Höllenjob für einen Dämon (German Edition)
Shatan in die Augen. Er hatte sein Herz zurückerhalten. Gleichwohl spürte er aber eine innere Leere, die zuvor nicht da gewesen war.
„Was ist geschehen?‟
„Herr?‟
Shatan hob den Kopf und starrte das Wesen an, das vor ihm kauerte.
Etwas sagte ihm, dass er den kleinwüchsigen Mann mit dem zyanfarbenen Haaren, die irrwitzig zu Berge standen, kennen sollte. Das Gesicht des Kleinen war dunkel wie Lehm. Tiefe Furchen zogen sich über die gesamte Haut. Arme und Beine erinnerten in ihrer Form an die von Kleinkindern, stummelig und rundlich. Augen, schwarz und unergründlich, sahen ihn ruhig an.
„Geht es dir gut, mein Fürst?‟
Der Titel. Niemand nannte einen anderen in der Unterwelt so, wenn dies nicht gerechtfertigt war. Die Macht des Höllenfürsten reichte weit genug, um zu verhindern, dass hinter seinem Rücken eine Meuterei angezettelt wurde. Also konnten die Worte des Gnoms nur eines bedeuteten.
„Sag mir deinen Namen.‟
Falls es den Gnom verwunderte, warum Shatan ihn nicht erkannte, ließ er es sich nicht anmerken. Er deutete eine Verbeugung an und antwortete ruhig: „Agash, mein Fürst. Dein treuer Diener. Fühlst du dich nicht wohl?‟
Was für eine Untertreibung! Shatan hatte ein Herz, war zum Herrn der Unterwelt ernannt worden und konnte sich an keines der Ereignisse erinnern.
„Kannst du mir sagen, seit wann ich den Thron besitze?‟
Nun war es an Agash, die Stirn zu runzeln. „Natürlich, Fürst Shatan. Ihr seid der Hüter der Hölle seit nunmehr achthundert Jahren. Ein paar Monate mehr oder weniger.‟
Kraftlos sank Shatan im Sessel zurück. Er konnte nicht verhindern, dass er den Gnom ungläubig anstarrte. Das alles durfte nicht wahr sein. Wie war es nur möglich, dass er einen so langen Zeitraum vergaß?
„Agash, wie habe ich …?‟ Er musste die Frage nicht vollenden, damit sein Gegenüber verstand.
„Es scheint, als sei dir wirklich unwohl, Herr. Aber wenn es dir hilft, werde ich deinem Gedächtnis helfen, sich zu erinnern.‟ Der Gnom rieb mit seinen kurzen Fingern über sein faltiges Kinn. „Es waren schwere Zeiten damals, als …‟
„Er hat keinen Herzschlag!‟
„Das kann nicht sein. Er wurde nur sediert!‟
„Willst du selbst fühlen? Hol mir den Defibrilator!‟
Quietschende Schritte, begleitet von fluchenden Männerstimmen.
Nur langsam erwachte Shatan aus seinem Traum, der ihn vollkommen verwirrt hatte. Er träumte sonst nie. Er zwang die Lider auf, doch es gelang ihm nur halb.
Zwischen seinen Wimpern hindurch erkannte er einen hochgewachsenen Dunkelhäutigen in weißer Kleidung, der ihm gerade zwei rechteckige Papierstücke auf den Körper klebte. Eines auf Höhe seines nicht vorhandenen Herzens, das andere unterhalb seiner Rippen auf der gegenüberliegenden Seite.
„Zurücktreten!‟, rief der Schwarze. „Schock!‟
Eine Welle aus Schmerz schoss durch Shatans Leib und ließ ihn zucken. Seine Zähne schlugen hart aufeinander, seine Augen drohten, aus den Höhlen zu treten. Er bäumte sich auf. Brüllte. Sein einziger Wunsch war es, der Folter zu entkommen, die die Menschen an ihm verübten.
Die Fesseln hielten Shatan nicht länger. Ein Ruck und sie barsten.
Was auch immer die Foltermeister mit ihm angestellt hatten, Shatans Sinne waren nun hellwach und er bereit zuzuschlagen. Er hievte sich hoch und schwang die Beine von der Liege. Dabei traf er den Schwarzen, der schreiend an die Wand prallte. Dank der Wattierung verletzte er sich nicht, sondern blieb benommen liegen. Sein Begleiter, ein Weißer mit kahlem Schädel und ebenfalls heller Kleidung wich angstvoll zurück.
Shatan rutschte von der Liege. Seine bloßen Füße berührten den weichen Boden. Das Stehen fiel ihm schwer, und nur unter Zuhilfenahme seines Quastenschwanzes, der ihn wie ein drittes Bein abstützte, verlor er nicht das Gleichgewicht. Einen Augenblick lang fragte Shatan sich, weshalb die Menschen ihn nicht getötet hatten, als sie des merkwürdigen Körperteils ansichtig geworden waren. Dann erinnerte er sich. Ein weiterer Punkt auf seiner Liste für Liliths Bestrafungen: der Unsichtbarkeitszauber, den sie für jene gewebt hatte, die ihn gefangen hielten.
Er schüttelte sich und machte einen Schritt vorwärts auf den Weißen zu. Dabei verhedderte er sich in dem Katheterschlauch, den er in der Aufregung vollkommen vergessen hatte.
Der gummiartige Schlauch rutschte ein Stück in Shatans Penis nach vorn und verursachte dadurch noch größere Pein, als es der Stromschlag zuvor
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