Höllenscript
ihrem Fahrzeug gingen, einstiegen und abfuhren, war alles okay. Taten sie es nicht, würden sie beide sterben. Der Fluß konnte noch viel aufnehmen.
Sie gingen nicht auf den Bunker zu, sondern wandten sich dem Auto entgegen. Kuszew bedauerte dies beinahe. Eine kleine Auseinandersetzung, in der er seine Kräfte hätte ausspielen können, wäre nicht schlecht für sein Ego gewesen, darauf deutete allerdings nichts hin.
Sehr bald waren sie aus seinem Sichtfeld und in Deckung der hohen Gräser verschwunden. Das wiederum ärgerte Kuszew. Er wollte sie unter Sichtkontrolle halten, bis sie wirklich gestartet waren. Deshalb lief er wieder an der Außenseite des Bunkers hoch und blieb dort auf halber Strecke stehen.
Er sah die beiden. Sie würden ihr Auto bald erreicht haben. Als sie hätten einsteigen können oder müssen, blieben sie stehen und sprachen noch miteinander.
Der Dunkelhaarige drehte sich plötzlich um. Er tat es mit einer sehr schnellen Bewegung, die selbst den beobachtenden Kuszew überraschte. Instinktiv duckte er sich, hielt den Atem an, weil er nicht wußte, ob er entdeckt worden war oder nicht.
Er wollte auch nicht warten und lief die Böschung hinunter, weiterhin tief geduckt. Die beiden Männer und ihr Fahrzeug waren aus seinem Blickfeld verschwunden. Außerdem war es für Kuszew Zeit, sich wieder um Conolly zu kümmern.
Er öffnete die Stahltür und tauchte wieder ein in das Dunkel des Bunkers. Nur dort, wo sein Gefangener an seinem Schreibtisch hockte, schimmerte die Lichtquelle.
Er schloß wieder ab.
Bisher war Kuszew zufrieden gewesen. Das hatte sich von nun an geändert. Auch wenn er sich hier in diesem alten Bunker relativ sicher fühlte, gab er sich nicht mehr so optimistisch wie sonst.
Vielleicht war man ihm tatsächlich auf die Spur gekommen. Wenn ja, dann mußte er sich dies selbst ankreiden.
Deshalb sollten die Memoiren des Schwarzen Tods so rasch wie möglich vollendet werden…
***
Die Erschöpfung hatte ihren Tribut gefordert, und Bill Conolly war tief und fest eingeschlafen. Er hatte überhaupt nicht gespürt, wie er mit dem Oberkörper nach vorn gesunken war und nun auf der Schreibtischplatte lag, die rechte Kopfseite auf seinen angewinkelten Arm gestützt, völlig entspannt und erschöpft. Er schlief – und er träumte.
Es waren furchtbare Alpträume, die ihn quälten. Er sah den Schwarzen Tod, über den er bei normalem Bewußtsein geschrieben hatte, in einer grauen Wolke, die sich kreisend und tanzend bewegte. Dabei sah sie aus, als würde sie innerlich kochen und diese Horror-Gestalt mit der großen Sense garen wollen.
In einem dicken Strom schoß aus der Wolke das Blut hervor wie aus einem Vulkan die Lava, und das Blut stieß gegen den Himmel, wo es sich zu einem dunkelroten Pilz ausbreitete, der schließlich alles bedeckte, um die Macht dieses großen Dämons zu demonstrieren.
Der Körper des Schlafenden blieb ruhig. Aber die Gefühle zeichneten sich dabei schon auf seinem Gesicht ab, über das hin und wieder ein Zucken lief. Dazwischen öffnete sich der Mund. Ein schnappender Atemzug, ein Schnarchlaut, dann die harte Klammer, die Bill am Hals umfaßte, ihn schüttelte und aus dem Schlaf riß.
»Es reicht, Conolly!«
Die Stimme und damit die Worte drangen nur undeutlich in das Bewußtsein des Reporters. Er hatte noch immer das Bild des Schwarzen Tods vor Augen, so daß er glaubte, dessen Stimme gehört zu haben.
Kuszew behielt seinen Gefangenen im Griff und schüttelte ihn durch.
»He, aufwachen!«
Die Bilder verschwanden endgültig, und Bill fand sich wieder in der Gegenwart. Der Traum war vorbei. Allmählich schälte sich die Realität hervor.
Das Blut war verschwunden, der Schwarze Tod hatte sich ebenfalls zurückgezogen, und Bill spürte noch immer den harten Druck der Finger in seinem Nacken.
Seine Augen schmerzten, als er den Kopf drehte und das Gesicht vom harten Lichtstrahl getroffen wurde. Dann zerrte ihn Kuszew in die Höhe und schüttelte ihn wieder durch.
»Genug geschlafen, Conolly. Es geht weiter.«
»Was? – Wie…?« Bill spielte kein Theater vor. Er fühlte sich wirklich matt. Wie leergepumpt, auch im Gehirn, in dem sich die Erinnerung nur wieder einstellte.
Er blickte nach vorn und an der Lampe vorbei. Kuszew hatte ihn losgelassen und stand neben dem Schreibtisch. Mit beiden Händen stützte er sich an der Platte ab, den Körper hielt er dabei etwas gesenkt und auch leicht gedreht, damit er in Bills verschlafenes Gesicht schauen konnte.
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