Hoellentrip
Brown, die Kassiererin, mit vier schweren Plastiktüten beladen, herauskam und abschloss. Als sie ihn an seinem Auto bemerkte, warf sie ihm aus ihrem hageren Gesicht einen feindseligen Blick zu. Ihr rotes Borstenhaar l euchtete im Licht der Laterne.
„Ich dachte, ich tue meine Pflicht und sage Ihnen das von Mister Denham und dem Flittchen.“ S chnaufend stellte sie die Tüten ab. „Barry Denham hat mich ziemlich beschimpft. Er kommt auch nicht mehr in den Laden, hat er gesagt. D as hab’ ich jetzt davon?“
Shane warf den Kofferraum zu.
„Wendy, wenn Barry Denham eine weiße Weste hat ... “
„Meinen Sie damit, dass Mister Denham keine weiße Weste hat?“, fiel sie ihm ins Wort und stemmte ihre sehnigen Arme in die Hüften.
„Sie haben Flittchen gesagt?“, fragte er .
„Ach, wieder so eine Frage! Ich mochte sie nicht.“ Ihre Abneigung war nicht zu überhören. „Sie war schnippisch und arrogant. Nu r zu den Kerlen war sie zuckersüß und“, sie suchte nach einem Wort, „berechnend.“
„Sie hat sie also ausgenutzt, für ihre Interessen? “
Sie nickte heftig. Er hatte sie offenbar wieder auf seiner Seite.
„Sie haben’s getroffen. Sie glauben gar nicht, wie geldgierig die war!“ Verächtlich verzog sie die schmalen Lippen. „Sie wollte, dass Mister Denham sie heiratet. Aber er wollte nicht. Wollte wahrscheinlich nur e ine Geliebte für zwischendurch. “ Sie seufzte, als wäre sie persönlich betroffen, „aber damit war Romaine nicht zufrieden, hat ihn fallen lassen. Wie eine heiße Kartoffel.“ Wieder seufzte sie. „Arme Jane . Sie tut mir so Leid.“
Zwei Frauen kamen vorbei und grüßten Wendy. Die kleinere von beiden streifte Shane mit einem neugierig en Blick.
„Ich muss los“, Wendy bückte sich und nahm die Tüten wieder auf, „zu Hause wartet mein Mann auf sein Abendessen.“
Er sah ihr nach wie sie mit Taschen beladen zu ihrem Auto ging. Dann fuhr er selbst los. Romaine, die für ein Pferd ein Verbrechen begeht und ihren Liebhaber betrügt; Romaine, die nur auf Geld aus ist; Romaine, die man mit zwanzigtausend Dollar und einem Fremden einfach so gehen lässt – aus Liebe? Welches Bild stimmte nun? Oder trug jeder sein eigenes Bild von Romaine mit sich herum? Er dachte wieder an die Bücher in ihrem Zimmer. Fünf Minuten später hielt er vor Herbs Haus. Aus den anderen Häusern drang Licht, doch Herbs Haus war dunkel. Seltsam, Herb hatte ihm noch am Morgen gesagt, er könne heute Abend vorbeikommen. Er stieg aus und klingelte an der Tür. N iemand öffnete. Moskitos lauerten ihm auf, er schlug auf seine Unterarme, auf denen sie sich schon niedergelassen hatten. Vielleicht hatte es sich Herb anders überlegt und war mit Becky ausgegangen? Als er den Motor startete, wünschte er, in der Stadt zu sein. Unerkannt hätte er sich in eine Kneipe setzen, ins Kino gehen oder vielleicht sogar Eliza besuchen können. Nein, nicht Eli za. Sie hatte ja jemand anders.
Verärgert schlug er aufs Lenkrad und trat das Gaspedal durch. Der Wagen schoss davon. Bei hundert ging er vom Gas. Der Wagen wurde langsamer, und als die Nadel des Tachos nur noch vierzig Stundenkilometer anzeigte, wendete er und fuhr zurück in Richtung Motel. Verlorenes Glück . Er dachte an Romaine, und wie sie wirklich gewesen sein mochte.
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Endlos kam Catherine die Strecke vor, die sie in der Dunkelheit auf dem holprigen, ausgefahrenen Weg zurücklegten. Sophies gleichmäßiger Atem im Schlaf beruhigte sie ein wenig. Sie versuchte sich auf die roten Rücklichter zu konzentrieren und zwang sich, ihren verkrampften Griff um das Lenkrad zu lösen. Auf einmal verlangsamte Archie die Fahrt, am Seitenfenster erkannte sie ein helles Holzgatter. Wenige Meter später stoppte der Pick Up , und Catherine trat gerade noch rechtzeitig auf die Bremse. Sophie schrak hoch.
„Willkommen!“, rief Mae u nd öffnete die Autotür.
Mit steifen Gliedern stieg Catherine aus. Das typische Farmhaus vor ihnen musste an die hundert Jahre alt sein. Büsche und Sträucher umwucherten die Fassade. Eine gelbliche Lampe leuchtete über der schweren hölzernen Eingangstür. Frösche quakten. Irgendwo flog ein Vogel auf. Ein dunkler Schatten huschte über ihren Köpfen vorbei. Wahrscheinlich ein Flying Fox. Catherine suchte den Mond, um sich zu orientieren, fand ihn zuerst nicht, entdeckte ihn dann im Geäst der hohen alten Eukalyptusbäume, die sich hinter dem Farmhaus und zwei weiteren Nebengebäuden wie ein schroffes Gebirge erhoben.
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