Hoffnung am Horizont (German Edition)
gemeint. Ich …“
„Ich weiß, Matthew. Ich weiß.“
Im schwachen Licht der Straßenlaterne, die mit Petroleum brannte, konnte sie nichts anderes erkennen als sein starkes Bedauern. „Bist du sicher, dass du nicht verletzt bist?“ Er schaute ihr fragend ins Gesicht.
Seine Zerknirschtheit ließ sie schmunzeln. Sie hatte eine Entschuldigung erwartet, aber so etwas nicht. Sie lachte schnell, um seine Schuldgefühle abzumildern. „Matthew, das war nichts. Ich habe schon viel Schlimmeres erlebt. Glaube mir.“ Mit diesen Worten wollte sie sein Gewissen beruhigen. Aber sie hatten genau die gegenteilige Wirkung.
Mit einem Seufzen beugte er sich langsam vor, bis seine Stirn an ihrer lag. Seine Hände bewegten sich an ihren Armen nach oben und blieben auf ihren Schultern liegen. Sein Atem war warm auf ihrem Gesicht. Er schloss die Augen, aber Annabelle wagte es nicht, ebenfalls die Augen zu schließen. Sie bewegte sich keinen Millimeter. Ihre Körper berührten sich nicht, aber sie standen sich zu nahe. Nichts an dieser Situation war unanständig. Er dachte sich nichts dabei. Das wusste sie. Aber sie war sich in ihrem ganzen Leben noch nie so stark der Nähe eines anderen Menschen bewusst gewesen.
Da ihre Reaktion sie beunruhigte, wich sie leicht von ihm zurück.
Seine Stirn legte sich in Falten. „Warte hier.“ Er verschwand um die Ecke und kam eine Minute später mit einem triefnassen Taschentuch in der Hand zurück. Er wrang das Tuch aus und hob ihr Kinn hoch.
Erst jetzt fiel ihr das Blut ein, das der Barkeeper ihr ins Gesicht geschmiert hatte. Während Matthew daranging, es abzuwischen, tauchte ein Bild vor ihrem geistigen Auge auf: Sie sah wieder seine Reaktion, als er sie im Hinterzimmer gefunden hatte.
„Ich muss dir erklären, was du heute Abend gesehen hast. Als du ins Zimmer kamst … es war nicht so, wie …“
„Ich weiß“, flüsterte er.
„Aber der Blick in deinen …“
Er hielt eine Hand hoch. „Ich habe gesagt, ich weiß. Der Barkeeper hat mir erklärt, was du dort getan hast … als er mich am Hals packte und an die Wand drückte.“ Ein schiefes Lächeln zog über sein Gesicht. „Er war sehr überzeugend!“
Annabelle konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. „Wenn ich nicht gewusst hätte, dass er auf unserer Seite steht, hätte ich mir ein wenig mehr Sorgen um dich gemacht.“
Matthew setzte eine gespielt verletzte Miene auf, dann wurde er wieder ernst. „Ich bin dir heute in die Stadt gefolgt in der Überzeugung, dich in einer kompromittierenden Situation zu erwischen.“ Er sah zu Boden. „Teilweise hoffte ich sogar, dass ich dich dabei ertappen würde, damit ich ein für alle Mal den Beweis hätte, dass du dich nicht geändert hast. Dass die Carlsons, Kathryn … dass sie sich alle in dir getäuscht haben. Und dass ich recht hatte.“
Es war unverkennbar, dass ihm diese Entschuldigung, auch wenn er sie dieses Mal ehrlich meinte, nicht leicht über die Lippen kam. In seinem Gesicht zeigten sich immer noch Zweifel, die ihr verrieten, dass er noch nicht vollkommen überzeugt war.
Sie antwortete ihm mit einem Nicken. Seine Ehrlichkeit überraschte sie nicht. Er war früher schon schmerzlich ehrlich zu ihr gewesen. Aber seine Demut war etwas völlig Neues. Das war eine Seite von Matthew Taylor, die sie bis jetzt nicht gesehen hatte.
Er wischte wieder sanft ihre Wange ab. „Und dann muss ich mich freikämpfen, um von dort wieder herauszukommen und deine Sicherheit zu gewährleisten …“ Er schüttelte den Kopf und verzog vielsagend den Mund. „Und das ist der Dank dafür.“
Sie berührte vorsichtig ihr Kinn. „Das war eine sehr unkonventionelle Art, die Sicherheit einer Frau zu gewährleisten, wenn ich das so sagen darf.“
Seine Hand erstarrte, und sie bereute es sofort, dass sie das angesprochen hatte. Ihr Gesicht begann zu glühen.
„Ich habe noch nie im Leben eine Frau geschlagen, Annabelle.“
„Ich weiß, Matthew … das habe ich gemerkt.“ Sie meinte das völlig ernst, aber als er grinste, grinste sie auch. Matthew hatte sich sehr zurückgehalten, als er sie geschlagen hatte. Genauso wie der Barkeeper mit seinen Angriffen gegen Matthew. Seine Arme und Schultern mit den Muskeln von jahrelanger harter Arbeit wären imstande gewesen, Matthew einen weitaus kräftigeren Schlag zu verpassen.
„Ich verspreche dir“, flüsterte er, „dass ich das nie wieder tun werde.“ Ein Funkeln trat in seine Augen, als er die Worte wiederholte, die sie vor wenigen
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