Hoffnung am Horizont (German Edition)
Abfallen des kargen Landes sah überall gleich aus …
Sie saß wieder neben Matthew auf dem Kutschbock, als sie plötzlich etwas in der Ferne entdeckte. Es stand wie ein vergessenes Denkmal allein und verlassen in der Prärie. Als sie erkannte, was es war, sog sie überrascht die Luft ein.
Sie beugte sich vor, als der Wagen in die Nähe des Gegenstandes kam. „Matthew! Halten Sie bitte den Wagen an.“
Er machte keine Anstalten, ihrer Bitte nachzukommen. „Das ist nur irgendein Zeug, das jemand zurückgelassen hat. Nichts, das wir brauchen.“
„Ich habe Sie gebeten, den Wagen anzuhalten, Mr Taylor!“ Sie sah ihn an. Ungeduld und Freude rangen in ihr. „Bitte“, fügte sie noch einmal hinzu, dieses Mal etwas bestimmter.
Matthew bedachte sie mit einem finsteren Blick, dann tat er, was sie wollte, und zog abrupt an den Zügeln. Sein plötzliches Abbremsen warf sie auf dem Sitz nach hinten und sie spürte seine Genugtuung.
Annabelle war jedoch zu begeistert, um sich von seiner schlechten Laune diesen Moment verderben zu lassen, stieg aus dem Wagen und ging zu der bekannten Pinienkommode. Wie hatte sie nur vergessen können, unterwegs nach ihr Ausschau zu halten? Sie fuhr mit der Hand über die Oberseite und konnte kaum glauben, dass sie noch da war. Eine Schmutzspur blieb auf ihrer Hand zurück. Sie lächelte und wischte sich die Hand ab.
„Wir haben keinen Platz, um noch etwas mitzunehmen. Wir sind ohnehin schon bis zum Rand beladen.“
Ohne seine Stimme zu beachten, untersuchte sie den Zustand der Kommode. Die zweite Schublade fehlte, aber abgesehen davon, dass sie kräftig geschrubbt werden musste, was Annabelle über sich selbst auch hätte sagen können, war die Kommode in einem guten Zustand. Sie warf einen Blick auf die paar Kisten, die sie hier hatte zurücklassen müssen und stellte fest, dass sie leer waren. Die Reste eines Lagerfeuers in der Nähe verrieten, wo die fehlende Schublade abgeblieben war. Abdrücke von Tierpfoten übersäten den Platz.
Obwohl sie sich Matthews Reaktion gut vorstellen konnte, begann Annabelle, die leeren Schubladen herauszuziehen. „Würden Sie bitte absteigen und mir helfen?“
„Das ist nicht Ihr Ernst …“
„Sehe ich so aus, als würde ich scherzen, Mr Taylor?“ Sie hievte eine der solide gebauten Schubladen hoch und lud sie hinten auf den Wagen, achtete aber wegen ihrer Schwangerschaft darauf, sich nicht zu übernehmen. Als sie zurückging, stellte sie fest, dass Matthew sich nicht vom Fleck gerührt hatte. „Sie vergeuden unsere Zeit, Mr Taylor.“ Sie bemühte sich um einen freundlicheren Ton. „Und wie man so schön sagt: Zeit ist Geld.“
„Wie viel Geld eine Stunde kostet, wissen Sie ja am besten, nicht wahr, Madam?“
Annabelle blieb mit dem Rücken zu ihm abrupt stehen. Darum ging es also bei seinem eisigen Schweigen. Darum, was sie in ihrem früheren Leben gemacht hatte. Sie drehte sich um. Matthews Blick, sein vorgeschobenes Kinn … alles an ihm verriet, dass er auf einen Streit aus war. Aber sie wusste, wie sie ihm seine Streitlust schnell vertreiben konnte. Und es würde ihr ohne ein einziges hasserfülltes Wort gelingen.
„Mein Mann … Ihr Bruder, Jonathan …“ Sie brach ab, als sie bei der Erwähnung von Jonathans Namen plötzlich schwer schlucken musste. Selbst der Wind schien einen Moment stillzustehen und darauf zu warten, was sie sagen wollte. Ihr Herz schlug schneller, aber ihre Stimme blieb ruhig. „Er hat mir diese Kommode als Hochzeitsgeschenk gebaut, und ich werde sie hier nicht zum zweiten Mal stehen lassen.“
Matthew öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich dann aber offenbar anders. Sein Blick wanderte zu dem Möbelstück hinter ihr, und allmählich verschwand die Wut aus seinem Gesicht. Sie konnte an den verschiedenen Gefühlsregungen, die über sein Gesicht zogen, fast seine Gedanken ablesen. Das war der Ort, an dem sein älterer Bruder so krank und schwach geworden war, dass er sich in den Wagen hatte legen müssen und gestorben war. Deshalb waren diese Sachen hier ausgeladen worden.
Einige Momente vergingen. Keiner von ihnen sprach ein Wort.
Matthew richtete seinen Blick zum westlichen Horizont, wo die Berge in rötliches Grau getaucht waren und die Sonne langsam hinter den schneebedeckten Gipfeln verschwand. Vielleicht spürte er in diesem Moment auch das, was sie vor einigen Minuten gefühlt hatte.
Er legte die Bremse ein und stieg ab. „Wir schlagen hier unser Nachtlager auf.“ Seine
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