Hör mal, Oma! Ich erzähle Dir eine Geschichte vom Advent (German Edition)
Wassertropfen, die langsam die Fensterscheibe herab rinnen.
"Danke, Wunderstern!", ruft ihm die kleine Oma hinterher. Dann eilt sie in den Speicher, um den Weihnachtsschmuck zu holen. Viel hat sie heute zu tun: Tannenzweige kaufen, das Fenster schmücken, einen Adventskranz binden und backen. Wie jedes Jahr nämlich will sie die Kinder aus der Straße zum Plätzchen essen, Tee trinken und Geschichten erzählen einladen. Die kleine Oma freut sich darauf, und während sie ihre Vorbereitungen trifft, denkt sie sich neue Geschichten aus, die sie den Kindern in den nächsten Tagen bis Weihnachten erzählen wird.
Ein kleines Wunder
In der Adventszeit, hat Opa erzählt, gibt es viele schöne Dinge. Alles ist sehr geheimnisvoll, und manchmal geschieht sogar ein kleines Wunder.
Das hat die Neugierde von Pia und Pit geweckt.
„Ein kleines Wunder?“, haben sie gefragt.
Opa hat nur genickt und geheimnisvoll „Lasst euch überraschen!“ gesagt.
Pia und Pit sind nun sehr neugierig geworden. Noch lange vor dem Einschlafen haben sie über dieses kleine Wunder nachgedacht.
Am nächsten Tag gehen die Geschwister mit Oma in den Garten. Sie pflücken Kirschzweige. Hässliche, kahle, braune Kirschzweige.
„Heute ist nämlich Barbaratag“, sagt Oma, „und zu Ehren der heiligen Barbara pflückt man einen Strauß Zweige und stellt ihn in die Vase ins warme Zimmer.“
„Das ist aber ein langweiliger Strauß“, murrt Pit, und Pia sagt traurig: „Die arme Barbara!“
Oma lächelt. „Bald“, sagt sie, „werdet ihr mit diesen Zweigen ein kleines Wunder erleben. Ihr werdet es sehen!“
Pia und Pit sind nun noch neugieriger geworden, doch Oma lächelt nur wieder so seltsam. Sie schließt die Augen und sagt mit leiser Stimme das Gedicht vom Winter-Weihnachts-Wunder auf:
Barbara-Gedicht
Mit einem Kirschzweig,
bei Kälte gepflückt,
hast du dir einmal
dein Zimmer geschmückt.
An einem Kirschzweig
blüht´s kirschblütenweiß
am Weihnachtstage
trotz Schnee und trotz Eis.
Mit einem Kirschzweig
- hast du´s gesehn? -
kann tief im Winter
ein Wunder geschehn.
Ein seltsamer Wunsch an den Nikolaus
Heute ist Nikolaustag, und Emil ist sauer. Papa ist nämlich immer noch nicht nach Hause gekommen. Dabei hat er fest versprochen, pünktlich zu sein. Aber Papa hat ja nie Zeit für Emil! Meist sitzt er am Computer oder liest oder er ist müde. Emil aber würde so gerne mit Papa spielen, kicken und all die anderen Dinge tun, die seine Freunde mit ihren Vätern unternehmen. "Bald wird alles anders", hat Papa versprochen, doch Emil wartet noch immer auf dieses ´Bald-wird-alles-anders!´ Und nun ist Papa nicht einmal heute da!
"Er kommt bestimmt gleich", tröstet Mama, doch Emil glaubt ihr nicht.
"Das sagst du immer", schimpft er.
Da poltert es auch schon im Flur, und der Nikolaus schlurft herein. Er hat einen dick gefüllten Gabensack dabei und ist sehr nett. Emil aber ist nicht nett zum Nikolaus. Er sagt kein Gedicht auf und er singt ihm auch kein Lied vor.
Der Nikolaus blickt ein wenig betrübt drein. "Schade", sagt er und öffnet seinen Sack. "Aber deine Geschenke magst du doch haben, oder?"
"Nein", sagt Emil zu dem Nikolaus, der Papas Stimme und Papas Lächeln hat. "Was ich mir wünsche, hast du bestimmt nicht in deinem Sack."
"So?" Der Nikolaus spielt nervös an seinem Lockenbart herum. "Was wünschst du dir denn?", fragt er.
"Einen anderen Papa", sagt Emil mit fester Stimme. "Einen, der Zeit für mich hat."
Mama kriegt einen gehörigen Schreck, und auch der Nikolaus zuckt zusammen. Seine roten Apfelbäckchen sind ganz blass geworden.
"Du möchtest einen anderen Papa haben?", fragt er schließlich. "Was für ein seltsamer Wunsch!"
Emil nickt, und Tränen laufen über seine Backen. "Ein Papa, der Zeit für mich hat..."
Emil schweigt. Der Nikolaus schweigt, und auch Mama sagt nichts.
"Du kannst Papa doch nicht einfach umtauschen!", sagt Mama endlich.
Der Nikolaus aber klopft Emil auf die Schultern. "Du hast recht", sagt er. "Ein Papa muss Zeit für seine Kinder haben. Tja, wie kann ich dir helfen? Und wird dein Papa nicht traurig sein, wenn du ihn einfach so umtauschst?"
"Traurig?", fragt Emil erschrocken.
Der Nikolaus nickt. "Bestimmt. Ich kann ja mal mit deinem Papa sprechen? Vielleicht hat er dann ja doch ein bisschen mehr Zeit für dich."
Emil denkt nach. "Nein", sagt er, "ich sag´s ihm selber." Er schielt zu dem Sack. "Krieg ich jetzt trotzdem meine Geschenke, Nikolaus?"
Die Sache mit der
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