Hoellenpforte
gezeichnet mit verschiedenfarbigen Tinten, bedeckte eine Doppelseite. Es war zu erkennen, dass es eine Weltkarte sein sollte, obwohl sie aussah, als wäre sie von einem Kind mit wenigen geografischen Kenntnissen gezeichnet worden. Amerika hatte die falsche Form und lag zu dicht bei Europa und Australien stand auf dem Kopf.
Mehr Mühe hatte sich Joseph von Cordoba beim Ausschmücken seiner Arbeit gegeben. Er hatte kleine Schiffe mit geblähten Segeln in seine Ozeane gemalt. Tiere von Insektengröße kennzeichneten die verschiedenen Landmassen und halfen bei ihrer Identifizierung. Es gab einen Tiger in Indien, einen Drachen in China und am Nordpol etwas, was vielleicht ein Eisbär sein sollte.
»Ich weiß nicht, wie gut Sie sich mit alten Landkarten auskennen«, sagte Richard, »aber ich habe mich an der Universität eine Zeit lang mit ihnen beschäftigt. Ich habe Politik und Geografie studiert. Diese Karte ist ziemlich typisch für das sechzehnte Jahrhundert. Das war eine Zeit, in der Landkarten an Bedeutung gewannen. Heinrich VIII. war einer der ersten Könige, die erkannten, wie viel sie über die Verwundbarkeit eines Landes verrieten. Außerdem benutzte sie jeder, um die Handelswege der anderen zu stehlen. Sehen Sie diese kleinen Säcke hier?« Er zeigte mit der Spitze eines Stifts darauf. »Das sind vermutlich Säcke mit Gewürzen. Joseph könnte sie eingezeichnet haben, um die Gewürzinseln zu kennzeichnen, denn diese Inseln wollte damals jeder finden.«
»Da sind Sterne«, stellte Jamie fest.
Sie waren überall auf den beiden Tagebuchseiten: die fünfzackigen Sterne, die er und Matt so gut kannten.
»Stimmt. Es sind fünfundzwanzig – einer für jede Tür. Das Problem ist nur, dass die Karte, wie die meisten aus dieser Zeit, nicht sehr genau ist. Soweit ich es erkennen kann, scheint es Türen in London, Rom, Istanbul, Delhi, Mekka, Buenos Aires und irgendwo im australischen Outback zu geben. Hier ist auch eine in der Nähe des Südpols. Aber in den letzten fünfhundert Jahren hat sich die Welt ziemlich verändert. Die genauen Standorte zu ermitteln wird nicht leicht sein.«
»Sie erwähnten eine Liste«, sagte Tarrant.
»Ja…« Richard blätterte eine Seite um und da war tatsächlich eine lange Liste von Namen, notiert in der winzigen Schrift des Mönches. »Das Problem ist nur, dass die Namen nicht zu den modernen Orten passen und dass die Hälfte davon auch noch auf Spanisch ist. Dieser hier zum Beispiel. Muerto de Maria. Ich habe die halbe Nacht gebraucht, um herauszufinden, was das bedeutet.«
»Der Tod Marias«, übersetzte der Bischof.
»Oder Mary’s Death auf Englisch«, sagte Richard. »Verstehen Sie? Marydeath. Oder die Kirche St. Meredith in London. Es ist wie eines von diesen Rätseln, bei denen man um die Ecke denken muss, wenn ich auch nicht glaube, dass Joseph absichtlich versucht hat, uns in die Irre zu führen. Coricancha wird gar nicht namentlich erwähnt. Es ist nur durch eine Sonne gekennzeichnet – aber die Sonne war den Inka ja auch heilig.«
»Gibt es eine Tür in Hongkong?«, wollte Matt wissen.
»Jedenfalls ist eine irgendwo in der Nähe«, sagte Richard und blätterte zurück zur Landkarte. »Hier kann man sie sehen – und wenn man in der Liste nachsieht, findet man einen Verweis auf einen Ort namens Puerto Fragrante und ein kleines Drachensymbol. Aber das könnte überall sein.«
»Darf ich mal sehen?« Mr Lee nahm das Tagebuch in beide Hände und hielt es, als hätte er Angst, es könnte zu Staub zerfallen. Er betrachtete die Karte, dann die Liste und schlug die nächste Seite um. »Da hat jemand etwas mit Bleistift notiert«, stellte er fest. »Tai Shan.« Er sah Richard fragend an. »Waren Sie das?«
Richard schüttelte den Kopf. »Es muss Ramon gewesen sein«, sagte er. »Er hat überall Notizen am Rand gemacht, als er versucht hat, das Tagebuch für Salamanda zu entschlüsseln, aber soweit ich es beurteilen kann, hatte er nicht genug Zeit, um viel herauszufinden. Außerdem hat er sich hauptsächlich auf die Nazca-Linien konzentriert.«
»Es gibt eine Tür in Hongkong!«, rief Mr Lee aus. »Das ist sicher. Ich weiß sogar genau, wo sie ist.« Er legte das Tagebuch wieder auf den Tisch. »Puerto Fragrante – was die spanischen Worte für ›duftender Hafen‹ sein dürften - ist ein weiterer Hinweis«, erklärte er. »Auf Kantonesisch heißt ›duftender Hafen‹ Hueng Gong. Mit anderen Worten: Hongkong. Die Stadt erhielt ihren Namen ursprünglich nach dem Duft
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