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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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verloren habe. Wir sind spazieren gegangen. Und heute Abend haben wir am Ocean Drive gegessen, einer Straße voller verrückter Cafes und Bars mit pinkfarbener Neonschrift, Cocktails und Livemusik. Es war schön, einfach mal entspannt dazusitzen und die vorbeikommenden Leute zu beobachten.
    Niemand hat uns beachtet. Ein paar Stunden lang konnten wir so tun, als wären wir ganz normal.
     
     
    Montagnachmittag.
    Heute Morgen ist endlich der Pass gekommen, in einem verschlossenen braunen Umschlag, geliefert von einem Motorradkurier, der uns seinen Namen nicht sagen wollte und auch sonst keinen Ton von sich gab. Grauenhaftes Foto. Der Nexus hat auch Jamie einen neuen Pass geschickt und entschieden, dass wir beide unter falschem Namen reisen sollen. Ich bin jetzt Martin Hopkins. Er ist Nicholas Helsey. Richard fliegt unter seinem eigenen Namen, aber soweit wir wissen, hat auch niemand vor, ihn umzubringen.
    Wir haben Tickets für die Touristenklasse. Der Nexus hätte uns auch erster Klasse fliegen lassen können, aber da wären wir zu sehr aufgefallen.
    Wir nahmen unsere letzte Mahlzeit auf dem Ocean Drive ein: einen Riesenteller Nachos und zwei Colas. Richard trank ein Bier. Was der Kellner wohl von uns gedacht hat: Richard, in einem grellbunten Hawaiihemd, zwischen zwei Teenagern, die Sonnenbrillen trugen, obwohl es kein sehr sonniger Tag war. Jamie und ich hatten sie uns am Tag zuvor gekauft und konnten uns nicht mehr davon trennen. Ich glaube, wir mochten sie, weil wir uns damit unsichtbar fühlten.
    Während wir hier waren, habe ich ein paarmal über Satellitentelefon mit Pedro gesprochen. Er und Scott sind ohne Probleme in Vilcabamba angekommen. Wir haben vereinbart, dass wir jeden Tag Kontakt zueinander aufnehmen, solange wir getrennt sind. Auf diese Weise wissen die anderen sofort, dass etwas nicht stimmt, wenn sie nichts von uns hören. Pedro sagte, dass Scott in Ordnung ist, aber ans Telefon kam er nicht.
    Heute hat Jamie mir eine Frage gestellt, mit der ich nicht gerechnet hatte. »Warum hast du Scott wirklich zurückgelassen? Du dachtest, dass du dich nicht auf ihn verlassen kannst, stimmt’s?«
    »Das habe ich nie gesagt.«
    »Aber du hast es gedacht.« Er sprach leiser. »Du kannst nicht einmal ahnen, was er bei Mrs Mortlake durchgemacht hat. Es war schlimmer als alles, was du dir vorstellen kannst.«
    »Hat er dir davon erzählt?«
    Jamie schüttelte den Kopf. »Er hat diesen Teil seiner Erinnerung abgeschottet. Er geht dort nicht hin. Er ist nicht mehr derselbe wie früher, das weiß ich. Aber du hast keine Ahnung, wie er alle diese Jahre auf mich aufgepasst hat. Wenn Onkel Don mich verprügelt hat oder ich Ärger in der Schule hatte, war Scott immer für mich da. Sie konnten ihn nur gefangen nehmen, weil er mir die Flucht ermöglicht hat.« Plötzlich nahm er seine Sonnenbrille ab und legte sie auf den Tisch. »Unterschätze ihn nicht, Matt. Ich weiß, dass er zurzeit nicht er selbst ist, aber er wird dich nie im Stich lassen.«
    Ich hoffe, dass Jamie recht hat. Aber sicher bin ich nicht.
    Ich antwortete ihm nicht und schaute über die Straße. Auf einem Rasen nahe am Strand spielten ein paar kleine Kinder Ball. Ein paar Rollerblader kamen vorbei. Auf der Straße fuhr ein hellgrünes Cabrio mit voll aufgedrehter Musik. Und nur ein paar Meter weiter unterhielten wir uns über Folter und einen Krieg, den wir vielleicht nicht gewinnen konnten. Zwei Welten. Keine Frage, in welcher ich jetzt lieber wäre.
    Nach dem Essen gingen wir zurück ins Hotel. Unser Wagen war schon da. Das Personal trug unser Gepäck hinaus, dann fuhren wir zwanzig Minuten über den Damm. Das Wasser zu beiden Seiten sah blau und einladend aus. Am Flughafen von Miami stürzten wir uns in das Getümmel vor den Check-inSchaltern. Tausende von Leuten, die durch die ganze Welt reisten. Bei dem Anblick kamen mir beunruhigende Gedanken.
    Angenommen, die Alten sind schon hier. Angenommen, sie kontrollieren diesen Flughafen. Wir lassen es zu, von einem System verschluckt zu werden – Tickets, Pässe, Sicherheitskontrollen. Woher wissen wir, dass wir diesem System vertrauen können, dass es uns dahin bringt, wo wir hinwollen, und uns von da auch wieder weglässt?
    Wir kamen zur Gepäckkontrolle. Richard warf einen Blick auf das Röntgengerät und blieb abrupt stehen. »Ich bin ein Idiot«, sagte er.
    »Was ist los?«
    Er hatte einen Rucksack über einer Schulter hängen und hielt ihn mit einem Arm fest. Ich wusste, dass er unter anderem das

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