Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)
Tatort lag.
Anfang September stellte ich eine zusätzliche Strafanzeige, die ich beim Bundeskriminalamt und beim Landeskriminalamt in Hessen einreichte. Schon am 7. November 2008 teilte mir die Staatsanwaltschaft in Kassel mit: »Hinsichtlich der Verabredung zu einem Verbrechen (Mordauftrag zum Nachteil des Anzeigeerstatters) steht der Aufnahme von Ermittlungen das Doppelverfolgungsverbot entgegen.« Und weiter: »Die Ermittlungen wurden oder werden insoweit jedoch von einer örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft bereits geführt. Die Einleitung eines neuen Ermittlungsverfahrens wegen derselben Tat verbietet sich daher.«
Nun verstand ich gar nichts mehr. Der Generalstaatsanwalt schrieb mir, er hätte meine Anzeige an die »örtlich zuständige« Kasseler Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Und von der hörte ich mehr als zwei Monate später, sie wolle keine Ermittlungen aufnehmen, weil diese »von einer örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft bereits geführt« würden. Super! Und welche war das nun? Wir wissen es bis heute, im Mai 2010, nicht.
Am 3. Mai 2009 erstattete ich erneut Strafanzeige wegen Verabredung zum Mord – und zwar wieder bei der Staatsanwaltschaft in Kassel. Einen guten Monat später wurde die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens offiziell abgelehnt. Zur Begründung wurde schlicht auf den vorangegangenen Bescheid vom 7. November 2008 Bezug genommen. Aber auch diesmal erfuhr ich
Die Staatsanwaltschaft weiß vom Mordauftrag …
… und tut nichts
nicht, wer denn die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft sein sollte. Das hieß für mich: zurück auf Los!
Dagegen beschwerte ich mich beim Generalstaatsanwalt in Frankfurt. Anschließend verlangte mein Anwalt von der Staatsanwaltschaft in Frankfurt Auskunft über den Stand des Verfahrens. In seinem Schriftsatz beklagte er sich über das vorangegangene Verwirrspiel und auch darüber, dass die Staatsanwaltschaft keine weitere Auskunft über das Ermittlungsverfahren erteilt hatte. Diesmal kam die Antwort von einem Frankfurter Oberstaatsanwalt: Meine Beschwerde wurde verworfen. Die Begründung kam mir bekannt vor: Es bestehe ein »Verfolgungshindernis. Der Tatvorwurf eines im Dezember 2007 in Frankfurt am Main […] initiierten Mordkomplotts zum Nachteil des Beschwerdeführers ist nämlich bereits zum Gegenstand eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens einer anderen Behörde geworden. Hierauf war der Beschwerdeführer schon durch Bescheid der Staatsanwaltschaft Kassel vom 7. November 2008 […] aufmerksam gemacht worden.« Damit biss sich also die Katze schon wieder in ihren eigenen Schwanz.
Weil ich mich damit nicht zufrieden geben wollte, stellte ich etwa zeitgleich Strafantrag gegen den zuständigen Staatsanwalt in Kassel. Ihr dürft raten mit welchem Ergebnis. Im August 2009 beantragte mein Anwalt Akteneinsicht bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft. Im Oktober waren wir immer noch keinen Schritt weiter, also stellte mein Anwalt auch in Kassel einen Akteneinsichtsantrag. Einen Monat spä ter musste er ihn wiederholen und bat andernfalls um einen rechtsmittelfähigen Bescheid. Seitdem herrscht Schweigen.
Ich habe oft und lange darüber nachgedacht, was der Grund für diese Farce ist. Wenn es das Ermittlungsverfahren bei »einer örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft« gibt: Warum sitzen die Beteiligten nicht längst im Knast? Warum habe ich noch von keiner Anklageerhebung gehört? Warum erhalte ich keine Akteneinsicht? Und warum erfahre ich noch nicht einmal, wo dieses Verfahren überhaupt läuft?
Ich mag nicht glauben, dass allein Chaos und Unfähigkeit die Gründe sind. Näher liegt für mich die Annahme, dass es für die Justiz Wichtigeres gibt, als das Mordkomplott aufzuklären. Soll hier jemand geschützt werden? Ein Informant? Wenn ich am Sankt-Nimmerleins-Tag Akteneinsicht erhalten haben werde, kann ich euch im nächsten Buch darüber hoffentlich mehr erzählen. Heute kann ich mir nur meine Erklärung zusammenreimen. Und die wirft ein düsteres Licht auf die Herren in den schwarzen Roben.
Weil ich fand, dass diese bemerkenswerte Posse auch unseren Politikern nicht vorenthalten werden darf, setzte ich einige von ihnen in Kenntnis. Ich schrieb Briefe, Mails und Faxe an Vertreter aller großen Parteien in Deutschland: Kurt Beck, Lothar Bisky, Günther Beckstein, Wolfgang Bosbach, Gregor Gysi, Andrea Nahles, Petra Pau, Wolfgang Schäuble, Otto Schily, Hans-Christian Ströbele, Wolfgang Thierse, Guido
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