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Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)

Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)

Titel: Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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einer Zentralaussage
mündeten.
    »Und deshalb
sage ich Ihnen, dass es unbedingt notwendig ist, sich jeden Tag aufs Neue mit seinem
Leben und der Hinwendung zu Gott zu beschäftigen. Dass es für jeden guten Christen
völlig ausgeschlossen sein sollte, auch nur für eine einzige Sekunde seines Lebens
nicht an den Schöpfer und seine Wohltaten zu denken, die er uns Tag für Tag zukommen
lässt. Und wenn wir uns also später voneinander verabschieden, dann sollte jeder
von Ihnen diese Veranstaltung mit dem festen Vorsatz verlassen, Gottes Wort und
seine Bedeutung für uns Menschen zu preisen und zu verkünden, wo und wann immer
es ihm möglich ist.«
    Nun brandete
lauter Beifall auf, garniert mit einzelnen Bravo-Rufen. Volker Weidler ließ sich
den Applaus gern gefallen, und nachdem er geendet hatte, hob er die Arme, gerade
so, als wolle er ein Meer teilen, und bedankte sich. Er redete noch etwa eine dreiviertel
Stunde, bevor er zum Ende kam und sich von seinen Zuhörern verabschiedete, die ihm
stehend ihre Ovationen darboten.
    »Eine Sache
möchte ich noch erwähnen«, rief er in den Jubel, »bevor ich mich wirklich von Ihnen
verabschiede.«
    Seine Augen
suchten den Blickkontakt zu Bernd Ahrens, und als er ihn hergestellt hatte, machte
er eine aufmunternde Bewegung in seine Richtung. Ahrens verstand zunächst nicht
ganz, doch dann wurde ihm klar, dass der Mann am Rednerpult ihn aufforderte, zu
ihm zu kommen. Also erhob er sich unsicher, trat aus der Reihe und ging langsam
und mit tapsigen Schritten nach vorn.
    »Das hier
ist«, fuhr Weidler fort, nachdem Ahrens neben ihn getreten war, »Bernd Ahrens. Die
meisten unter Ihnen kennen ihn, da bin ich sicher. Und die meisten von Ihnen wissen
auch, welch schwere Prüfung der Herr ihm in diesen Tagen auferlegt.«
    Der Redner
umfasste den traurig dreinblickenden Mann an seiner Seite an der Schulter.
    »Bernd hat
durch einen tragischen Verkehrsunfall seine Frau und seine kleine Tochter verloren.
Bestimmt ist es für manche unter uns, und zu denen zähle ich mich ganz bewusst auch,
schwer oder gar nicht zu verstehen, warum er solch ein schweres Schicksal erdulden
muss. Und warum der mutmaßliche Verursacher des Unfalls vor ein paar Wochen auch
noch freigesprochen wurde. Aber wir dürfen uns so etwas nicht fragen.«
    Er drehte
sich nach rechts und sah Ahrens fest in die Augen.
    »Wir dürfen
uns solche Fragen nicht stellen, und auch du darfst dir solche Fragen nicht stellen,
Bernd. Wir sind dazu nicht befugt. Und es ist weiterhin nicht unsere Aufgabe, die
Wege des Herrn in irgendeiner Form zu beurteilen, geschweige denn, zu kritisieren.
Selbst wenn es uns noch so schwerfällt.«
    Weidlers
Hand strich sanft über den Kopf des neben ihm stehenden Mannes.
    »Wir können
sicher sein, dass hinter allen Entscheidungen des Herrn ein großer, allumfassender
Plan steht, den wir in seiner ganzen Tragweite überhaupt nicht verstehen könnten,
selbst wenn wir wollten. Es geht nicht. Und so biete ich dir, lieber Bernd, meine
aufrichtig und vollkommen ehrlich gemeinte Unterstützung in jeder Hinsicht an und
ich sage sicher nichts Falsches, wenn ich dieses Hilfsangebot auf jeden hier im
Raum Anwesenden ausdehne.«
    Sein Blick
drehte eine Runde durch den Saal, wo sofort heftiges Kopfnicken unter den Besuchern
einsetzte.
    »Siehst
du, wir sind in diesen schweren Tagen alle für dich da. Jeder Einzelne. Ruf an oder
komm vorbei, unsere Türen stehen dir immer offen, Bernd.«
     
    Etwa eine Stunde nach Ende der Veranstaltung
saßen Bernd Ahrens, Konrad Zimmermann, Volker Weidler und ein befreundetes Ehepaar
aus der Gemeinde in einer Ecke eines Restaurants.
    »Ich möchte
mich noch einmal für Ihr überaus interessantes Referat bedanken, Herr Weidler«,
erklärte Monika Schorfheide dem Mann aus Gießen. »Oder sollte ich besser von einer
Predigt sprechen?«
    Sie lächelte
beseelt.
    »Mich jedenfalls
haben Ihre Worte berührt wie eine Predigt.«
    »Vielen
Dank.«
    »Und was
Sie für und über Bernd gesagt haben, war das Schönste, was ich mir vorstellen konnte.«
    Sie nippte
an ihrem Weinglas.
    »Natürlich«,
fuhr die blonde, etwa 45-jährige Frau fort, »trage auch ich ein paar Gedanken nach
Sinn und Unsinn eines solchen Verlustes mit mir herum, die ich jedoch im Zwiegespräch
mit dem Herrn auszuräumen versuche.«
    »Und, gelingt
es Ihnen?«
    Die Frau
sah beschämt auf den Tisch.
    »Ich wünschte,
ich könnte diese Frage mit einem klaren Ja beantworten, aber es ist mir leider nicht
möglich.

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