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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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verkaufen?«
    Nightingale fragte sich, ob er sich einfach verhört hatte.
    » Sie könnten sogar noch mehr Geld herausschlagen, wenn Sie es in Wohnungen unterteilen.«
    » Da haben Sie wohl recht«, meinte Nightingale. Er war sich sicher, dass er sich nicht verhört hatte. Aber der Polizist schien sich keinen Scherz erlaubt zu haben: Er lächelte gutmütig und plauderte einfach nur mit einem ehemaligen Polizisten, während er darauf wartete, dass sein Kollege sein Funkgespräch beendete. » Ich hatte noch keine Zeit, um eingehender darüber nachzudenken.«
    » War er ein naher Verwandter von Ihnen, der alte Gosling?« Der Mann hatte einen Akzent aus der Gegend von Essex, mit langen Vokalen und abgehackten Konsonanten, und seine Stimme klang ein bisschen zu hoch, als wäre sein Stimmbruch noch nicht abgeschlossen. Sie klang überhaupt nicht wie die Stimme, die Nightingale gesagt hatte, dass der Teufel ihn holen werde.
    » Wohl eher nicht«, antwortete Nightingale. » Er war mein Vater. Angeblich.«
    Der Sergeant kam zu ihnen zurück. » Der Wirt des Fox and Goose hat ein Problem mit Zigeunern«, sagte er. Er grinste Nightingale an. » Nicht dass wir sie heutzutage noch Zigeuner nennen dürften. › Bürger ohne festen Wohnsitz‹ ist wahrscheinlich der politisch korrekte Ausdruck. Jedenfalls, einer von denen hat gerade eine Kellnerin mit einem Glas verletzt, wir müssen also hin. Viel Glück mit dem Haus.« Er griff in seine Tasche und reichte Nightingale die Karte eines Bürgerwachtvereins. » Da steht meine Nummer drauf. Rufen Sie mich an, wenn Sie irgendwas brauchen.«
    Nightingale las den Namen: Sergeant Harry Wilde. » Danke«, sagte er. » Schauen Sie, da ist etwas, was ich nicht verstehe. Das Haus ist doch alt, oder? Über hundert Jahre, würde ich sagen.«
    » Noch wesentlich älter«, antwortete der Polizist. » Das Hauptgebäude stammt aus dem sechzehnten Jahrhundert, aber im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts sind mehrere Anbauten dazugekommen. Und dann hat die Familie, die es an Gosling verkauft hat, Pferde gehalten, und so haben sie den Stall gebaut und den Paddock angelegt.«
    » Und warum heißt das Haus dann Gosling Manor? Ist es denn schon seit Generationen in der Familie?«
    » Mr. Gosling hat es in den Achtzigern gekauft, Geld bar auf die Kralle, so heißt es. Früher hieß es Willborough Manor, nach der Familie, die es erbaut hat. Sie waren hier ein paar Jahrhunderte lang der ortsansässige Adel. Mr. Gosling hat durch die Umbenennung einige Leute verärgert, und viele hier nennen das Haus immer noch bei seinem alten Namen. Ganz verkehrt ist das nicht. Häuser sind wie Boote– es bringt nur Unglück, wenn man sie umbenennt.«
    » Tja, also Gosling hat es gewiss Unglück gebracht«, sagte Nightingale.
    Wildes Funkgerät knisterte erneut. » Wir müssen los«, sagte der Sergeant. Er reichte Nightingale die Hand, und der schüttelte sie. » Was Sie damals gemacht haben, alle Achtung. Es war absolut richtig.«
    Nightingale lächelte schmallippig, sagte aber nichts. Er hatte längst den Versuch aufgegeben, vor sich selbst zu rechtfertigen, was er an jenem Novembermorgen getan hatte, und er hatte nie versucht, es vor jemand anderem zu rechtfertigen.
    Er sah den beiden Polizisten nach, die zu ihrem Streifenwagen gingen, und stieg dann in seinen MGB . Er nahm den Umschlag aus der Tasche. Drinnen lagen ein Schlüssel und die Geschäftskarte einer Wertschließfachgesellschaft. » Die Geschichte spitzt sich zu«, brummte er. Er sah sich den Umschlag erneut an. Außer seinem Namen stand nichts darauf, keinerlei Hinweis, wer ihm den Umschlag hingestellt haben mochte. Er bezweifelte, dass es Ainsley Gosling gewesen war, denn wenn der Umschlag schon beim Kommen der Polizei da gestanden hätte, hätten die Beamten ihn geöffnet, da es sich ja um einen Abschiedsbrief hätte handeln können. Das bedeutete, dass noch jemand anders im Haus gewesen war, nachdem die Polizei die Leiche fortgeschafft hatte.

6
    Die Wertschließfachgesellschaft lag in Mayfair. Nightingale fuhr mit der U-Bahn hin, weil er sich sagte, dass es ein Albtraum wäre, seinen Wagen dort zu parken. Er fuhr direkt von zu Hause aus, nachdem er Jenny angerufen und ihr gesagt hatte, dass er heute später kommen würde. Sie war sehr neugierig, wie sein Besuch bei dem Anwalt in Hamdale gelaufen war, aber Nightingale sagte, das würde warten müssen, bis er wieder im Büro war.
    Der Sitz der Gesellschaft war unauffällig. Da war nur ein kleines

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