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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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endete und der nächste anfing. Sie waren sich jedoch bewusst, wie die Minuten verstrichen. Halb zwölf, zwanzig vor zwölf – und sie schienen kein bisschen näher zu kommen.
    »Das ist hoffnungslos«, stellte Richard fest. »Vielleicht sollten wir doch nach Heathrow fahren.«
    Ihr Fahrer schüttelte den Kopf. »Wir sind fast da.« Sie fuhren einen steilen Hügel hinab – den Dog Kennel Hill – und Matt, der aus dem Fenster sah, hatte plötzlich ein komisches Gefühl. In diesem Teil von London war er nie gewesen, davon war er überzeugt. Und dennoch wusste er, wo er war. Er entdeckte einen Funkmast in einiger Entfernung und sah ein Straßenschild, das den Weg zum Krankenhaus wies. Beides kam ihm seltsam vertraut vor. Er war schon einmal hier gewesen.
    Und plötzlich wusste er es wieder. Natürlich kannte er diesen Teil der Stadt. Er hatte bis zu seinem achten Lebensjahr hier gelebt.
    Eigentlich hätte er sich daran erinnern müssen. So lange war es schließlich noch nicht her. Vielleicht hatte er es verdrängt. Nach allem, was passiert war, wäre das kein Wunder gewesen. Doch jetzt stürzte alles wieder auf ihn ein. Der Mast gehörte zum Kristallpalast. Da hatte er oft Fußball gespielt. Und an seinem siebten Geburtstag war er mit dem Verdacht auf Lebensmittelvergiftung im Krankenhaus gewesen. Er erinnerte sich noch daran, wie elend er im Warteraum gesessen hatte – in kurzen Hosen und mit einer Plastikschüssel auf den Knien. Sie fuhren an einem Haus vorbei und Matt wusste sofort wieder, wer früher darin gewohnt hatte. Es war ein Junge namens Graham Fleming, der sein bester Freund gewesen war. Sie hatten immer gedacht, dass sie ein Leben lang Freunde bleiben würden. Matt fragte sich, ob er immer noch dort wohnte. Was er wohl sagen würde, wenn Matt plötzlich vor seiner Tür stünde?
    Aber das war noch nicht alles, woran er sich erinnerte. Wenn er an Grahams Haus vorbei und um die Ecke ginge, würde er zu einem kleinen Reihenhaus in einer von Bäumen gesäumten Straße kommen, in der es nur Reihenhäuser gab. Nummer 32 würde eine grüne Tür und – falls nicht inzwischen jemand sie repariert hatte – eine kaputte Eingangsstufe haben. Da war sein Zuhause gewesen. Da hatte er gewohnt.
    »Wie weit noch?«, fragte Richard.
     
    Der Fahrer warf einen Blick auf sein Navigationssystem. »Noch eine Minute«, sagte er.
    Sie überquerten eine stark befahrene Kreuzung, hielten auf den Bahnhof North Dulwich zu und bogen in die Half Moon Lane ein. Matt konnte nicht fassen, dass er und Scarlett ihr halbes Leben lang quasi Nachbarn gewesen waren. Vielleicht waren sie sich unzählige Male begegnet, ohne etwas voneinander zu wissen. Sie wohnte in der Ardbeg Road, der nächsten Straße links, und wie durch ein Wunder herrschte hier kaum Verkehr. Der Fahrer gab Gas, erleichtert, endlich die Motorleistung des Jaguars ausspielen zu können.
    »Vorsicht!« Richard schrie die Warnung zu spät.
    Ein Auto schoss aus einer Einfahrt und krachte in ihres. Matt sah alles ganz genau. Er hatte sich sofort umgedreht, als
    er einen Motor aufbrüllen hörte. Der Wagen kam direkt auf sie zu. Der Fahrer starrte ihnen entgegen, die Hände ums Lenkrad gekrampft, und versuchte nicht einmal, ihnen auszuweichen. Er war jung, glatt rasiert - und sein Gesicht verriet keine Emotion. Er hätte Angst haben müssen. Er sah, was gleich passieren würde, und hätte irgendeine Reaktion zeigen müssen, aber da war nichts.
    Eine halbe Sekunde später ertönte das ohrenbetäubende Krachen von Metall auf Metall, als er sie rammte.
    Das andere Auto war ein Geländewagen von BMW. Es war, als wären sie von einem Panzer getroffen worden. Der Jaguar wurde von der Straße geschoben und die Welt schien zu kippen, als er über eine kurze, steile Zufahrt auf ein Haus zurutschte. Es krachte ein zweites Mal, als sie mit der Haustür zusammenstießen. Die Alarmanlage des Hauses ging los. Jamie wurde zur Seite geschleudert und schrie auf, als sein Kopf gegen Matts Schulter knallte. Matt hatte plötzlich Blut im Mund und merkte, dass er sich auf die Zunge gebissen hatte. Der Jaguar hing schräg in der Einfahrt, fast unter den Vorderrädern des BMW, der noch oben auf der Straße stand. Beide Fenster auf der Fahrerseite waren zerplatzt. Der Motor war ausgegangen.
    Einen Moment lang bewegte sich niemand. Dann fing Richard an zu fluchen – was zumindest bewies, dass er noch am Leben war. Sie waren ohne Schnittwunden oder Prellungen davongekommen, aber alle drei hatten ein

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