Höllische Versuchung
Zelle. Narziss war gerade damit beschäftigt, seine kastanienbraune Haarpracht zu kämmen.
»Der kümmert sich nur um sich selbst«, sagte Batanya. »Wir können nur hoffen, dass er uns nicht in die Quere kommt.« Narziss war immer noch splitterfasernackt und machte sich jetzt daran, seinen Körper Pore für Pore zu inspizieren. Er nahm seine Genitalien in die Hand und betrachtete sie eingehend, dann ließ er sein Gemächt lässig wie einen Strauß verwelkter Blumen fallen.
»Wie sieht dein Plan aus?«, fragte Clovache.
»Ich habe mir das so gedacht.« In kurzen, knappen Worten umriss sie ihn.
Nach einer Weile erschienen zwei Wachen (der, der den Angriff der Hunde überlebt hatte, und Sha) mit einem Wagen, auf dem vier große Schüsseln standen. Die Klappen für das Essen befanden sich ganz unten in der Gittertür und die Wachen kümmerten sich beim Durchschieben kaum darum, ob etwas vorbeischwappte oder nicht. Ein Eimer Wasser wurde nachgereicht. Der war offenbar sowohl zum Waschen als auch zum Trinken gedacht, denn am Eimer hing eine Schöpfkelle. Der Schlangenmann Sha fand nach wie vor Gefallen an Clovache und machte sich auch nicht die Mühe, das zu verbergen.
»Zeig mal, was du so hast, Kleines«, zischte er Clovache zu, die ein wenig besorgt wirkte. Am Gürtel trug Sha einen Speer und einen Dolch. Zwar hatte Luzifer den Wachen untersagt, die Zellen zu betreten, doch möglicherweise hielt sich Sha nicht an den Befehl.
»Er kann Sie weder herauslassen, noch kann er zu Ihnen hinein«, sagte Amelia. »Er hat gar keinen Schlüssel an seinem Gürtel.« Die Anspannung in Clovaches Schultern ließ zusehends nach, während sie sich mit versteinerter Miene anhörte, was Sha alles mit ihr anzustellen beabsichtigte.
»Wer hat den Schlüssel denn?«, fragte Batanya Amelia. Keinesfalls wollte sie Clovache den Eindruck vermitteln, dass sie sich Sorgen machte. »Die andere Wache hat auch keinen.«
»Soweit ich weiß, trägt der Hauptmann ihn die ganze Zeit bei sich. Dieser Wolfstyp, Marl heißt er, glaube ich.«
Clovache hatte langsam genug von Shas Anzüglichkeiten und sagte ihm, er solle sich verpissen. Batanya lachte nur, doch sie sah, dass Amelia ganz offensichtlich schockiert war. »Tut mir leid, aber wir sind Soldatinnen und unsere Sprache ist manchmal recht derb.«
Amelias Gesichtsausdruck entspannte sich wieder und ihr gelang sogar ein Lächeln.
»Habt ihr bemerkt, dass der Wächter seine Augen gar nicht von mir lassen konnte?«, fragte Narziss und die drei Frauen stöhnten im Chor.
Batanya hockte sich auf den Boden, um den Inhalt ihrer Schüssel zu inspizieren. Sie hatten einen sehr rudimentären Plan A, den sie beim Essen noch einmal durchging.
Einen Plan B gab es nicht.
Wie es sich für einen Britling gehörte, aßen Batanya und Clovache alles auf. Woraus das Essen genau bestand, vermochte Batanya nicht zu sagen. Es war eine Art Nudeln mit Fleisch, wobei die Herkunft des Fleisches fraglich blieb. Immerhin war das Essen nicht verdorben, denn sie hatte vorher gründlich daran gerochen und auch Amelia befragt, wie sie sich nach dem Essen jeweils gefühlt habe.
»Gut«, sagte diese verwundert.
Zu guter Letzt war es an Clovache zu testen, ob dem Essen Drogen beigemischt waren. Das war immer Aufgabe des Leutnants. Die Britlinge warteten ein paar Minuten ab.
»Mir geht es gut«, sagte Clovache und beide machten sich über das Essen her. Ein großes Stück Brot lag auch noch in der Schüssel und das war richtig lecker. Gemüse gab es keines, aber das ließe sich wohl auch schwer unterirdisch anbauen, vermutete Batanya. Vielleicht war es nicht gerade das gesündeste Essen, aber immerhin würde es sie mit der nötigen Energie versorgen.
»Behalt noch ein Stück Fleisch übrig«, sagte Batanya.
Nachdem sie gegessen und sich ausgeruht hatten, begannen die beiden Britlinge zu trainieren. Amelia und Narziss zeigten sich äußerst interessiert. Amelia, weil sie von Haus aus sportlich war und sich zudem langweilte. Narziss, weil er hoffte, durch Training noch schöner zu werden. Sehr zu Batanyas Belustigung zeigte Amelia ihnen den ›Hampelmann‹. Sie liefen auf der Stelle, übten Ausfallschritte, Kniebeugen, boxten in die Luft – Amelia nannte das ›Schattenboxen‹ – und machten hundert Liegestütze (wenigstens Clovache und Batanya). Da sie nichts Besseres zu tun hatten, legten sich alle nach ein paar weiteren Übungen für ein Nickerchen hin. Die Wachen erschienen erst vier Stunden später, um abermals
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