Höllische Versuchung
Batanya stopfte ihre in die wattierte Sohle ihrer Socken und Clovache versenkte ihre Schneide in einen Ritz im Boden.
»Ab mit den Händen ins Wasser!«, wisperte Batanya und Clovache tauchte ihre Hände in den Eimer. Hoffentlich war es nicht zu spät, um die Haut zu retten.
»Die sind sich gegenseitig angegangen!«, erklärte Amelia den Wachen. Vielleicht war sie nicht die beste Schauspielerin, aber in ihrer Aufregung wirkte sie irgendwie überzeugend.
»Dass sie aufeinander losgegangen sind, habe ich noch nie erlebt«, zischte Sha. Trotzdem schien er der Sache nicht weiter auf den Grund gehen zu wollen. Schließlich waren die Gefangenen nach wie vor in ihren Zellen und unbewaffnet.
Obwohl die Hunde noch immer winselten, heilten ihre Verletzungen rasch. Narziss rief sie zu sich und streichelte ihnen über den Kopf. Dass er bislang den Mund gehalten hatte, gab Batanya Anlass zur Hoffnung. Wobei er das Geschehen aufmerksam und mit einem seltsamen Gesichtsausdruck verfolgte.
»Er denkt an etwas anderes als an sich selbst«, flüsterte Clovache Batanya zu, die nah bei den Stäben stand, um einen Blick auf die Hände der Freundin zu erhaschen. »Das kann nichts Gutes heißen.« Tränen rannen Clovache die Wangen hinunter. Das Wasserbad hatte also nicht geholfen.
»Ganz ruhig«, sagte sie. Narziss war in seine Zellenecke getreten und betrachtete interessiert Batanyas Gitterstäbe. Batanya folgte seinem Blick. Rauch stieg von den Stäben auf, nur ein klein wenig, in den trüben Lichtverhältnissen leicht zu übersehen, dennoch … Komm schon, mein Schöner, dachte sie. Lass mir diese Chance. Dafür bewundere ich dich auch, bis die Pookas wieder im Bau sind. Sie versuchte es mit einem gewinnenden Lächeln, aber es wollte ihr nicht gelingen. Lieber schüchterte sie ihn mit ihrem Blick ein, darin hatte sie Übung.
»Was machst du da, du Schlampe?«, schrie Sha. Clovache wirbelte zu ihm herum und das Wasser spritzte von ihren Händen. Ihre Haut war mit Blasen übersät. Schnell verbarg sie die Hände hinter dem Rücken und schlug die Augen nieder.
»Ich habe mir nur die Hände gewaschen, weil die Hunde sie vollgesabbert haben«, sagte Clovache. »Was gebt ihr denen eigentlich zu fressen? Rasierklingen? Warum beißen die sich gegenseitig?« Sha funkelte sie wütend an. Es stand ihm in sein schuppiges Gesicht geschrieben, dass er ihr kein Wort glaubte. Dann kam noch eine dritte Wache, eine der Staubmäuse, herbeigerollt.
Der Rauch, der von den Stäben aufstieg, wurde allmählich dichter und es war nur eine Frage der Zeit, bis die Wächter ihn bemerkten. Die Hunde bedachten Batanya und Clovache mit bösartigen Blicken, zogen aber schließlich schmollend ab. Die Wächter ließen noch eine Salve fürchterlichster Flüche und Verwünschungen auf die Gefangenen niedergehen, bevor sie ihnen folgten. Als die Tür ins Schloss fiel, war es höchste Zeit, denn mittlerweile stiegen von den mit Hundeblut beschmierten Stäben regelrechte Schwaden auf.
»Zeig mir mal deine Hände«, sagte Batanya. Leuchtend rote Blasen zogen sich über Clovaches Handflächen. Es sah so schmerzhaft aus, dass selbst Narziss mitfühlend das Gesicht verzog. (Doch nachdem er einen Blick auf seine eigenen weißen, makellosen Hände geworfen hatte, ging es ihm gleich wieder besser.)
Clovache zuckte die Achseln. »Hauptsache, wir kommen hier raus. Werden sie zurückkommen, wenn wir ordentlich Krach machen?«, fragte sie Narziss.
»Nein«, sagte der schöne junge Mann nach kurzer Bedenkpause. »Andere Gefangene schreien und betteln ununterbrochen. Eben sind die Wärter nur gekommen, weil die Hunde gejault haben, denn Luzifer hängt an seinen Hunden. Vor zwei Wochen hat ein Riese eine Stunde lang mit dem Kopf gegen die Stäbe geschlagen, bevor jemand gekommen ist.« Erwartungsvoll sah er die Britlinge an.
»Du hast dich gerade sehr klug verhalten«, sagte Batanya hastig. »Ich bin richtig stolz auf dich, dass du nichts gesagt hast. Ohne deine Hilfe hätten wir das nie geschafft.«
Vorläufig zufriedengestellt schenkte Narziss ihr ein liebreizendes Lächeln und griff nach seiner Bürste.
Die Luft in den Zellen wurde immer schlechter. Doch schon fünf Minuten später war der Spuk vorbei und die Rauchschwaden begannen sich aufzulösen. Die Luft war aber zu dick, um auszumachen, wie viel Schaden entstanden war. Batanya positionierte sich so, dass sie mit dem schweren Wassereimer den hoffentlich schwächsten Punkt der Stäbe traf. Dann trat sie dicht an die
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