Höllensog
Lachen.
Alarm!
Ich war sofort voll da. Ein dünner Schauer lag auf meiner Haut. Das Lachen war keine Einbildung gewesen. Ich hatte es an der rechten Seite gehört, und dort befand sich auch ein schmaler Weg zwischen den Grundstücken zweier Häuser. Die Erde war dort mit Unkraut bewachsen, auf dem der Staub als graue Schicht lag.
»He, zeig dich…«
Das Lachen wiederholte sich nicht.
Ich schritt trotzdem weiter, schaute mal nach rechts, dann wieder nach links und sah einen größeren Stein, der nur von einer Seite durch Buschwerk abgedeckt war. An der anderen lag er frei. Auf dem Stein hockte eine Gestalt und streichelte mit beiden Händen das Fell einer Katze, die auf dem Schoß des jungen Gregor Smirnow stand…
***
Damit hatte ich nicht gerechnet!
Ich war so überrascht, daß ich erst stehenblieb, über meine Augen wischte, dann noch einmal hinschaute und mir eingestehen mußte, keiner Halluzination erlegen zu sein.
Es gab den Jungen tatsächlich.
»Gregor…?« rief ich.
Er reagierte auf seine Weise, als er einen Arm hob und mir zuwinkte.
Ich verstand das Zeichen und verließ den Weg. Durch das staubige Unkraut ging ich auf ihn zu. Er streichelte die Katze, die sich nicht bewegte und aussah, als wäre sie künstlich oder ausgestopft. Das Bild war zwar real, mir aber kam es irreal vor, wenn ich daran dachte, was mir in der Vergangenheit widerfahren war. Deshalb beschloß ich, sehr vorsichtig zu sein.
Ich hatte auch nicht gesehen, wie es dem Jungen gelungert war, dem Höllensog zu entwischen. Alles war irgendwie nicht faß- oder greifbar. Es war so anders geworden.
Ich blieb zwei Schritte vor Gregor stehen und nahm mir die Zeit, ihn genau zu beobachten. Daß er eine ungewöhnliche Reise hinter sich hatte, lag auf der Hand. Ich wollte nachschauen, ob er nicht doch davon in Mitleidenschaft gezogen war. Eine derartige Reise oder Entführung mußte einfach Spuren hinterlassen.
Bei ihm war es nicht der Fall.
Er trug nach wie vor dasselbe Hemd, dieselbe Hose, und auch in seinem Gesicht hatte sich nichts verändert. Es zeigte nicht einmal Furcht, eher eine gewisse Neugierde, die in seinen Augen festlag. Den Kopf hatte er schräg gelegt, der Mund zeigte ein Lächeln, und er sagte mit leiser Stimme: »Ich bin wieder da.«
»Das sehe ich. Darf ich denn wissen oder zumindest fragen, wo du gewesen bist?«
»Weit weg…«
»Das kann ich mir denken. Trotzdem kannst du ein Ziel gehabt haben.«
»In einer anderen Welt.«
»Und du hast viele Menschen dort getroffen?«
»Alle aus unserem Dorf. Auch die Tiere. Schau hin, ich habe eine Katze mitgebracht. Sie gehörte uns, ich konnte sie mitnehmen. Ist das nicht toll.«
»Das hat man dir erlaubt.«
»Ja.«
»Wer denn?«
»Ich weiß es nicht. Es war so anders. Eine alte Kraft, eine andere Welt. Weit weg von hier.«
»Hat sie dir denn gefallen?«
Gregor überlegte einen Moment. »Ja oder so ähnlich. Ich habe keine Angst gehabt.«
»Leben alle?«
Er nickte.
»Deine Eltern also auch?«
»Sicher.«
Behutsam tastete ich mich an mein Ziel heran. »Du hast doch sicherlich mit deinen Eltern geredet, denke ich.«
»Lange sogar.«
»Wie toll. Und was haben sie gesagt? Das muß doch sehr spannend gewesen sein.«
»Es geht ihnen gut.«
»Mehr nicht?«
»Nein.«
»Keine Erklärung?«
Gregor senkte den Kopf und schaute für einen Moment auf den Rücken der Katze. »Der Komet hat seine eigene Welt mitgebracht«, erklärte er mit leiser Stimme. »Er ist lange unterwegs gewesen und mußte durch viele Welten irren, bis er die richtige gefunden hatte. Unsere hier, unser Dorf. Dort landete er…«
»Weiter, Gregor, weiter…«
»Hier hat er sich wohl gefühlt. Hier hat er… hier hat er… er will hierbleiben. Er mußte einen Platz suchen. Er hat die Magie mitgebracht.«
»Welche Magie?«
»Die von seiner Welt.«
»Wie heißt sie denn?«
»Ich weiß es nicht. Aber er ist ein Teil davon. Sie ist vor langer Zeit zerplatzt. Er irrte durch das All, durch die Zeiten. Jetzt ist er gelandet und liegt im See.«
»Aber sein Schweif existiert.«
Gregor nickte.
»Du warst ja in ihm.«
Er nickte wieder.
»Hast du da auch was von der anderen Welt gesehen, die explodierte? Von einem anderen Planeten?«
»Nein, aber ich hörte es.«
»Wer sagte dir das?«
»Eine Stimme.«
»Und den Sprecher hast du nicht gesehen.«
»Nein, doch er gab mir eine Botschaft mit, und die ist an dich gerichtet, glaube ich.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Er will dich sehen.« Ich
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