Höllenschlund
Gartencafé des Metropolitan Museum of Art war viel besser verlaufen, als sie erwartet hatte. Alles entsprach genau ihrem Plan. Endlich!
Die Organisatoren hatten mit Begeisterung auf ihren Vorschlag reagiert, den Diebstahl des
Navigators
der Presse zu melden, um mehr Besucher ins Museum zu locken. Sie konnten ihre Aufregung kaum im Zaum halten, als Carina von ihrer langen Suche nach der Statue und den zwei Versuchen berichtete, sie zu stehlen, von denen einer gescheitert und der andere geglückt war.
Die Organisatoren hatten sich gegenseitig Ideen wie Tischtennisbälle zugespielt und sich auf ihren elektronischen Organizern Notizen gemacht.
Der
Navigator
würde einen eigenen Raum erhalten. Geplant war eine Ausstellung innerhalb der Ausstellung, mit großen Fotos aus dem
National Geographic
, die die Ausgrabung der Statue in Syrien dokumentierten. Dazu Fotos aus dem irakischen Nationalmuseum, von den ägyptischen Pyramiden, vom Containerschiff, vom Smithsonian Institute.
Sämtliche Teile des Puzzles. Im Zentrum der Ausstellung sollte ein leerer Sockel stehen, der für die Statue reserviert war, was dem Ganzen auch noch den passenden Hauch des Geheimnisvollen verlieh.
Das Thema der Ausstellung war von Anfang an klar:
Verschollen.
Sie würde in der Museumsszene als ganz großes Ereignis gehandelt werden. Als
Blockbuster
.
Während Carina mit dem Lift vom Dachcafé hinunterfuhr, lächelte sie innerlich. Typisch Amerikaner! Sie mochten ihre Probleme haben, in der globalen Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben, aber sie wussten immer noch, wie man Luft zu Geld machte.
Der Gedanke an die Amerikaner erinnerte sie daran, Austin anzurufen.
Sie war zwar in Versuchung, einige der beeindruckenden Ausstellungen des Museums zu erkunden, doch ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass das Arbeitsessen länger gedauert hatte als erwartet.
Mit zügigen Schritten durchquerte sie die große Eingangshalle und verließ das Gebäude durch den Haupteingang.
Sie stand zwischen den hohen Säulen am oberen Ende der breiten Treppe, die zur Fifth Avenue hinunterführte, und kramte ihr Handy aus der Handtasche. Sie rief das Nummernverzeichnis auf und hielt inne, als sie sich daran erinnerte, dass Austin sein Telefon ins türkische Meer geworfen hatte.
Carina rief die Auskunft an und erkundigte sich nach der Nummer der NUMA-Zentrale. Sie war froh, mit einem realen Menschen zu reden. Admiral Sandecker hatte automatische Ansagen noch nie gemocht, und die NUMA war vermutlich die einzige staatliche Organisation in Washington, bei der immer noch Menschen in der Telefonzentrale arbeiteten.
Sie sprach eine Nachricht auf Austins Anrufbeantworter und sagte, dass sie mit dem Taxi zur Penn Station fahren und aus dem Zug anrufen würde – oder erst später, wenn sie in Washington eingetroffen war. Die gleiche Nachricht hinterließ sie auch im Bootshaus. Falls sie sich nicht mehr erreichten, würde sie mit einem Taxi zu ihrem Hotel fahren und warten, dass Austin zurückrief.
Während Carina telefonierte, wurde sie vom Vordersitz eines Taxis aus, das in der Nähe des Museumseingangs stand, genauestens beobachtet.
Ohne den Blick von der Zielperson abzuwenden, sprach der Fahrer in ein Funkgerät. »Nehme Fahrgast am Met auf.«
Carina steckte das Handy in ihre Handtasche zurück und stieg die Stufen hinab.
Das Taxi setzte sich langsam in Bewegung, und das Schild auf dem Wagendach leuchtete auf, um anzuzeigen, dass es frei war. Mit exaktem Timing blieb das Taxi genau vor Carina stehen, als sie den Bordstein erreicht hatte.
Sie konnte ihr Glück kaum fassen.
Carina öffnete die Tür und setzte sich auf die Rückbank.
»Wohin darf ich Sie bringen?«, fragte der Fahrer, ohne sich umzudrehen.
»Zur Penn Station, bitte.«
Der Fahrer nickte und schob die Plastikscheibe zu, die den vorderen vom hinteren Bereich des Innenraums trennte. Das Taxi fuhr los und fädelte sich in den dichten Verkehr auf der Fifth Avenue ein. Carina blickte aus dem Fenster auf die Straße. New York war eine ihrer Lieblingsstädte. Sie liebte die Energie, die diese Metropole verströmte, die Kultur, die Macht und die unglaubliche Vielfalt ihrer Bewohner.
Manchmal machte sie sich Sorgen, dass sie selbst keine richtige Heimat hatte. Sie war ein Kind zweier Kontinente und stand mit einem Bein in Europa und mit dem anderen in Afrika. Sie wohnte und arbeitete in Paris, verbrachte aber viel mehr Zeit unterwegs als zu Hause. Sie freute sich schon darauf, wieder Austins Bootshaus zu
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