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Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)

Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition)

Titel: Höllenritt: Ein deutscher Hells Angel packt aus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bad Boy Uli (Ulrich Detrois)
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angesetzt – alle unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen: Scharfschützen standen an den Kreuzungen, Polizei-Hundertschaften waren in Kassel unterwegs. Vor Beginn der Verhandlung wurde das gesamte Gerichtsgebäude mit Sprengstoffspürhunden durchsucht. Anwälte und Richter wurden ebenso wie alle Pressevertreter und Besucher genauestens gefilzt.
    Ich sollte als Hauptzeuge aussagen und wurde morgens von den Bullen zu Hause abgeholt. Drei gepanzerte Wagen hielten vor meiner Wohnung. Es war die mir schon bestens vertraute Prozedur: Fenster mit Vorhängen blickdicht gemacht, die Treppe runter und rein in den Wagen. Ich saß wieder im mittleren Fahrzeug der Kolonne. Nachdem ich eingestiegen war, gab der Fahrer Vollgas. Wir kurvten durch die Stadt – genauso schnell und sicher wie damals bei meiner richterlichen Vernehmung. Die Jungs brachten mich zum Gelände der Bereitschaftspolizei, wo wir in einer Halle hielten. Als ich ausstieg, entdeckte ich einen kleinen Kastenwagen der Telekom, ohne Scheiben an der Seite. Mit dem ging die Fahrt für mich weiter. Die Panzerwagen jedoch verließen vor uns die Halle – ein Ablenkungsmanöver. Erst dann fuhren wir los. Ich saß hinten, zwischen zwei bewaffneten Bullen. Am Gerichtsgebäude angekommen, rollte der Telekom-Wagen in die Garage, ein Rolltor öffnete sich, und erst dahinter stiegen wir aus. Die Bullen setzten mich in einen kleinen Raum, wo ich warten sollte, bis ich mit meiner Aussage an der Reihe war.
    Mein Anwalt saß während der Verhandlung im Gerichtssaal, ich jedoch nicht. In den Pausen erfuhr ich von ihm allerdings das Wesentliche, zum Beispiel dass der Staatsanwalt, der die Ermittlungen während der ganzen Zeit geführt hatte, nicht anwesend war. Ein anderer Staatsanwalt hätte jetzt seine Aufgabe übernommen. Ich wunderte mich, da der ermittelnde Staatsanwalt viel Arbeit in diesen Fall gesteckt hatte. Schon bei den bundesweiten Razzien war er dabei, und er kannte jedes Detail. Er hatte darauf hingearbeitet, dass die Angeklagten sehr lange hinter Gittern verschwinden.
    Die Prozesse gegen Hells Angels laufen meist nach dem gleichen Schema ab: Im Vorfeld wird eine große Welle gemacht, so dass die Polizisten glauben, dass ganz viele Hells Angels zur Prozessbegleitung kommen. Dadurch wird der Prozess künstlich aufgeblasen. Die Bullen sichern alles ab: den Gerichtssaal, das Gebäude, Parkplätze und die nähere Umgebung – mit allen Kräften, die ihnen zur Verfügung stehen. Dabei kam es auch schon vor, dass am Ende nur zwei oder drei Member zum Prozess erschienen sind. Weiterhin hat jeder Angeklagte mindestens einen Anwalt an seiner Seite, zwei oder drei sind natürlich noch besser. Diese streben bei jedem Prozess einen Deal mit dem Gericht an, worauf auch gern eingegangen wird. So werden viele Verhandlungstage mit solch einem Großaufgebot und den dadurch entstehenden immens hohen Kosten vermieden.
    Ein gutes Beispiel für den Ablauf der Prozesse ist eine Verhandlung, die im Dezember 2008 in Hannover stattfand. Vierzehn Member der Hells Angels standen damals vor Gericht, weil sie fünf Bandidos überfallen, mit Äxten verprügelt, mit Messern bedroht und ihnen danach noch Kutten, T-Shirts und Clubaufnäher geklaut haben sollen. Dieser Prozess fand unter ähnlich hohen Sicherheitsvorkehrungen statt wie der gegen meine ehemaligen Kasseler Brüder: Bewaffnete Polizisten standen im Gerichtsgebäude, Metalldetektoren waren aufgebaut, jeder einzelne Prozessbesucher wurde genauestens gefilzt. Die Hells Angels hatten siebzehn Anwälte an ihrer Seite, weitere Brüder und die Frauen der angeklagten Member saßen im Zuschauerraum.
    Nachdem der Staatsanwalt die Anklage wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verlesen hatte, forderten die Anwälte der Hells Angels einen Deal. Sie wollten, dass der Vorwurf des schweren Raubes fallengelassen würde, und boten geständige Aussagen ihrer Mandanten zur gefährlichen Körperverletzung an. So etwas kommt bei unseren Richtern meist gut an, weil klar ist, dass die Angeklagten sonst überhaupt nichts aussagen würden. Auch die »Opfer«, also die Bandidos, sind auf Grund ihres Ehrenkodex’ zum Schweigen verpflichtet. Die Justiz würde also nichts aus der Szene erfahren, und der Prozess müsste allein aufgrund von Indizien geführt werden. Das würde den Prozess in die Länge ziehen und eine Verurteilung massiv erschweren.
    Nach dem ersten Verhandlungstag hatten sich die Richter, der Staatsanwalt und die Verteidiger zu

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