Hoellischer Verrat
Einladung von Tarsos, die hatte ich total vergessen! Der Zettel trug das Datum von heute, aber warum sollte ich sie überhaupt annehmen?
Das Papier knisterte in meiner geschlossenen Faust, dann warf ich es zurück in den Fußraum. Ich hatte im Moment keinen Kopf für solcherlei Vergnügungen. Pina ging es zwar besser, doch nun war Riki verwundet und so wie es aussah, hatten die Engel alles von langer Hand geplant und sehr gut organisiert. Das beschäftigte mich gerade so sehr, dass ich keine Lust hatte, mir zu überlegen, wie ich einen äußerst attraktiven Mann beeindrucken sollte, dessen Absichten nach wie vor undurchsichtig waren.
Kapitel 6
»Tarsos«
W ieder war es zwei Wochen lang still um die Engel. Im Hauptquartier fanden nun täglich lange Konferenzen statt, in denen sämtliche Experten ausgiebig diskutierten, wie das Verhalten der Engel zu interpretieren sei und was genau wir tun könnten, um besser vorbereitet zu reagieren. Außerdem wurde auf Hochtouren an chemischen Analysen geforscht, um die Zusammensetzung der blauen Flüssigkeit herauszufinden. Es waren noch mehr Transportfahrzeuge geliefert worden und mittlerweile gab es eine gut ausgestattete Krankenstation.
Auch Riki und Pina waren dorthin verlegt worden. Während sich Pina auf dem Weg der Besserung befand und ihre Hand wohl nicht verlieren würde, stand es um Riki dramatisch schlecht. Sie bekam kaum Luft, da beide Lungenflügel verletzt waren und immer wieder ätzende Flüssigkeit aus den Adern austrat. Die Wunde hatte sich in den letzten Tagen kaum geschlossen, sodass sie kontinuierlich Blut verlor, was sie noch mehr schwächte. Das Einzige, was uns Hoffnung machte, war die Tatsache, dass auch bei ihr das dichte Geflecht der blauen Adern zurückzugehen schien.
Auch Vater war wohl mit der neuen Bedrohung durch die Engel beruflich so beschäftigt, dass mittlerweile mehrere Wochen ohne eines der berühmten » Kuppelabendessen « meiner Eltern verstrichen waren - ein Umstand, an den ich mich glatt hätte gewöhnen können.
Das Einzige, was wirklich nervte, war die Tatsache, dass wir von jetzt auf gleich mal wieder überhaupt nichts zu tun hatten. Die Engel waren erneut abgetaucht und keine unserer Kameras konnte ein Lebenszeichen von ihnen einfangen. Die Simulationskammern waren überfüllt und in den Aufenthaltsräumen begannen sich die Kollegen langsam , aber sicher , auf die Nerven zu gehen. Obwohl wir den größten Teil der Zeit nur herumsaßen und uns kaum bewegten, war ich nach Schichtende so müde, dass ich den größten Teil des Tages verschlief.
Als ich an diesem Morgen völlig fertig von der Arbeit nach Hause kam, schaffte ich es nur mit Mühe, mir meine schweren Stiefel von den Füßen zu schieben. Ich lag kaum, da war ich schon eingeschlafen.
Mitten in einer Tiefschlafphase klingelte mein Handy. Benommen riss ich die Augen auf und sah auf das blinkende Display. Die Nummer war mir gänzlich unbekannt. Ich drückte den grünen Knopf und statt einer Begrüßung atmete ich nur genervt aus.
»Sie haben meine Einladung ignoriert, war das Absicht ?«
Sofort saß ich kerzengrade im Bett. »Woher haben Sie diese Nummer?«
Tarsos gab ein Geräusch von sich, das vermuten ließ, dass er gerade lächelte, sollte er überhaupt dazu fähig sein.
»Von Ihrer Mutter natürlich.«
Na, da hatte Mutter sich aber bestimmt sehr gefreut, dass Tarsos extra bei ihr angerufen hatte, um diese herauszufinden. »Ich werde ein ernstes Wort mit ihr reden müssen.«
»Tun Sie das. Habe ich Sie bei irgendetwas gestört?«
»Ich schlafe gerade«, sagte ich, ohne zuvor auf die Uhr zu sehen. Vermutlich war es bereits Mittag. »Weil …«, begann ich hektisch, als mir auffiel, dass ich offiziell nicht arbeitete. Was sollte er nun von mir denken?
Tarsos jedoch schien es nicht komisch vorzukommen.
»Was halten Sie davon, wenn wir uns einfach spontan heute treffen? Schaffen Sie halb vier oder brauchen Sie noch etwas Zeit?«
»Ich weiß nicht«, entgegnete ich, weil ich nicht wusste, wie viel Uhr wir hatten und es fraglich war, ob ich mich überhaupt mit ihm treffen wollte . »Wir haben gerade andere Dinge im Kopf«, plapperte ich ausweichend und ritt mich immer tiefer hinein.
»Wir … soso«, erwiderte Tarsos.
»Ich«, korrigierte ich mich hastig. »Ich meinte natürlich ich!« Das Leben wurde einem wirklich verkompliziert, wenn man nicht über seine Arbeit reden durfte!
»Was auch immer. Ich bin den ganzen Nachmittag zu Hause. Meine Adresse
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