Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
Dänemark. Deshalb hatte ich eigentlich am Tag zuvor meine Taschen geleert und alles Verbotene rausgenommen. Vor mir in der Reihe stand ein holländischer Bruder, der ein zwei Zentimeter großes Anhängermesserchen am Schlüsselbund hängen hatte. Der Bulle fand es und forderte fünftausend Euro Strafe – für ein Messerchen. Mein Bruder zahlte. Die Strafen wurden wahllos von den Beamten festgesetzt: Je nachdem, wie viel Gold der Member umhängen hatte, ging der Preis nach oben.
Dann war ich an der Reihe. Ich lehnte mich an die Wand, schob meine Beine auseinander und wartete. Ich war siegessicher, denn ich hatte ja nichts dabei. Ein Polizist kramte in meinen Taschen und untersuchte meine Schuhe. Sein Job war echt hart. Dann klopfte er mir auf die Schulter, sagte, dass ich mich umdrehen sollte. Er zeigte mir seine Hand. Darin lagen drei winzige
Ich auf der Harley
Stückchen Hasch und eine Patrone. »Das ist in Dänemark verboten«, sagte er. Ich schaute erst das Zeug an, dann ihn. »Ja, in Deutschland auch«, antwortete ich. Er grinste und forderte siebenhundertfünfzig Euro Cash. Wenn man nicht zahlte, kam man sofort in den Knast und saß dort seine Strafe ab. Die Bullen wussten ganz genau, dass ein Hells Angel niemals einen Bruder in den Knast gehen lassen würde. Es würde gesammelt getreu dem Motto: Einer für alle, alle für einen.
In Deutschland galt dieser Grundsatz nur noch selten. Weil einige nicht für den Kodex »Einer für alle, alle für einen« einstanden, wurde im Jahr 2001 die Kommission ins Leben gerufen. Sie bestand aus sechs bis acht Membern. Das eigentliche Ziel der Kommission sollte es sein, Schlägereien auf Clubpartys und generelle Streitigkeiten zwischen den Membern zu unterbinden. Jeder, der gegen das friedliche Miteinander im Club verstoßen hatte, musste bei der Kommission vorsprechen. Wer die Sache angezettelt oder für Missstimmung gesorgt hatte, wurde bestraft. Im Laufe der Jahre wurde die Kommission allerdings für unterschiedlichste Sachen missbraucht. Sie stimmte plötzlich ab, wer welches Geld bekommen und ob einem Member bei einem Prozess der Anwalt aus dem Länder-Trust bezahlt werden sollte. Ich hielt das für schwachsinnig.
2005 stand das Thema Schoko-Schorsch mal wieder auf der Tagesordnung – mit einer neuen Geschichte: Schoko-Schorsch war nach Norddeutschland gezogen. Da er in Frankfurt kein Prospect werden durfte, wollte er es so noch einmal probieren. Sogar Ahnenforschung hatten sie jetzt betrieben. Im Zuge ihrer Recherchen fanden sie heraus, dass Schoko-Schorsch gar kein Schwarzer war, sondern mexikanische Wurzeln hatte. Jeden Monat hörten wir dafür neue Begründungen: Schoko-Schorsch sei ein Mexikaner mit einer deutschen Mutter, nur seine Großmutter stammte aus Mexiko. Sogar ein Ahnengutachten war angefertigt worden, mit Bildern der Familie.
Eines Tages behauptete sein präsidialer Fürsprecher in einer Mail an alle deutschen Charter sogar, dass die Amerikaner Schoko-Schorsch akzeptiert hätten. Folgende Mail ging an alle deutschen Charter: »Hallo Brüder, das Charter […] will sich bei euch für die tolle Unterstützung in Sachen [Schorsch] bedanken! Das Gespräch mit den Amis ist sehr gut verlaufen: Amerika stimmt 100 Prozent mit Germany überein, das mit [Schorsch] alles in Ordnung ist! Das ist echt super, Brüder! Dies ist ein toller Erfolg für Germany, den wir auch gebührend feiern möchten: Am Montag, den 6. März, ab 18 Uhr, findet eine Party für [Schorsch] statt, zu der Ihr alle herzlich eingeladen seit. Von unseren Brüdern aus Übersee werden auch einige anwesend sein …«
Fünf Tage später, am Montag, den 6. März, gegen Mittag, kam diese Mail: »Hi Bro’s wir nehmen nochmals Bezug auf das positive Meeting am Mittwoch ([Schorsch]). Auch wenn die Meinung positiv ausfiel und auch durch Zuspruch unserer amerikanischen Brüder D. […] und R. […] unterstützt wurde, so ist die endgültige Entscheidung unserer amerikanischen Brüder noch abzuwarten!«
Schon sechseinhalb Stunden nach der letzten Mail fanden wir eine Antwort aus Amerika im Postfach, in der es unter anderem hieß: »Zu keiner Zeit haben die Repräsentanten der USA gesagt, dass sie zu 100 Prozent hinter dem ganzen stehen, wie es in der Mail vom HAMC […] übermittelt wurde. Die Vereinigten Staaten können das respektlose Verhalten des HAMC […], eine Mail mit falschen Fakten zu senden, nicht gutheißen. Warum wurde diese Mail nur an die deutschen Charter und nicht an alle
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