Hoffnung am Horizont (German Edition)
Aufmerksamkeit in ihrem Blick, als sie ihn betrachtete.
Die junge Frau kehrte kurze Zeit später mit ihrem Essen zurück. Sie stellte zuerst Annabelle ihren Teller hin und dann Matthew. „Ich habe nachgefragt, Sir. Der Wagentreck, nach dem Sie sich erkundigt haben, ist vorgestern hier durchgezogen.“
Matthew bedankte sich und zwinkerte Annabelle dann zu. „Wir treffen morgen auf den Treck. Versprochen. Rechtzeitig für die Feier.“
Sie unterhielten sich gemütlich und genossen ihr Essen. Eine Stunde später schlenderten sie zu ihrem Wagen zurück. Die Geschäfte, an denen sie auf dem Gehweg vorbeikamen, waren geschlossen, aber auf den Straßen herrschte trotzdem ein reger Verkehr.
Der Gedanke, dass sie in ein paar Wochen Johnnys Ranch erreichen würden und er Annabelle dort zurücklassen müsste, gefiel ihm überhaupt nicht. Aber in den letzten Tagen waren ihm einige Dinge klar geworden: Er wollte nicht für den Rest seines Lebens weglaufen und sich ängstlich umsehen müssen, ob er verfolgt wurde. Und er musste den letzten Wunsch seines Bruders respektieren. Johnny hatte Annabelle ein neues Leben schenken wollen. Er hatte diesen Weg begonnen, und Matthew würde ihn zu Ende bringen. Johnny hatte an jenem Abend in der Hütte recht gehabt. Matthew hatte den größten Teil seines Lebens damit verbracht wegzulaufen, und es wurde höchste Zeit, dass er etwas zu Ende führte. Zuerst würde er dafür sorgen, dass Annabelle sicher auf der Ranch ankam. Dann würde er sich dem stellen, was er in San Antonio getan hatte.
Das Zweite würde sich allerdings als viel schwerer und teurer erweisen als das Erste.
„Matthew …“
Er fühlte ihre Berührung auf seinem Arm und drehte sich um.
Annabelles Gesicht war kreidebleich geworden. Sie schien keine Luft mehr zu bekommen.
Er legte den Arm um sie, und sein erster Gedanke galt ihrem Kind. „Ist es das Baby?“
Sie schüttelte schnell und heftig den Kopf und hatte den Blick auf etwas in der Ferne gerichtet.
„Sag mir, was ich tun soll, Annabelle!“
Sie schüttelte wieder den Kopf, ergriff seine Hand und drückte sie fest. „Dreh dich ganz langsam um und schau über die Straße.“
Er starrte sie einen Moment lang verständnislos an, dann tat er schließlich, was sie sagte. Er suchte die Straße ab und ließ seinen Blick über die Wagen und Einspänner, über die Fußgänger auf dem Gehweg und die Leute, die die Straße überquerten, schweifen.
Er zuckte mit den Achseln, als er nichts Auffälliges bemerkte.
Sie drückte seine Hand noch fester. „Dort! Sie gehen gerade vor dem Mietstall vorbei.“
Endlich entdeckte er sie.
Eine kleine, dunkelhaarige Frau, die neben einem Mann herging. Viel zu nahe. Der Mann hatte sie am Arm ergriffen. Sie stolperte. Der Mann hielt sie fest, aber in seiner Geste lag keine Fürsorge, keine Zärtlichkeit. Die Frau war so klein, aber sie strahlte eine stille Würde aus, während ihre schwarzen Haare glatt und lang über ihren Rücken fielen.
Matthews Puls überschlug sich fast. Er trat einen Schritt vor. Annabelle hielt ihn mit ihrer Hand auf seinem Arm zurück und er hörte, wie sie zitternd einatmete. Gemeinsam schauten sie zu, wie der Mann und die Frau in einem einstöckigen grauen Schindelgebäude am anderen Ende der Straße verschwanden.
Kapitel 30
A nnabelle stand in der dunklen Gasse und beobachtete das graue Schindelgebäude auf der anderen Seite. Sie war dankbar, dass Matthew bei ihr war. Die Spielhalle war inzwischen zum Bersten voll. Es war schon nach Mitternacht, und das Lachen, begleitet von den betrunkenen Stimmen, die unanständige Lieder sangen, war noch zwei Straßen weiter zu hören. Auf einen ahnungslosen Passanten wirkten die warmen Lichter und Stimmen, die aus der Halle nach außen drangen, vielleicht wie eine angenehme Einladung. Aber Annabelle wusste es besser.
Obwohl sie Matthews Gesicht im Dunkeln nicht ausmachen konnte, spürte sie sein Unbehagen. „Bist du sicher, dass du keine weiteren Fragen mehr hast?“
„Ich habe nur noch höchstens hundert Fragen.“ Er lachte leise. „Die wichtigste Frage ist: Steht da drinnen wieder ein riesiger Barkeeper, der nur darauf wartet, ein wenig mit mir zu plaudern?“
Sie legte eine Hand auf seinen Arm. Er drückte sie beruhigend. „Danke, dass du das machst, Matthew. Für mich … und für Sadie.“
„Johnny müsste jetzt hier sein und mich sehen. Nachdem ich ihm so oft Vorwürfe gemacht habe, weil er in solche Häuser ging.“ Er lachte leise.
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