Hoellischer Verrat
weißt, meine Wohnung ist nur unmerklich größer als deine. Da bekommen wir dein Zeug nicht unter.«
»Ich weiß … aber danke für dein liebes Angebot.«
»Also heißt es dann vermutlich wieder ‚ home sweet home ‘ bei Vati und Mutti?« Yaris grinste frech.
Ich verdrehte die Augen und warf ihr einen leidenden Blick zu. »Bitte nicht. Dann werden sie mich nie wieder ausziehen lassen, selbst wenn ich noch mal das Glück haben sollte, so eine günstige Wohnung zu bekommen.«
Yaris zeigte auf eine Telefonnummer auf dem Schriftstück. »Ruf doch dort mal an, vielleicht kann man dir Genaueres sagen.«
»Ja, das werde ich machen. Und ich werde Tarsos fragen, was er dazu meint. Ich glaube, es gibt nichts, mit dem er sich nicht auskennt.«
»Na, wir sind ihm ja schon ganz schön verfallen.« Yaris lächelte. Ich grinste leicht ertappt, bemühte mich aber schnell wieder um einen neutralen Gesichtsausdruck, als das Geräusch schwerer Stiefel näher kam .
»Alles klar?«, fragte Mik und musterte mich interessiert von oben bis unten.
»Guten Abend«, erwiderte ich.
»Siehst gut aus«, sagte er. »Nach den Wochen, in denen du wie eine lebende Leiche herumgeirrt bist, ist das echt mal ’ne positive Abwechslung.«
Ich blickte vielsagend zu Yaris, die sich nur mühsam ein Lachen verkniff. »Danke, Mik.« Ich zwang mich zu einem freundschaftlichen Lächeln. »Das ist lieb von dir.«
»Kein Problem.« Er drehte sich zu Yaris und stemmte unternehmungslustig die Hände in die Hüften. »Und, was sagen die Engel? Dürfen wir ihnen heute Nacht endlich das Fell über die Ohren ziehen?«
Yaris lachte, dann schob sie einen Stapel Papiere ordentlich zusammen. »Tut mir leid, Mik, so gut sind meine Kontakte zum Feind leider nicht.«
»Aber mir ist so langweilig.« Miks anklagender Tonfall klang trotzig, fast kindisch, und nun mussten wir beide über ihn lachen.
»Ja, macht euch nur lustig«, brummte er und trat den Rückzug an. »Schon bald werdet ihr mir zustimmen!«
Ich sah ihm nach, wie er mit großen Schritten zurück zu seinem Platz ging. »Vermutlich hat er recht.«
»Ich habe ein ungutes Gefühl.« Yaris pikte mit ihrem schmalen Zeigefinger auf eine Stelle knapp neben ihrem Herzen. »Es sitzt genau dort und sticht.« Sie schluckte hart und um ihren herzförmigen Mund lag ein besorgter Zug. »Und das war noch nie ein gutes Zeichen.«
»Glaubst du, sie planen einen weiteren Angriff?«
»Wenn Hento recht hat mit der Vermutung, dass sie ihre neue Waffe an uns testen wollten, könnte es natürlich sein, dass die Tatsache, uns immer noch nicht töten zu können, sie veranlasst, die Füße stillzuhalten. Aber eigentlich glaube ich nicht, dass sie so schnell aufgeben.«
»Das kann ich mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen. Selbst wenn es ihnen nicht gelingt, uns zu töten, so haben sie doch mitbekommen, wie schwer sie uns verwunden können. Vielleicht reicht das schon, um ihren Kampfgeist wieder anzufachen.«
»Aber warum rühren sie sich dann nicht? Sie könnten uns jeden Tag, jede Nacht die Hölle heißmachen. Stattdessen verschwinden sie von der Bildfläche, als hätte es sie nie gegeben. Warum?«
»Vielleicht wollen sie genau das, was sie bereits erreicht haben: Verunsicherung. Wir alle fragen uns doch jedes Mal, wenn wir zur Arbeit kommen, warum die Engel sich nicht zeigen und was sie als Nächstes planen. Du siehst doch, wie durcheinander alle hier sind.«
Yaris nickte langsam. »Oder sie warten einfach eine Weile ab, um herauszufinden, ob die Verwundeten ihre Verletzungen überleben. Und mal ehrlich, so wie es um Riki steht, hätte man durchaus Anlass genug, sich ernsthafte Sorgen um sie zu machen. Die Wunde schließt sich einfach nicht und Luft bekommt sie auch kaum.« Sie sieht fragend zu mir hoch. »Wie geht es eigentlich deinem Arm?«
»Gut. Die blauen Adern sind zum Glück auch endlich komplett verschwunden.«
»Das macht ja Hoffnung.«
»Aber es hat verdammt lange gedauert, dafür dass es im Vergleich zu Rikis und Pinas Verletzungen eine eher kleine Wunde war .«
»Ich weiß …« Sie seufzte und erhob sich hinter ihrem Schreibtisch. »Setzen wir uns ein wenig zu unseren Kollegen. Mein Gefühl sagt mir, dass es eine genauso ereignislose Nacht wird wie die gestrige.«
Kapitel 8
»Schlüsselszene«
Y aris hatte natürlich recht behalten. Miks Langeweile verwandelte sich so langsam in Gereiztheit, was uns allen ziemlich auf die Nerven ging. Schließlich hatte ich mich bereit
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