Hoffnung am Horizont
Idiot! Oder warum, meinst du, macht er hier so
eine Szene?“
„Ich habe keine Ahnung.
Ich hatte nicht das Gefühl, dass er mich gerade sonderlich gut leiden kann. Von
verknallt ist der ganz weit entfernt!“
„Falsch Süße, ganz falsch.
Gabe ist eifersüchtig, deshalb rastet er so aus. Wahrscheinlich weiß er selbst
nicht einmal, was er für dich empfindet, aber er denkt wirklich, wir hätten was
miteinander und damit kann der Gute gar nicht umgehen.“
Nachdenklich sehe ich
Chris an, der noch immer lacht. Hm, ich habe keinerlei Erfahrung mit
eifersüchtigen Männern. Aber wenn das tatsächlich so ist…? Nein, Jules, mach
dir keine Hoffnungen.
„Er hat deutlich gesagt,
dass er nur eine Affäre will und da mache ich nicht mit. Ich werde ihn mir
einfach aus dem Kopf schlagen und vergessen.“
Chris wird plötzlich
wieder erst.
„Du kannst ihn nicht
vergessen, ihr werdet euch immer wieder über den Weg laufen. Ich kann ja
verstehen, dass dir eine Affäre zu wenig ist, aber du musst dich mit ihm
aussprechen, ansonsten weiß Annie sofort Bescheid, dass zwischen euch etwas
vorgefallen ist.“
Ich antworte nicht, ich
weiß ja, dass er Recht hat, aber ich kann ihn jetzt auch nicht einfach anrufen.
Ich glaube, da muss ich noch einmal in Ruhe überlegen. Nach einer letzten Runde
mit Walton verabschiedet Chris sich, er hat noch eine lange Fahrt vor sich. Ab
jetzt bin ich auf mich allein gestellt, aber das macht nichts.
Mein Knie wird täglich
besser und ich kann endlich wieder nach draußen. Ich gehe langsam und
vorsichtig mit Walton und drehe erst einmal nur kleine Runden, aber nach einer
Woche kann ich schon wieder ganz ohne Krücken gehen und nach einer weiteren
beschließe ich, demnächst wieder vorsichtig mit dem Joggen anzufangen. Der
Unfall ist jetzt drei Wochen her und ich habe Gabe seit dem Sonntag in meiner
Wohnung nicht wieder gesehen, als er eines Nachmittags plötzlich am Strand vor
mir steht. Langsam gehe ich auf ihn zu. So ein Mist, ich dachte wirklich, ich
wäre wenigstens ein bisschen über ihn hinweg. Aber nein…! Er sieht verändert
aus, bilde ich mir ein. Der sonst übliche Drei-Tage-Bart ist ausnahmsweise
abrasiert, so habe ich ihn bisher nur einmal, auf Annies und Colins Hochzeit,
gesehen. Die Haare sind ein bisschen kürzer, reichen aber noch immer bis unter
die Ohren. Ist er schmaler geworden? Ich weiß es nicht, aber er ist unverändert
umwerfend und ich fühle bei seinem Anblick sofort die mittlerweile vertrauten
Schmetterlinge in meinem Bauch tanzen. Ich weiß, ich muss mit ihm reden und
vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen. Ich kann das Gespräch
auch nicht länger aufschieben, Annie und Colin kommen in wenigen Tagen wieder.
Ich bemühe mich um ein Lächeln, als ich ihn anspreche.
„Hey Gabe. Wie geht es
dir?“
Er sieht heute tatsächlich
freundlich aus und lächelt mich an.
„Gut. Was macht dein
Knie?“
„Wieder heile. Nächste
Woche wollte ich wieder mit dem Joggen anfangen.“
Er mustert mich von oben
bis unten, sein Blick bleibt an meinen Haaren hängen. Für ihn hatte ich sie
offen gelassen, aber seitdem er gegangen ist, trage ich wieder den üblichen festen
Knoten.
„Du siehst gut aus, Jules.
Naja, bis auf die Haare…“, scherzt er.
Okay! Ich hole tief Luft
und frage ihn einfach.
„Können wir irgendwo
hingehen und reden?“
Er sieht mich
durchdringend an und nickt dann.
„Lass uns doch etwas
trinken gehen. Oben am Hafen in einer der Bars.“
Befangen machen wir uns
auf den Weg. Nur Walton hat keine Probleme, freudig läuft er neben seinem
geliebten Gabe her und buhlt um seine Aufmerksamkeit. Gabe führt mich in ein
kleines Lokal, direkt an der Promenade. Ich war vorher noch nie hier, aber es
sieht gemütlich aus. Ein dunkler Holztresen nimmt den Großteil des Raumes ein
und zieht sich über die komplette lange Wand gegenüber der Tür. Passende
Holztische und Stühle mit leuchtend rot gepolsterten Sitzflächen werden durch
halbhohe Stellwände zu einzelnen Sitzgruppen getrennt und verleihen dem Ganzen
einen Eindruck von Intimität. Durch die cremefarbenen Wände und vielen Pflanzen
wirkt der Raum freundlich und hell. Gabe scheint schon häufiger hier gewesen zu
sein, denn der Barkeeper erkennt ihn sofort.
„Hey, Jackson. Das
Übliche?“
„Ja, danke Marc.“
„Und die Dame?“
Damit meint er wohl mich,
zumindest sieht er mich, freundlich lächelnd, auffordernd an und wartet auf
meine Bestellung.
„Äh, eine Cola?“
„Kommt
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