Höllenknecht
Zuber.
«Sieht aus, als wäre das hier mal ein Lager oder eine zweite Werkstatt gewesen», urteilte Jutta Hinterer.
«Es hieß, der Kannengießer sei pleite gewesen», merkte Hella an. «Vielleicht steht das Gebäude deshalb leer.»
«Na, das erklärt doch einiges», befand die Geldwechslerin. «Jetzt verstehe ich, warum er so dringend Gold machen musste. Aua!» Die Geldwechslerin rieb sich das Knie. «Verflixt, was ist denn das hier?»
Hella kam näher. «Truhen», sagte sie. «Das sind eindeutig Reisetruhen. Und es liegt kein Staub auf ihnen.»
In aller Eile wühlten die Frauen die beiden Reisetruhen durch. Kleidung, Wäsche, ein wenig Silberzeug und eine in rotes Leder gebundene Bibel fanden sie in der einen. In der anderen entdeckten sie Werkzeug, Kolben, Tiegel und kleine Metallbarren.
«Jetzt steht es fest. Er wollte fort», sagte Hella.
«Und wohin er wollte, das erfahren wir in der Postkutschenstation. Wenn wir Glück haben.»
Die beiden Frauen hakten sich unter, grüßten die Büttel mit einem hochmütigen Kopfnicken und erfuhren wenig später an der Poststation, dass der Kannengießer einen Wagen samt Pferden gemietet hatte. Die Reise sollte ins Polnische gehen, heute, am frühen Morgen. Doch gekommen war niemand.
Wieder nickten sich die beiden Frauen zu. «Wir hatten recht. Er wollte sich aus dem Staub machen», sagte Jutta.
Hella nickte und fügte hinzu: «Aber wir haben das Buch nicht gefunden. Es war nicht in den Truhen. Entweder ist es im Haus verbrannt, was ich nicht glaube …»
«Ich glaube es auch nicht», unterbrach sie Jutta. «Er wird das Buch im Polnischen benötigt und es sorgfältig verstaut haben …»
«Und da es nicht da ist, wird noch vor den Brandlöschern jemand im Haus gewesen sein, der das Buch an sich genommen hat. Also müssen wir das Buch finden, um den Mörder zu finden», beendete Hella ihren Satz.
KAPITEL 15
«Ich muss mir dir sprechen, Heinz. Unbedingt.»
«Ich kann jetzt wirklich nicht, Arvaelo. Der Schultheiß hat mich zu sich rufen lassen.»
«Es ist aber wichtig. Sehr sogar.»
«Geht es um den Fall?»
«Nein, Heinz. Nicht um den Fall. Es ist … es ist eher eine Angelegenheit des Herzens.»
«Des Herzens?»
«Ja.»
«Gut, Arvaelo. Warte hier auf mich. Ich bin in wenigen Augenblicken zurück. Dann gehen wir in die Ratsschänke.»
«Nein, nicht in die Schänke. Sie ist kein Ort für das, was ich dir sagen will.»
«Also gut, gehen wir eben zu mir nach Hause in die Fahrgasse.»
«In Ordnung. Es wäre gut, wenn auch Hella hören würde, was ich sagen möchte.»
«Du machst es spannend, Arvaelo.»
«Es ist mir sehr ernst, Heinz.»
«Also, jetzt raus mit der Sprache.»
Hella hob die Karaffe und schenkte Heinz und sich Wein ein. Arvaelo hatte auf Wasser bestanden. Sie rückte diezweistöckige Silberschale mit dem Gebäck näher zum Gast und räusperte sich.
«Verzeiht, ich bin ein bisschen ungeduldig. Gleich erwarte ich meinen Onkel, Pater Nau. Und soviel ich weiß, seid Ihr heute Abend mit meiner Mutter verabredet», sagte sie. Hella war erst wenige Augenblicke vor Heinz und dem Sarazenen nach Hause gekommen und rang noch nach Atem.
«Genau darum geht es ja», erklärte Arvaelo. Er sprach, als hätte er einen trockenen Mund. Mit beiden Händen griff er nach dem Wasserglas und trank einen kräftigen Schluck. Dann räusperte er sich noch einmal und sagte dann feierlich: «Ich, Arvaelo Gram aus Samarra, bitte dich, Heinz Blettner, um die Hand deiner Schwiegermutter.»
Hella fiel die Kinnlade runter. Sie starrte Arvaelo mit großen Augen an.
«Was?», fragte Heinz, lächelte. «Was hast du gesagt?»
«Ich möchte Gustelies heiraten.»
«Gustelies?»
«Ja.»
«Du?»
«Ja.»
«Aha.»
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen. Arvaelo räusperte sich erneut, Heinz blickte drein, als wäre der Blitz mitten in den Tisch gefahren. Hella lachte auf. Sie warf den Kopf in den Nacken, lachte und lachte, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen. Gustelies, ihre Mutter, wollte der Sarazene heiraten? Er, ausgerechnet er, Arvaelo, in den sie selbst sich doch verliebt hatte, jedenfalls ein wenig? Wenn das nicht zum Lachen war!
«Ruhe jetzt!»
Heinz schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. «Genug mit dem Lärm. Arvaelo hat eine Frage gestellt. Und er soll eine Antwort haben.»
Hella schloss den Mund und schluckte. Die Tränen liefen weiter über ihr Gesicht.
Heinz wandte sich an seinen Freund. «Gustelies ist Witwe. Sie kann selbst
Weitere Kostenlose Bücher