Höllental: Psychothriller
du es nicht bemerkt hast und das Geld nicht vermisst, macht die Sache für mich nicht leichter. Darüber zu entscheiden wäre auch dein Recht gewesen, aber ich habe dich hintergangen.«
»Ich … Ich verstehe nicht.«
Petra hob die Hand und gebot ihm so Einhalt. Sie saß noch immer kerzengerade. »Lass mich bitte ausreden. Ob du es verstehen wirst, weiß ich nicht … Und ehrlich gesagt ist es mir egal. Jetzt ist sowieso alles egal.«
Friedhelms Herz schlug einen ungesunden Rhythmus.
»Ich habe Laura dreiundzwanzigtausend Euro von unserem privaten Geld gegeben.«
Es war heraus. Ein einziger Satz, ein einziger Fakt. Friedhelm starrte seine Frau an. Sein Mund stand offen, sein Verstand versuchte zu verarbeiten, was er gehörte hatte, stotterte dabei aber genauso wie sein Herz.
Dreiundzwanzigtausend Euro waren nicht viel Geld, immerhin waren sie mehrfache Millionäre. Er hatte dreimal so viel für seinen letzten Wagen ausgegeben. Die Ausstattung des Raumes, in dem sie saßen, hatte mehr gekostet. Und Petra hatte Recht: Er würde dieses Geld niemals vermissen, weil er, im Gegensatz zu den Firmenkonten, ihr privates kaum im Auge behielt. Wozu auch? Und trotzdem! Dass Petra Laura das Geld gegeben hatte, war eine Ungeheuerlichkeit. Er konnte sich noch sehr gut an das Gespräch erinnern, in dem sie sich beide darauf festgelegt hatten, Laura kein Geld mehr zu leihen. Nicht solange sie ihren laxen Lebenswandel nicht ablegte und das Studium nicht erfolgreich beendete.
Aber Friedhelm spürte keine Wut. Er spürte nur Traurigkeit darüber, dass Laura ihn nicht um das Geld gebeten hatte. Sie kannte ihren alten Herrn mit seinen Prinzipien – und die Nachgiebigkeit ihrer Mutter auch.
»Wofür?«, fragte er nur, obwohl ihn auch das nicht wirklich interessierte.
Dafür schenkte seine Frau ihm einen liebevollen Blick und ein zartes Lächeln. Es dauerte nur einen Lidschlag, doch er war sich sicher, es gesehen zu haben. Sie ließ sich in den Sessel zurücksinken. Ihre gerade Haltung war nun nicht mehr notwendig.
»Ich weiß es nicht. Sie wollte es mir irgendwann später sagen, das hatte sie mir versprochen. Ich habe es ihr ja auch nicht in einer Summe gegeben … Das hätte ich wahrscheinlich auch nicht getan. Und ich musste nachschauen, um die genaue Summe herauszufinden. Glaub mir, ich war erschrocken über die Höhe, wirklich erschrocken.«
»Wozu brauchte sie so viel Geld?«, fragte Friedhelm.
Jetzt begann es ihn doch zu interessieren.
Petra zuckte mit den Schultern. »Sie bat mich, deswegen nicht tiefer in sie zu dringen, bis sie es mir von selbst erzählen würde. Sie sagte nur, es sei für einen Freund, der in Schwierigkeiten stecke und dessen letzte Chance sie sei. Ich … Ich konnte es ihr nicht abschlagen. Da war so eine große und tiefe Traurigkeit in ihren Augen. Sie sagte, sie würde es wiederbekommen, aber ich hatte das Gefühl, dass sie es besser wusste. Was hätte ich denn tun sollen?«
Petra warf in einer verzweifelt anmutenden Geste die Hände in die Luft und ließ sie wieder auf die Lehnen des Sessels sinken.
»Probleme lassen sich mit Geld lösen, und wir haben davon mehr, als wir brauchen. Warum hätte ich es ihr abschlagen sollen? Weil sie nicht mehr die kleine brave Prinzessin war, die du gerne haben wolltest? Weil sie ihr eigenes Leben lebte, aber kein eigenes Geld verdiente? Wofür haben wir denn diesen ganzen Reichtum angehäuft, wenn nicht für unser einziges Kind?«
Seine Frau begann zu weinen, und es brach Friedhelm das Herz. Ein weiterer Bruch. Wie lange würde es das ertragen? Er kämpfte sich mühsam aus seinem Sessel hoch, ging hinüber, sank vor seiner Frau auf die Knie und nahm sie in die Arme. Sie ließ sich kraftlos gegen ihn sinken und begann hemmungslos zu weinen. Das löste erneut auch seine Tränen . Minutenlang taten sie nichts anderes, als sich festzuhalten und zu trauern. Zum ersten Mal seit der entsetzlichen Nachricht.
Aber Tränen versiegten. Das taten sie immer. Oft folgte Schweigen darauf, doch das wollte Friedhelm nicht zulassen, nicht jetzt.
Er schob seine Frau auf Armeslänge von sich.
»Ich wünschte, sie wäre damit zu mir gekommen«, sagte er.
Sie schniefte, wischte sich über die Augen. »Wirklich?«
»Ich hätte es ihr gegeben. Ich hätte vielleicht mehr insistiert, aber ich hätte es ihr gegeben. Mach dir bitte keine Vorwürfe.«
Petra schüttelte den Kopf. »Ich bin heute nicht damit zu dir gekommen, weil ich mir Vorwürfe mache … Jedenfalls nicht des
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