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Höllenschlund

Höllenschlund

Titel: Höllenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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war der Kapitän irritiert, als er den Männern der NUMA persönlich gegenüberstand. Austin und Zavala machten eher den Eindruck wohlerzogener Draufgänger als den von Wissenschaftlern. Ihr bescheidenes Auftreten konnte nicht über die Zähigkeit und zupackende Art hinwegtäuschen, die nur teilweise von höflichen Umgangsformen gemäßigt wurde.
    Körperlich waren seine Gäste offenbar sehr strapazierfähig.
    Austin war über einsachtzig groß und wog um die hundert Kilo, ohne ein Gramm Fett an seiner kräftigen Gestalt. Mit den breiten Schultern und dem frühzeitig ergrauten, fast schon weißen Haar sah er wie ein Ein-Mann-Abschleppdienst aus. Sein ausdrucksvolles Gesicht war vom Dauereinsatz im Freien und den Ozeanwinden wettergegerbt, und die Sonne hatte seiner Haut einen metallischen Glanz verliehen. Lachfalten umrahmten kluge korallenfarbene Augen, die ruhig und mit einem Ausdruck, als könnte sie nichts erschüttern, in die Welt blickten.
    Zavala war ein paar Zentimeter kleiner. Er hatte eine geschmeidige Muskulatur und bewegte sich mit der katzenartigen Leichtigkeit eines Matadors, ein Überbleibsel aus Collegetagen, als er Boxprofi im Mittelgewicht gewesen war. Er hatte aus seinem Unterricht eine vernichtende Kombination aus rechtem Kreuzschlag und linkem Haken mitgebracht.
    Mit dem Aussehen eines Filmstars und dem athletischen Körperbau wirkte er wie der Hauptdarsteller einer Piratengeschichte.
    Der Kapitän führte seine Gäste zu den kleinen, aber komfortablen Kabinen.
    »Ich hoffe, wir haben niemanden vertrieben«, sagte Austin, als er seinen Seesack in die Koje warf.
    Dawe schüttelte den Kopf. »Wir verfügen bei dieser Fahrt über eine zwölfköpfige Crew – zwei weniger als sonst.«
    »In diesem Fall fassen wir gerne mal mit an«, sagte Zavala.
    »Ich verlasse mich darauf, meine Herren.«
    Dawe machte mit den beiden einen Rundgang durch das Schiff, dann gingen sie auf die Brücke, wo er den Befehl zum Ablegen gab. Die Deckshelfer warfen die Muringleinen los, und das Schiff stampfte aus dem Hafen von St. John’s. Nachdem sie an Fort Amherst und Point Spear vorbeigefahren waren, dem nordöstlichsten Punkt Nordamerikas, fuhr das Schiff unter dichten schlackegrauen Wolken an der neufundländischen Küste entlang.
    Sobald es auf offener See und auf Kurs war, übergab Dawe das Kommando seinem ersten Maat und rollte ein Satellitenfoto auf einem Kartentisch aus.
    »In den warmen Monaten beliefert die
Eriksson
die Bohrinseln mit Nahrungsmitteln und Ausrüstung. Von Februar bis Juli halten wir nach großen Eisbergen Ausschau, die von der Baffin Bay kommen.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf das Foto. »Die meisten Brocken im Nordatlantik kommen von dort. In Westgrönland gibt es um die hundert Gletscher, aus denen neunzig Prozent der Neufundlandeisberge stammen.«
    »Was bedeutet das für die aktuelle Zahl der Eisberge?«, fragte Austin.
    »Ich schätze, dass um die vierzigtausend mittlere bis große Eisberge in Grönland gekalbt werden. Nur ein Bruchteil davon landet so weit südlich. Zwischen vierhundert und achthundert schaffen es bis zur Iceberg Alley, dem Gebiet um den achtundvierzigsten Längengrad nördlich von St. Johns. Sie treiben ungefähr ein Jahr lang herum, nachdem sie gekalbt wurden, und schwimmen dann durch die Davisstraße in den Labradorstrom.«
    »Mitten hinein in den Hauptschifffahrtsweg«, sagte Austin.
    »Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht«, sagte Dawe mit einem Grinsen. »Da fängt der ganze Ärger nämlich an. Zwischen Kanada, den Vereinigten Staaten und Europa gibt es einen kontinuierlichen Schiffsverkehr. Die Reedereien wollen, dass die Fahrten so kurz und billig wie möglich sind.
    Diese Schiffe fahren knapp südlich an der Grenze des bekannten Eises entlang.«
    »Dort, wo die Titanic auf
unbekanntes
Eis traf«, sagte Austin.
    Dawes warmes Lächeln verschwand. »Man denkt oft an die
Titanic
, wenn man hier draußen ist. Sie erinnert einen daran, dass man sich mit einer schlechten Seemannschaft leicht eine einfache Fahrt zum Meeresgrund einhandelt. Das Grab der
Titanic
liegt in der Nähe der Neufundlandbank, wo sich Labrador- und Golfstrom treffen. Dort herrscht ein Unterschied in der Wassertemperatur von um die neun Grad, was Nebel entstehen lässt, so dicht wie Stahlwolle. Die Wasserströmungen sind in diesem Gebiet ziemlich komplex.«
    »Bei dem Job müssen Ihnen manchmal ganz schön die Haare zu Berge stehen«, stellte Austin fest.
    »Ich wünschte, daraus könnte ich ein

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