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Hoellischer Verrat

Hoellischer Verrat

Titel: Hoellischer Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kira Licht
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haben Sie ja.«
    »Aber …«, setzte ich zu einer Erwiderung an, doch da hatte er schon aufgelegt. Ich schielte durch die heruntergelassenen Jalousien. Jetzt war ich wach, allerdings noch müde und das war ziemlich ärgerlich. Ich sah auf die Zeitanzeige meines Handys und rechnete aus, dass ich tatsächlich schon sieben Stunden geschlafen hatte. Das sollte ausreichen. Ich duschte, frühstückte und überlegte dann, was ich anziehen sollte für Tarsos, den gut aussehenden Protegé meines Vaters. Wieder zögerte ich. Sollte ich seiner Einladung wirklich folgen? Doch dann blickte ich mich in meiner karg eingerichteten Wohnung um und plötzlich schien mir jede Alternative willkommener, als ein einsamer Nachmittag voller Erinnerungen an eine unglückliche Liebe.
     
    Um kurz nach 15 Uhr hatte ich mich immer noch nicht entschieden, was ich nun anziehen sollte. Schlussendlich wählte ich mein neuestes und schönstes dunkelgraues Langarmshirt aus weicher Baumwolle, schlüpfte in meine modernste Lederröhre und polierte sogar die Kappen meiner schweren Stiefel ein bisschen. Als Krönung tuschte ich mir sogar die Wimpern. Ich hoffte, Tarsos würde instinktiv ahnen, dass ich das nicht für jeden tat. Ich blinzelte, weil das Zeug so klebte, war mit dem Ergebnis aber dann doch sehr zufrieden.
    Die Worte meiner Schwester erklangen in meinem Kopf: »Würdest du dich hin und wieder mal schminken, könntest du richtig hübsch sein!« Dieses Biest! Ich löschte das Licht im Bad und machte mich auf den Weg. Zum Glück hatte ich den zerknüllten Zettel aus dem Fußraum noch und die Schrift war so gut lesbar, dass ich die Adresse einfach in mein Navi eingeben und mich bis vor seine Haustür führen lassen konnte.
    Tarsos musste bereits ganz gut verdienen, denn seine Wohnung lag in einem Apartmentkomplex, weit weg von dem Standard, den ich mir leisten konnte. Es gab sogar Marmor in den Fluren!
    Meine Sohlen hinterließen unschöne schwarze Striemen auf dem hellen Boden und der Hausmeister musterte mich abschätzend aus seinem Wachhäuschen, als überlege er, ob er mich sicherheitshalber direkt wieder hinauskomplimentieren sollte. Ich drückte mit dem Zeigefinger auf die goldene Klingel, während von drinnen klassische Musik ertönte. Hoffentlich hatte er nicht noch Ingwerplätzchen gebacken und seine Großtanten dazugeladen . Ich wackelte mit den Augenbrauen und stellte mich auf einen interessanten Nachmittag ein.
    Die Musik verstummte und Tarsos öffnete die Tür. Eigentlich sah er noch besser aus, als ich ihn in Erinnerung hatte. Ich beschloss aber, diesen Umstand einfach zu ignorieren.
    »Schön Sie zu sehen, Nikka.« Aus seinem Mund klang sogar mein Name wie ein verführerisches Kosewort. Ich schluckte einen unschicklichen Gedanken hinunter und erwiderte eine höfliche Floskel. Er half mir galant aus meiner Jacke und sah dann neugierig an mir hinunter. Im Gegensatz zu meinem eher sportlichen Outfit trug er eine scharfkantig gebügelte Stoffhose, deren unaufdringliches Dunkelblau perfekt zu seinem auf Figur geschnittenen weißen Oberhemd passte. Sein Blick wanderte an mir rauf und runter und ich hoffte, er bemerkte wenigstens die polierten Spitzen meiner Stiefel.
    »Sehen Sie, dieses Outfit nehme ich Ihnen sofort ab.«
    »Wie bitte?«, hauchte ich, weil ich zuerst dachte, dass er mit »abnehmen « meinte, es mir genauso auszuziehen wie meine Jacke. Erst dann verstand ich.
    »Wie meinen Sie das?«, warf ich schnell hinterher.
    »Nun«, sagte er und hing meine ausgewaschene Jacke ordentlich auf einen ziemlich teuer aussehenden Holzbügel. »In dem Kleid, das Sie zuletzt trugen, wirkten Sie ein wenig …« Er klappte die Schranktüren zu und drehte sich wieder zu mir.
    »Verkleidet?«, soufflierte ich.
    »Das haben Sie jetzt gesagt«, meinte er und schaffte es tatsächlich, völlig ernst dabei zu bleiben. »Sie wirkten ein wenig fehl am Platz in dieser Hülle aus Glanz und wallendem Stoff.«
    »Wow, schön gesagt.« Ich nickte beeindruckt.
    »Danke.« Er deutete in meine Richtung. »Aber das, was Sie heute tragen, wirkt sehr überzeugend.«
    »Mögen Sie Lederhosen?«
    »Nicht an mir …«, sagte er und seine Stimme war eindeutig ein wenig tiefer als gerade noch. Dann bedeutete er mir, ihm zu folgen. Wir durchquerten ein großes Entree und ein weitläufiges Wohnzimmer, das männlichen Geschmack mit jeder Faser ausatmete. Dunkle, kantige Möbel, ein niedriger Opiumtisch umrahmt von einer Sitzgruppe massiver Ledercouchen, schlichte

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