Hoellentrip
Bord?«, witzle ich, um die Stimmung zu lockern.
Der schlechte Witz funktioniert nicht sehr gut. Eher wird es noch stiller auf dem Floß, sofern das überhaupt geht, nachdem sie Jake nach oben gezerrt haben.
Sein Zustand ist noch schlimmer, als ich dachte. Fast sein gesamter Körper ist mit Brandwunden zweiten und dritten Grades überzogen. Seine Haut sieht wie Bläschenfolie aus, bei der alle Blasen geplatzt sind.
Carrie erträgt den Anblick nicht, und anscheinend hat sie zusätzlich ein schlechtes Gewissen wegen ihres Selbstmordversuchs, bei dem sie Jake beinahe mit in den Tod gerissen hätte.
An Land, in der Brandopferabteilung des Lexington Hospital, gäbe es eine Unmenge an Behandlungsmöglichkeiten. Hier draußen mitten im Niemandsland kann ich praktisch nichts für ihn tun.
»Reich mir mal den Erste-Hilfe-Kasten«, bitte ich Mark, muss aber die Zähne zusammenbeißen, weil mir das Sprechen Mühe bereitet.
Der Rest dessen, was sich in der Ave-Maria-Kiste befand, liegt über dem Floß verteilt. Außer dem Erste-Hilfe-Kasten enthielt sie eine überraschend große Menge Wasserfaschen und Essen, vor allem eingeschweißte getrocknete Früchte, Kekse und Nüsse.
Alles in allem ist es nicht viel, aber besser als nichts. Und nichts haben wir mehr als genug.
Wir haben keinen Motor, keinen Schatten, keine Sonnencreme, kein Radio, kein Satellitentelefon.
Wie ungerecht!
Wir haben auch keine Leuchtpistole mehr, aber wir wollen Carrie deswegen keine Vorwürfe machen, nachdem sie unseren Arsch und alle anderen essbaren Teile von uns mit einem einzigen, rechtzeitig abgegebenen, Hai verjagenden Schuss gerettet hat.
»Hier«, sagt Mark.
Er reicht mir den Erste-Hilfe-Kasten. Darin finde ich eine antibiotische Salbe, die ich vorsichtig auf die Bereiche von Jakes Haut tupfe, die sich am ehesten entzünden würden. Anschließend gieße ich so viel Wasser in seinen Mund wie möglich, bis er nichts mehr schlucken kann. Sein Kopf ist zur Seite gedreht, ansonsten sagt er nichts und bewegt sich nicht. Ich denke, er ist wieder bewusstlos oder hat einfach nicht die Kraft zu reden.
»So«, sage ich, nachdem ich einen dünnen Gazeverband um seine Arme und Beine gelegt habe, so, dass seine Haut noch atmen kann. »Das wird erst einmal reichen, bis Hilfe kommt.«
»Was ist mit dir?«, fragt Ernie. »Mit deinem Bein?«
»Im Moment geht’s. Es muss gerichtet werden, aber wir haben vierundzwanzig Stunden Zeit, bevor ein bleibender Schaden entsteht«, erkläre ich. »Ha, bis dahin liege ich aber schon in einem Krankenhausbett, und ihr unterschreibt auf meinem Gips.«
»Glaubst du wirklich, man wird uns noch retten?«, fragt Carrie.
»Natürlich. Warum sollte man nicht nach uns suchen?«
57
Lieutenant Andrew Tatem knallte in seinem kleinen Büro bei der Küstenwache in Miami den Hörer auf den Telefonapparat. Sein Lieutenant hatte ihm gerade die aktuellen Meldungen über die Familie Dunne durchgegeben, und die waren nicht gut. Eigentlich ergaben sie überhaupt keinen Sinn.
Er stürmte den Gang hinunter direkt zum Besprechungszimmer. Millcrest hatte ihn soeben von dort angerufen.
»Was, in aller Welt, ist hier los?«, wollte Tatem wissen, kaum dass er die Tür aufgedrückt hatte. »Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.«
Niemand im Zimmer sagte ein Wort, weder der auf dem Festland stationierte Einsatzleiter noch der Funkspezialist oder der Maat, dessen einzige Aufgabe darin bestand, die Position des für die Suche eingesetzten Hubschraubers aufzuzeichnen. Stattdessen drehten sich alle zu Millcrest.
Es war einer der seltenen Momente, in denen Millcrest wünschte, seine Beziehung zu Tatem, dem befehlshabenden Offizier, wäre nicht so gut. Man ging immer davon aus, dass er Tatem alles zutrüge.
»Es ist, wie ich gesagt habe«, begann Millcrest langsam. »Der Hubschrauber hat die Koordinaten des EPIRB-Signals der Familie Dunne erreicht, aber das Boot war nicht da. Auch kein EPIRB.«
Tatem brauchte eine Zigarette. Sofort.
»Geben Sie mir die Such- und Rettungsmannschaft«, befahl er. »Ich möchte genau hören, was sie nicht gefunden haben.«
Millcrest wandte sich an den Funktechniker, der knapp und forsch nickte und einen Funkspruch für den Hubschrauber in ein Mikrofon absetzte. Die gesamte Wand, vor der er saß, war mit Monitoren und Karten ausgefüllt.
»Hier ist Rescue WOLF, eins-neun-eins, bitte kommen«, meldete sich der erste Pilot innerhalb weniger Sekunden mit lautem Rauschen im Hintergrund. Der Techniker
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