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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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konnte ich auch die Silhouetten von zwei Köpfen im Fenster ausmachen. Alle Piraten beteiligten sich an der Unterhaltung mit den Fremden auf dem Deck.
    Wer zum Teufel sind sie?, fragte ich mich. Der Anführer und die Fremden schienen sich über etwas zu streiten. Ich verstand ein paar Wörter – »Sanaa«, »Palästinenser« und »Fatah« –, die immer wieder erwähnt wurden. Das schickte mir einen Kälteschauer über den Rücken. Sanaa ist die Hauptstadt des Jemen, die ganze Stadt war eine einzige Al-Qaida-Festung. Touristen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden dort fast täglich gekidnappt, und manche wurden auch ermordet.
    Der Jemen war daher mein ultimativer Albtraum.
    Ich beugte mich so weit wie möglich vor, um besser mithören zu können. Alle Piraten beteiligten sich; sie schienen zu erörtern, was als nächstes geschehen sollte, und offenbar hatte jeder seine eigene Meinung dazu. Je länger ich zuhörte, desto deutlicher glaubte ich zu verstehen, dass sie nicht nur von der »Fatah« sprachen – der Palästinensergruppe – redeten, sondern auch von einer »Fatwa«, einer von einem islamischen Rechtsgelehrten erlassenen Anweisung an die Gläubigen. Und sie redeten in einem dringlichen Ton, als ob sie über etwas verhandelten, und manchmal stieß einer ein »Oh, fuck!« aus, was bedeuten konnte, dass er etwas hörte, was er nicht hören wollte.
    Aber wer waren die somalischen Männer, mit denen meine Kidnapper sprachen?
    Mein erster Gedanke war, Die Somalis haben ihnen Verstärkung geschickt. Bei den Piraten war das eine übliche Taktik. Sie schickten frische Männer, um die ursprünglichen Angreifer abzulösen. Aber wie hätte es ihnen gelingen sollen, ein Skiff an der Navy vorbei zu schmuggeln und direkt zum Rettungsboot zu fahren? Ich konnte nicht glauben, dass so etwas möglich sein sollte. Die Bainbridge hätte jeden abgefangen, der sich dem Rettungsboot näherte, daran hatte ich nicht den geringsten Zweifel.
    Dann musste es wohl der somalische Dolmetscher der Navy sein. Aber warum redeten sie über eine Fatwa und über den Jemen? Wieder fiel mir die Behauptung des Anführers ein, dass er die Navy-Leute kannte, und jetzt hörte es sich in jedem Fall so an, als kenne er die beiden Fremden gut. Dem Ton nach zu urteilen sprachen sie recht vertraulich miteinander, als ob sie sich tatsächlich seit vielen Jahren kannten. Die Burschen draußen vor dem Fenster redeten in fast flehendem Ton auf die Somalis ein, als versuchten sie, sie zur Vernunft zu bringen. Aber offenbar wollten die Piraten nichts davon hören.
    Die Debatte wurde hitzig. Besonders Musso und Tall Guy wurden immer wütender, das konnte ich an ihrer Körperhaltung und ihrem Tonfall klar erkennen. Offenbar wollten sie auf keinen Fall aufgeben und waren bereit, bis zum Tod zu kämpfen. Young Guy nickte nur immer wieder, als wollte er sagen, Was immer ihr beschließt, ich bin dabei. Er hatte wohl keine eigene Meinung.
    Der Anführer war hin und her gerissen. Ich glaube, ihm war am deutlichsten bewusst, in welcher Gefahr sie sich befanden.
    Ich spürte, dass jetzt eine sehr gefährliche Situation entstanden war. Sie sprachen über den Tod; manchmal benutzten sie sogar das englische Wort »death«. Sie redeten von »Familie«, und immer wieder von »fatwa«. Und schließlich: »Oh, fuck.«
    Ich blieb still. Mein Eindruck war, dass die Dolmetscher über meine Freilassung verhandelten. Als sie gingen, hörte ich ihre Schritte auf dem schmalen Seitendeck und hörte, wie sie in ihr Boot stiegen. Ein Motor wurde gestartet, schließlich verlor sich das Motorengeräusch in der Ferne.
    Offenbar hatte man einen Kompromiss erzielt. Die Diskussion war sehr heftig gewesen, und nachdem die Dolmetscher verschwunden waren, herrschte im Boot eine noch angespanntere, erwartungsvollere Stimmung. Irgendwas passiert bald , dachte ich.
    Als ich später mit den Navy-Leuten sprach, schworen sie, dass keiner ihrer Leute jemals auf dem Rettungsboot gewesen sei. Aber ich hatte das alles nicht geträumt. Jemand hatte versucht, die Piraten zur Vernunft zu bringen, und war gescheitert.

    Wieder ging die Sonne auf. Ich war jetzt seit zwei Tagen und drei Nächten auf dem Rettungsboot. Die Hitze nahm zu. Die Piraten hatten die Kleider bis auf die Unterwäsche ausgezogen.
    An diesem Morgen fingen sie an, ernsthaft darüber zu diskutieren – hauptsächlich auf Englisch, damit ich es mitbekam, davon bin ich überzeugt –, wann sie mich töten sollten. Sie holten den

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