Höllenschlund
sie aber als Original in Frage gestellt hat. Ich habe mit einem Fotografen vom
National Geographic
gesprochen, der sich damals an der Grabungsstätte befand.«
»Seltsam, dass sich auf einmal Diebe dafür interessieren und sogar ein Schiff gekapert wird, nachdem sie die ganze Zeit im Keller eines Museum herumgestanden hatte.«
»Nur ganz wenige Leute wissen überhaupt von ihrer Existenz. Deshalb war ich auch so überrascht, als Mr. Saxon sie beim Empfang in der irakischen Botschaft erwähnt hat.«
Bei diesem Namen wurde Austin hellhörig. »Etwa Anthony Saxon?«
»Genau der. Er schien eine Menge über die Statue zu wissen. Kennst du ihn?«
»Ich habe seine Bücher gelesen und mir auch mal einen Vortrag von ihm angehört. Er ist ein Abenteurer und Schriftsteller mit einem ungewöhnlichen Blick auf die Geschichte, der von den etablierten Wissenschaftlern nicht akzeptiert wird.«
»Könnte er etwas mit der Kaperung zu tun haben?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Aber es wäre interessant zu erfahren, was ihn so sehr an der Statue interessiert. Ich selbst würde mir den
Navigator
auch gerne mal anschauen.«
»Ich habe ein paar Leute eingeladen, die Statue zu besichtigen. Sie steht in einem Lager des Smithsonian in Maryland.
Möchtest du morgen früh dazustoßen?«
»Ich brenne darauf.«
Sie trank den Rest ihres Limoncello. »Das war ein wundervoller Abend.«
»Höre ich da ein
aber?
«
Sie lachte. »Tut mir leid. Ich würde gerne länger bleiben, aber ich habe noch eine Menge für die Tournee vorzubereiten.«
»Ich bin untröstlich, aber ich verstehe dich. Also sehen wir uns morgen.«
Dann schien ihr noch etwas einzufallen. »Ich versuche ein Treffen mit dem Fotografen vom
National Geographic
zu arrangieren. Er lebt in Virginia. Würdest du gerne mitkommen?«
»Offiziell bin ich krankgeschrieben. Aber ein kleiner Ausflug aufs Land würde meine Genesung sicher beschleunigen.«
Sie stand auf. »Vielen Dank, Kurt. Für alles.«
»Es war mir ein Vergnügen, Carina.« Sie gingen nach draußen zu ihrem Wagen. Austin erwartete die typisch europäischen Küsschen auf beide Wangen, die er auch bekam.
Doch sie gab ihm außerdem einen warmen und langen Kuss auf die Lippen. Bevor sie einstieg, warf sie ihm noch ein Lächeln zu.
Auch Austin lächelte versonnen, während er den Rücklichtern ihres Wagens nachblickte. Dann ging er ins Haus und zurück auf die Terrasse, um die Gläser abzuräumen. Er löschte die Lampen und sah zufällig in Richtung Fluss. Von dem gekräuselten Wasser, in dem sich der Nachthimmel spiegelte, hob sich eine Gestalt ab. Er kannte jeden Zentimeter des Flussufers und war sich ganz sicher, dass es kein Baum oder Strauch sein konnte.
Er pfiff eine Melodie und trug die Gläser hinein. Dann stellte er das Tablett ab und ging zu einem verschlossenen Schrank, in dem er seine Bowen aufbewahrte. Der einschüssige Revolver war eines von mehreren Bowen-Modellen, die er neben den Duellpistolen sammelte.
Er lud die Waffe, nahm eine Taschenlampe und ging von seinem Wohn- und Arbeitszimmer hinauf in den ersten Stock, wo er sein Ruderboot und ein kleineres Hydroplane lagerte. Er schob die Tür auf gut geölten Schienen zur Seite und trat hinaus auf die Bootsrampe.
Hier wartete er, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, und ließ dann den Blick am Haus entlang und über den Rasen gleiten, wo Zavala zu ihm gestoßen war, als er die neuen Duellpistolen ausprobiert hatte. Er hielt inne und starrte auf die Lücke zwischen zwei hohen Bäumen. Die Gestalt war verschwunden. Er entschloss sich gegen eine Suche auf eigene Faust, ging zurück ins Haus und stieg die Treppe hinauf. Dort rief er die Polizei an und meldete einen Herumtreiber.
Genau acht Minuten später traf der Streifenwagen ein.
Zwei Polizisten klopften an seine Tür. Gemeinsam mit den beiden suchte er das Gelände um das Haus herum ab. Austin fand einen Fußabdruck im Flussschlamm, was ihm half, die Polizisten davon zu überzeugen, dass er keine Gespenster gesehen hatte. Sie sagten, dass sie später am Abend noch einmal vorbeikommen würden.
Austin vergewisserte sich, dass alle Türen verschlossen und die Alarmanlage eingeschaltet war. Statt sich in sein Turmschlafzimmer zurückzuziehen, streckte er sich angezogen auf dem Wohnzimmersofa aus. Er war überzeugt, dass der Unbekannte, der sein Haus beobachtet hatte, nicht mehr da war.
Trotzdem hielt er die Bowen in Griffweite.
20
Am nächsten Morgen stand Austin früh auf, ging
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