eine Arbeit als Putzer im New Sheridan Hotel verschafft.«
Sie lächelte. »Hatte man dort kein Zimmer für Sie im Keller?«
»Alle Betten im Keller sind von Kumpels belegt«, log Bell. Er hatte keine Ahnung, ob Minenarbeiter im Keller des Hotels schliefen.
Er wusste, dass der Eindruck eines verkrüppelten Minenarbeiters Mamie Tubbs ausreichend zufriedenstellen würde, sodass sie in der Stadt nichts über ihren neuen Pensionsgast herumerzählte. Sie zeigte ihm sein Zimmer, wo er seinen Koffer auspackte. Aus einer Aussparung unter dem Griff nahm er ein Handtuch, das er um eine Browning-Colt-Automatik Modell 1905 vom Kaliber 45 mit Zwanzigschussmagazin und Schulterholster gewickelt hatte. Er schob die Waffe unters Bett, ließ aber die zuverlässige Remington Derringer in seinem Stetson. Dann zog er den Verband um sein Knie nach, der ihn daran hinderte, normal zu gehen. Bei einem Rindereintopf in Mamies Speisesaal begegnete er den anderen Bewohnern der Pension. Die meisten waren Minenarbeiter, doch es gab auch ein paar Verkäufer und ein Ehepaar, das ein Restaurant eröffnen wollte. Nach dem Abendessen spazierte Bell die Pacific Avenue entlang und verschaffte sich einen Überblick über die Stadt.
Telluride - der Name kam vermutlich von der Redensart »to hell you ride«, »zur Hölle reitest du« - war gegründet worden, nachdem man im Fluss San Miguel Gold entdeckt hatte. Das Edelmetall, das neben silberhaltigem Eisenerz hoch oben in den Bergen von San Juan gefunden wurde, zog in den darauffolgenden fünfzig Jahren zahlreiche Goldsucher und Minenarbeiter an. 1906 lebten auf die Zahl der Einwohner gerechnet mehr Millionäre in Telluride als in New York.
Die Minenarbeiter hatten insgesamt 550 Kilometer Tunnel gegraben, die die umliegenden Berge wie Honigwaben durchlöcherten, manche von ihnen 3500 Meter über dem Meeresspiegel. Die Einwohnerzahl schnellte auf über fünftausend, und in der boomenden Stadt herrschte bald ein ausgelassenes und verrücktes Leben, gemischt mit einer gesunden Dosis Korruption. Es gab drei Dutzend Saloons und einhundertachtzig Prostituierte, um die Armee von Minenarbeitern nach langen Zwölfstundenschichten für drei Dollar am Tag in den Minen Silver Bell, Smuggler-Union und Liberty Bell bei Laune zu halten.
Als die Sonne hinter den Bergen versank und die Dunkelheit hereinbrach, flammten überall in den Straßen Laternen auf. 1892 hatte der Minenbesitzer L. L. Nunn den genialen Elektroingenieur Nikola Tesla beauftragt, das erste Wechselstromkraftwerk zu bauen, damit Eisenerz in Kabelbahnen den Berg hinunter- und Arbeiter aus der Stadt hinauftransportiert werden konnten. Nachdem eine Stromverbindung vom Kraftwerk in die Stadt existierte, wurde Telluride zur ersten Stadt in der Geschichte mit elektrischen Straßenlaternen.
Bell ging an den berüchtigten Krippen vorüber, wo die Freudenmädchen ihre Dienste anboten. Die gehobenen Häuser hießen Senate und Silver Belle. Musik drang durch die Fenster auf die Straße, als ein Klavierspieler den »Dill Pickles Rag« und andere Ragtime-Melodien spielte. Die Straße hieß Popcorn Alley und hatte ihren Namen vom ständigen Öffnen und Schließen der Türen den ganzen Abend lang.
Er ging die Colorado Avenue entlang in Richtung Stadtzentrum und blickte durch die Fenster der
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