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Hoellennacht

Hoellennacht

Titel: Hoellennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Leather
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gestanden wünsche ich mir allmählich, ich hätte nie etwas von Ainsley Gosling gehört.«
    » Das wünschen wir beide, Mr. Turtledove«, sagte Nightingale.

9
    Der Bankdirektor war ein Mann mittleren Alters in einem dunkelblauen Nadelstreifenanzug. Als Büro diente ihm ein fensterloser Raum in einem gesichtslosen Block in Brighton, einen Steinwurf vom Meer entfernt. » Ich bin Mr. Collinson«, sagte er. » Ich bin der Direktor, aber ich weiß nicht recht, was ich für Sie tun kann.«
    Nightingale traute niemals Männern, die sich selbst als » Mister« vorstellten. Denn damit wollten Sie einem nur von Anfang an klarmachen, wer das Sagen hatte. Auf dem Schreibtisch zeigte ein Namensschild aus Messing den vollen Namen des Direktors– Phillip Collinson–, aber selbst hier war ein › Mr.‹ vorangestellt. Collinson wies ihn zu einem kleinen, unbequemen Kunststoffstuhl mit Metallbeinen, während er selbst den großen, ledernen Chefsessel mit Armlehnen und hoher Rückenlehne einnahm– die Art von Sessel, wie sie von Bösewichten mit rasiertem Schädel in James-Bond-Filmen bevorzugt wird.
    Der Bankdirektor hatte schütteres Haar, das er in kunstvollen Sardellen über den Kopf gelegt und mit Gel befestigt hatte. Er lehnte sich zurück und schob die schmalen Lippen vor, während er Nightingales Visitenkarte studierte. » Mr. Nightingale, wenn Sie Ainsley Goslings Sohn sind, warum dann der andere Familienname?«
    » Ich bin offensichtlich adoptiert worden«, antwortete Nightingale. » Aber das wissen Sie doch gewiss schon. Haben Sie denn nicht Turtledove beauftragt?«
    » Eigentlich nicht«, sagte Collinson, legte die Karte auf den Schreibtisch und stützte das Kinn auf die gefalteten Hände. » Die Anweisungen bezüglich der Vollstreckung des Testaments kamen von einer Kanzlei in London. Ich bezahle Mr. Turtledoves Honorar, aber das ist auch schon alles, was ich mit ihm zu tun habe.«
    » Aber Sie haben Mr. Gosling getroffen?«
    » Natürlich, mehrmals. Er war ein geschätzter Kunde.«
    » Ist er hergekommen, oder sind Sie zu Gosling Manor hinausgefahren?«
    » Wir sind zu ihm nach Hause gefahren«, antwortete Collinson. » Mr. Gosling reiste nicht gerne, und so haben entweder ich oder mein Stellvertreter ihn aufgesucht.«
    » Machen Sie das für alle Ihre Kunden?«, fragte Nightingale. » Mein Bankdirektor ist nicht einmal bereit, mich zu sehen, um mit mir über meinen Überziehungskredit zu reden.«
    Collinson lächelte ohne Wärme. » Wie schon gesagt, Mr. Gosling war ein geschätzter Kunde.«
    » Reich, meinen Sie?«
    » Reich ist relativ«, erklärte Collinson. » Sagen wir einfach nur, es war die Mühe wert, ihn bei Laune zu halten. Aber ich verstehe nicht, warum Sie jetzt hier sind, Mr. Nightingale. Mr. Turtledove kümmert sich um das Testament und die Aufteilung des Nachlasses. Das hat nichts mit der Bank zu tun.«
    » Hat Gosling mich jemals erwähnt?«
    » Nein.«
    » Er hat nicht erwähnt, dass er einen Sohn hatte?«
    » Nein, nie.«
    » Sie sagten, er sei ein geschätzter Kunde gewesen«, meinte Nightingale. » Wie groß war sein Vermögen denn genau?«
    Collinson lehnte sich in seinem Chefsessel zurück und strich sich übers Haar, als wollte er prüfen, ob die Sardellen noch ordentlich lagen.
    » Das ist leider vertraulich. Ich kann keine Einzelheiten über ein Kundenkonto weitergeben.«
    Nightingale griff in seine Jackentasche, holte eine Fotokopie von Ainsley Goslings Testament heraus und reichte sie Collinson. » Ich bin der einzige Erbe, das heißt, alles, was er hat, wird an mich fallen.«
    Collinson leckte sich über die Oberlippe, als er das Dokument studierte. Dann legte er es auf den Schreibtisch und lehnte sich wieder in seinem Chefsessel zurück. » Ehrlich gesagt, Mr. Nightingale, glaube ich nicht, dass Sie viel erben werden. In den letzten Jahren seines Lebens hat Mr. Gosling den größten Teil seines Vermögens ausgegeben.«
    » Wofür?«
    Collinson kicherte. » Wir fragen unsere Kunden nicht, wofür sie ihr Geld ausgeben«, sagte er.
    » Das Haus ist eine Menge wert.«
    » Es ist mit einer beträchtlichen Hypothek belastet.«
    » Aber Sie sagten doch, Gosling sei reich.«
    » Das war Ihre eigene Schlussfolgerung, Mr. Nightingale«, entgegnete Collinson.
    » Na gut, ein geschätzter Kunde, haben Sie gesagt. Aber jetzt behaupten Sie, er sei mittellos gestorben?«
    » Nicht mittellos, nein«, gab Collinson zurück. » Aber letztes Jahr hat er eine beträchtliche Hypothek auf das Haus

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