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Höllental: Psychothriller

Höllental: Psychothriller

Titel: Höllental: Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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weder Juniorchef noch irgendwann der Boss geworden. Aber bis es so weit war, gehörte ständige Bereitschaft zu seinen Pflichten.
    »Hallo, Papa, was gibt’s?«
    »Ich warte noch immer auf die Fotos.«
    Der Alte war wie immer in Höchstform. Bei Familienmitgliedern und Angestellten – und Ricky war beides in Personalunion – hielt er sich nie mit Begrüßungsfloskeln auf. Gegenüber Kunden war er hingegen ein wahrer Meister des Smalltalks.
    »Was für Fotos?«
    »Großer Gott! Ricky. Vor zwei Tagen habe ich dir den Auftrag erteilt, die alte Mühle draußen an der Wertach zu fotografieren. Was ist los mit dir?«
    »Ach ja.«
    Ricky hatte die Kamera seit gestern im Handschuhfach. Er hatte es auch nicht vergessen, sondern einfach keine Lust gehabt. Bei dem Wetter da rauszufahren bedeutete nämlich, den neuen Wagen einzusauen.
    »Ich mach es gleich morgen, okay.«
    »Pass mal auf, mein Sohn.« Er dehnte das Mein Sohn wieder so weit, dass es wie eine Krankheit klang. Das tat er dauernd! »Wenn ich dir einen Auftrag erteile, dann gehe ich davon aus, dass der auch erledigt wird, und zwar pronto. Meinst du, ich habe dieses Geschäft aufbauen können, weil ich faul und nachlässig war?«
    »Nein, natürlich nicht, aber …«
    »Und wenn du den Laden wirklich übernehmen willst, dann musst du lernen, dich zu organisieren. Selbstständigkeit ist kein Zuckerschlecken. Ich brauche die Fotos spätestens in zwei Tagen.«
    »Ich mach es gleich morgen, versprochen.«
    Ricky beendete das Gespräch. »Fuck.« Er schlug aufs Lenkrad. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Eine Stunde Fahrt hin und eine zurück, vielleicht eine halbe Stunde für die Aufnahmen, zusätzlich eine halbe Stunde zu Hause, um die Fotos zu bearbeiten und zu verschicken. Damit würde der ganze Tag draufgehen. Dafür hatte er überhaupt keine Zeit. Lauras Selbstmord würde möglicherweise eine Lawine auslösen, darum musste er sich vordringlich kümmern. Außerdem hatte er noch eine Verabredung. Aber das konnte er seinem alten Herrn natürlich nicht erzählen.
    Spät am Abend saß Friedhelm Waider im Büro seines häuslichen Arbeitszimmers. Der Raum lag im Dunkeln, während eine massive Lampe mit vergoldetem Fuß und grünem Bleikristallschirm die Mahagoniplatte seines ausladenden Schreibtisches beleuchtete. Die ebenfalls aus Mahagoniholz gefertigten Wandregale an der rechten und linken Seite des Raumes reichten hinauf bis zur Decke, verschwanden aber schon vorher im Schatten. Sie waren angefüllt mit Büchern.
    Die erdrückende Stille wurde nur unterbrochen von dem gelegentlichen Gluckern in den Rohren der alten Heizungsanlage. Die riesige Stadtvilla stammte aus dem 18. Jahrhundert. Trotz über drei Meter Deckenhöhe und nicht isolierter Wände trotzte die Heizung jedem Winter, und wenn man nicht aufs Geld schauen musste, konnte man diese teuer erkaufte Wärme auch genießen.
    Gerade jetzt spürte Friedhelm Waider nichts davon.
    In ihm herrschte Eiseskälte.
    Aufgeschlagen vor ihm lag ein großes Fotoalbum im Ledereinband. Ein altmodisches Ding, in das man richtige Fotos hineinkleben konnte, etwas zum Anfassen, das von keiner Stromquelle abhängig war. Bis heute hatte er sich nicht an die Digitalfotografie gewöhnt – und jetzt war es nicht mehr nötig. Die allermeisten Fotos hatte seine Frau geschossen, als Laura noch klein gewesen war. Tausende Babyfotos, Hunderte Schülerfotos, deutlich weniger Teenagerfotos, vielleicht fünfzig oder sechzig, danach kaum noch welche. Hier und dort Schnappschüsse von Familienfeiern, aber nicht mehr dieses konzentrierte, disziplinierte fotografische Begleiten.
    Friedhelm Waider schätzte, dass das in jeder Familie so war. In diesem Moment wünschte er sich aber, viel mehr Fotos von Laura gemacht zu haben, vor allem aus der Teenagerzeit, in der sie zu einer Schönheit herangewachsen war. Viel mehr Fotos, denn sie waren alles, was ihnen geblieben war.
    Farbe auf Papier.
    Erinnerungen – und nicht alle waren schön.
    Die letzten zwei Jahre waren schwer gewesen.
    Schon bevor sie ausgezogen war, hatte seine Tochter sich immer weiter von ihm entfernt, und weil er immer so verdammt viel zu tun hatte, hatte er sich nicht die Zeit genommen, nicht die Mühe gemacht, sich für ihre Probleme zu interessieren. Im Gegenteil, er hatte ihre Sorgen und Nöte als Belastung empfunden. Folglich war sie damit irgendwann nicht mehr zu ihm gekommen. Er hatte nicht geahnt, dass Sorgen und Nöte auch Zugang zu einem Menschen bieten konnten.
    Als Laura

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