Höllenknecht
verschränkte die Arme. «Da bin ich ja gespannt.»
«Das kannst du auch sein. Es geht nämlich um den Teufel und um die Frage, was geschieht, wenn der Teufel alle seine Sünden bereut.»
«Dem Teufel könnte nichts Schlimmeres einfallen als seine Vernichtung. Ohne Teufel kein Gott. Seine Vernichtung wäre somit auch die Vernichtung Gottes. Es gäbe nichts Teuflischeres als das.»
Bruder Göck winkte ab. «Ja, ja, das hatten wir ja schon alles. Aber du irrst. Dein Gedanke klang klug und überzeugend, aber er stimmt nicht.»
Pater Nau runzelte die Stirn. Bruder Göck hatte recht. Zu gern wollte er seinen Teufel zurückhaben. Ohne den fehlte ihm wirklich etwas, ohne Teufel war es kein richtiges Leben als Pfarrer. Er wünschte sich den Satanus zurück, jawohl. Aber nicht von Bruder Göck! Von dem doch nicht! Der war sein Gegner im Disput. Wenn ihm Bruder Göck den Teufel zurückbrächte, dann wäre der Antoniter Sieger des Disputes. Und das, nein, das wollte Pater Nau zuletzt.
«Ach», winkte Pater Nau ab. «So wichtig ist mir das auchnicht. Ich habe jedenfalls keinen Gedanken mehr daran verschwendet. Wenn es dir allerdings so zu schaffen macht, dann bin ich gern bereit, noch einmal länger über diese Frage nachzudenken.»
Für einen Augenblick guckte Bruder Göck verwirrt. Dann trank er einen Schluck und winkte ab. «Ach, lass nur. Mir ist es auch nicht so wichtig.»
Nun schwiegen die Männer. Pater Nau sah auf den Grund seines Bechers, als erwarte er von dort ein Orakel. Bruder Göck betrachtete die Schlammspritzer auf seinem schwarzen Chorhemd und seufzte.
«Also. Jetzt sag schon!» Pater Nau rutschte auf seinem Stuhl herum und trommelte mit den Fingernägeln auf den Tisch. «Wenn du schon deswegen hergekommen bist. Es gebietet der Anstand, dass ich dir zuhöre.»
«Ach, lass nur. Wir kennen uns schon so lange, dass wir nicht mehr unbedingt höflich zueinander sein müssen.» Pater Nau beugte sich vor. Grinste Bruder Göck? Oder sah das nur so aus? Jedenfalls goss er ihm zunächst noch einmal einen gehörigen Schluck Wein nach.
«Der Teufel also, hmm. Vielleicht sollte ich am Sonntag mal wieder über ihn predigen. Immerhin hat es viel Aufregung in der Stadt gegeben. Ein Kannibale, ein Toter und gestern Nacht noch ein Brand. Ja, ich glaube, es wird Zeit, den Frankfurtern mal wieder ins Gewissen zu reden. Mir scheint, die haben vergessen, dass es den Teufel überhaupt gibt. Also, Bruder Göck, was sagtest du über die Existenz des Satans?»
Bruder Göck schüttelte den Kopf. «Nein, nein, nicht über die Existenz des Teufels, mein Lieber. Ich wollte dir nur Antwort auf die Frage geben, was geschieht, wenn der Teufel seine Sünden bereut.»
«Gut. Das könnte ich schon für meine Predigt brauchen. Immerhin scheinen die Bürger ja zu denken, dass der Teufel seine Sünden bereut hat.»
«Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen», unterbrach Bruder Göck, der ein Schweigen ebenso wenig aushalten konnte wie Pater Nau, «es ging ja um die Frage, was geschieht, wenn der Teufel plötzlich wieder zum Engel werden will. Du sagtest, das wäre das Allerteuflischste überhaupt»
«Ja, ja. Ich erinnere mich.»
«Nun, das wäre es nicht. Denn damit Gott dem Teufel alle Sünden vergibt und ihn wieder zum Engel macht, müsste die Reue von Herzen kommen. Wenn aber die Reue von Herzen kommt, wäre an diesem Einfall des Teufels nichts Teuflisches mehr.»
Jetzt schwieg Pater Nau, verzog den Mund und betrachtete Bruder Göck aus zusammengekniffenen Augen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er zu reden begann. «Ich sag’s nicht gerne, Göck, aber da hast du leider recht. Wer hat dich auf den Gedanken gebracht?»
Bruder Göck blähte die Brust. «Ich bin natürlich selbst darauf gekommen.»
«Aha. Und warum nicht gleich? Mit wem hast du gesprochen darüber?»
Bruder Göck zierte sich ein wenig, dann ließ er sich noch einen Becher Wein einschenken und gestand: «Meine Nichte hat mich am Wochenende im Kloster besucht. Ja, es ist wahr, ich wollte sie beeindrucken. Immerhin ist sie ein schönes und kluges Mädchen, meine Eva. Sie hat mir den Hinweis mit der Reue gegeben.»
Da lachte Pater Nau so sehr, bis ihm die Tränen aus den Augen liefen. «Ein Weib war’s», prustete er und hieb sichauf die Schenkel. «Ein Weib hat uns zwei Theologen auf die richtige Spur gebracht. Und da sagst du, es gäbe keinen Teufel! Spätestens das ist der Beweis. Ein Weib, ich fasse es nicht.»
Er holte ein Tuch hervor und wischte sich die
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