Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
hatten gute Kontakte zu osteuropäischen Waffendealern. Sie fuhren auch Mopped und ließen sich ab und zu bei unseren Partys sehen. Schnell erkannten wir, dass diese Typen für unseren Club sehr lukrativ waren. Also eröffneten wir ein Red-Devils-Charter und holten die Jungs dort hinein. So waren sie an unseren Club gebunden, wodurch die Hells Angels natürlich finanziell und logistisch profitierten:
Die Red Devils
Die neuen Red-Devils-Member mussten sich Kutten, T-Shirts und Patches bei uns kaufen, Einnahmen aus ihren Geschäften prozentual an uns abführen und uns bei der Expansion gen Ostdeutschland unterstützen.
Natürlich hätten die Hells Angels auch problemlos ein eigenes Charter gründen können, doch sie kannten sich in der dortigen Szene überhaupt nicht aus. Keiner wusste, wie der Markt im Osten beschaffen war – die jetzigen Red Devils hingegen schon! Sie wurden von Monat zu Monat mächtiger und hatten ausgezeichnete Kontakte in die lokale und in die osteuropäische Drogenszene. Je größer ihr Club wurde, desto stärker wuchs auch sein Einfluss im Rotlichtmilieu. Das war den Hells Angels natürlich nicht entgangen.
Anfangs gaben Hells Angels diesen Red Devils kleinere Aufgaben: Sie sollten Mädchen aus Osteuropa für unsere Bordelle besorgen. Da dies sehr gut lief, wurden die Aufträge mit der Zeit immer größer: Mal sollten sie Drogen besorgen, mal ein paar Waffen schmuggeln. Die Hells Angels profitierten stark von den Kenntnissen und den Machenschaften der Red Devils, doch sie wollten mehr: Einige Brüder wollten den gesamten Drogen- und Hurenmarkt, den sich Red Devils dieses ostdeutschen Charters aufgebaut hatten, in ihren Club übernehmen. Und wenn Hells Angels etwas wollen, dann bekommen sie es auch, denn sie sind weltweit die Nummer eins im Milieu und in der Rocker-Szene.
Member des besagten Hells-Angels-Charters rekrutierten noch mehr Mädchen aus Osteuropa für westdeutsche und europäische Bordelle. Sie bauten Kontakte zu osteuropäischen und exjugoslawischen Waffenschiebern auf und gaben sie an uns weiter. Durch die Eingliederung der Red Devils zu den Hells Angels kam richtig Kohle in die Clubkasse, denn als Member der Hells Angels mussten sie jetzt Teile ihrer Einnahmen abdrücken. Das klappte natürlich nur so perfekt, weil ihnen während der Übernahme zwei oder drei alte Hells Angels zugeordnet wurden. Diese hatten die höherrangigen Posten im Charter inne, während die meisten ehemaligen Red Devils normale Member waren.
Warum ließen Red Devils so etwas mit sich machen? Die Antwort ist einfach: Ohne die Hells Angels waren sie nichts. Wir waren ihre Vorbilder. Der Aufstieg zu einem Hells-Angels-Member war für die meisten von ihnen mehr, als sie sich je erträumt hatten. Dabei war es ihnen egal, ob sie einen Posten begleiten durften oder nur ein normaler Member waren. Das Hauptanliegen der Brüder war es, ein Hells Angel zu sein. Nur so konnten sie in der ersten Liga mitspielen.
Als Red Devils hatten sie nichts zu sagen. Sie mussten sich von den Hells Angels alles Mögliche gefallen lassen. Wenn beispielsweise ein Member der Hells Angels ein Problem mit einem Red Devil hatte, egal welcher Art, konnte er ihn ohne Begründung aus dem Club werfen. Der Hells Angel konnte zudem ohne Probleme die Posten in einem Supporter-Charter umbesetzen, Gebote und Verbote erlassen und sogar ein Charter eigenmächtig schließen.
Wir Kasseler haben selbst zwei Red-Devils-Charter eröffnet, eines davon in einem kleinen Provinzkaff mit knapp zwanzigtausend Einwohnern. Dort gab es mal einen kleinen Club, der sich Crusaders nannte. Die Mitglieder, fast alles Deutsche, wurden von Türk, einem Türken, angeführt. Er hatte ein Ziegenbärtchen, dünne Arme und eine große Fresse. Die übrigen Mitglieder waren ganz normale Biker. Einige von ihnen fühlten sich zu Höherem berufen.
Irgendwann suchte Türk den Kontakt zu unserem Charter in Kassel. Beim damaligen Präsidenten Jack stieß er mit seinem Gebettel auf offene Ohren. Der wollte die etwa fünfzehn Crusaders in unserem Charter als Supporter unterkriegen. Er suchte sich weitere Befürworter und fand sie auch. Nach und nach wuchs der Kreis der Fürsprecher. Dem Ganzen stand nur noch ich im Wege. Es war unglaublich, wie mir alle in den Arsch krochen, denn ich musste die entscheidende Stimme geben. Ich tat es dann auch – für meine Brüder, die so eine weitere Einnahmequelle für ihre Motorrad-Schrauberbuden oder sonstigen Geschäfte
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