Höllische Versuchung
versteckte sich ängstlich hinter Lacarres Flügeln.
»Sie würden einen guten Vampir abgeben«, sagte der Engel zu Deacon. »Ihnen würde ich sogar zutrauen, dass die Stadt noch steht, wenn ich Ihnen die Verantwortung übertrüge.«
»Ich ziehe die Jagd vor.«
Der Engel nickte. »Wie schade. Rodney, du weißt, was du zu tun hast?«
Wie ein Springteufel tauchte Rodneys Kopf hinter Lacarre auf. »Ja, Meister.« Der kindliche Wunsch zu gefallen war ihm auf die Stirn geschrieben.
»Kommen Sie, Rodney«, sagte Sara behutsam und hielt ihm ihre Hand hin. »Das letzte Mal habe ich Ihnen doch auch nicht wehgetan, oder?«
Rodney brauchte einen Moment, den Gedanken zu verarbeiten, dann kam er zu ihr und umschloss ihre Hand. »Die können mir doch nichts tun?«
»Nein.« Sie tätschelte seinen Arm. »Ich möchte nur, dass Sie sich ihre Stimmen genau anhören und mir dann sagen, wer Ihnen wehgetan hat.«
Zuerst gingen sie zu Marco. Mindy und Lacarre folgten ihnen. Einen mächtigen Engel und sein blutdurstiges Vampirliebchen im Rücken zu haben hinterließ ein mulmiges Gefühl bei Sara und sie ertrug es auch nur, weil Deacon, den fremden Vampir vor sich, die Nachhut bildete. »Marco.« Sie schlug gegen die Tür. »Ich möchte, dass du Rodney drohst, den Kopf abzuscheiden.«
Rodney sah sie entsetzt an. Sie flüsterte: »Er tut nur so.«
Kurz darauf begann Marco herumzubrüllen. Rodney rückte mit weit aufgerissenen Augen von der Tür ab und Sara rutschte das Herz in die Hose. »Ist er das?«, fragte sie, nachdem Marco verstummt war.
Rodney zitterte am ganzen Leib. »Nein, aber er ist sehr furchterregend.«
Lacarre war nicht gerade erpicht darauf, in den Keller hinabzusteigen, doch er begleitete sie trotzdem. Als Silas sich weigerte zu kooperieren, flüsterte der Engel: »Oder soll ich lieber zu dir hineinkommen für ein privates … Gespräch?« Seidig süß, dunkel wie Schokolade und scharf wie ein Stilett.
Hätte Sara jemals irgendwelche Ambitionen gehabt, ein Vampir zu werden, sie hätte sie an Ort und Stelle begraben. Nie hätte sie in der Gewalt eines Wesens sein wollen, das so viel Grausamkeit und so viel Schmerz in einen einzigen Satz legen konnte.
Zur Räson gebracht sagte Silas nun seine Drohung auf und war dabei so angsteinflößend wie ein Kuschelteddy. Gerade wollte Sara ihn ermahnen, etwas mehr Gefühl in die Worte zu legen, da drehte sich Rodney um und versuchte, über die Stufen nach oben zu entkommen. Deacon hielt ihn fest. »Schhh.«
Zu Saras Überraschung klammerte sich der Vampir wie ein kleines Kind an Deacon. »Er war es. Er ist der Böse.«
Lacarre starrte zunächst Rodney an, dann wandte er sich an Sara: »Bringen Sie diesen Silas nach oben. Ich möchte von dem Jäger hören, was geschehen ist.«
Sara hielt ihre Armbrust schussbereit, doch es war gar nicht nötig. Silas – groß, dunkel und auffällig attraktiv – folgte ihnen in seinen blutigen und zerrissenen Klamotten wie ein frommes Lamm. Dann ging sie Marco holen.
Silas funkelte seinen Exfreund wütend an. »Du mordest und schiebst mir die Schuld in die Schuhe.«
Marco starrte geradeaus und ignorierte ihn, während er seine Geschichte erzählte. Als er an den Punkt gelangte, wo er mit Silas Schluss gemacht hatte, schnappte der fremde Vampir nach Luft und rief: »Und ich habe dir geglaubt!«
»Sei still!«, schrie Silas.
Lacarre zog eine Augenbraue hoch. »Nein. Fahren Sie fort.«
»Das hat er schon einmal getan«, sagte der Vampir. »Vor drei Jahrzehnten, als ihn sein menschlicher Liebhaber wegen eines anderen Vampirs verlassen hat, hat er vier von unseresgleichen getötet.«
Sara fing seinen Blick auf. »Hatten die Opfer enge menschliche Kontakte?«
»Ja.« Seine Stimme zitterte. »Der Blutrausch hatte ihn überwältigt. Er war noch so jung … ich habe ihn gedeckt.« Offenbar stark erschüttert rang der Vampir nach Luft. »Aber damit ist jetzt Schluss.«
Mit einem Schrei sprang Silas auf und wollte sich auf ihn stürzen, aber Deacon schaltete ihn mit einem schnellen Schlag gegen die Kehle aus. Er ging zu Boden wie ein gefällter Baum.
»Wie gesagt, es ist sehr bedauerlich, dass Sie kein Vampir werden wollen. Sollten Sie jemals ihre Meinung ändern, lassen Sie es mich wissen«, sagte Lacarre leise.
Mit einem müden Lächeln sagte Deacon: »Nichts für ungut, aber ich bin lieber mein eigener Herr.«
»Ich würde Sie ja mit schönen Frauen wie Mindy locken, aber mir scheint, Ihr Entschluss steht bereits fest.« Er ging
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