HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
angeboten herzukommen. Ich wollte mich selbst überzeugen, wie es dir geht. Ich hätte wissen müssen, dass du so streitsüchtig bist wie immer.“
Hugo verdrehte die Augen gen Himmel und wandte sich dann an Sir Edward. „Kein Wunder, dass ich das bin, Sir. In den letzten Jahren haben John und ich alles getan, um diesen Nichtsnutz von einem Bruder zu zähmen. Spielen, Trinken …“ Er hielt inne. Dergleichen diskutierte man nicht in Anwesenheit unverheirateter Damen.
Emma brach das Schweigen. „Möchten Sie mitkommen und unsere Gäste begrüßen, Mr. Stratton? Oben gibt es Erfrischungen – vorausgesetzt natürlich, Sie haben Zeit.“
Hugo unterdrückte ein Lachen. „Ich bin sicher, dass er die hat, Madam, egal wie früh er in London sein soll. Er schien noch nie viel Schlaf zu benötigen.“
Kit warf seinem Bruder einen missbilligenden Blick zu, doch Emma bemerkte, dass dieser nicht reagierte. Hugo war wirklich geschickt im Umgang mit schwierigen jungen Männern.
Emma betrat den Salon mit Kit und ihrem Vater. Sie wusste, dass Hugo es hassen würde, wenn sie zusah, wie langsam er die Treppen hinaufstieg. Trotzdem blieb sie bei der Tür stehen. Ihre Anwesenheit war nicht sofort erforderlich. Ihr Vater würde die Vorstellung übernehmen. Sie entschloss sich, Hugo entgegenzugehen, der gerade die Galerie erreicht hatte.
„Ihr Bruder wird zweifellos Eindruck machen“, sagte sie kurz.
„Das ist zu erwarten“, erwiderte Hugo leise. „Kit ist überall willkommen, wohin er auch kommt.“
Emma hatte das Gefühl, Hugo wolle noch etwas hinzufügen, aber das tat er nicht. Immerhin hatte er seinen Bruder einen Nichtsnutz genannt. War etwas an diesem schönen Gentleman, für das man sich schämen musste? Das würde sie selbst herausfinden müssen. Hugo würde es ihr gewiss nicht sagen.
„Ich wollte gerade Anweisung geben, das Essen servieren zu lassen, Major. Gewiss wird Ihr Bruder eine Stärkung begrüßen, nach der Reise. Und Sie vielleicht ebenfalls?“
„Sie sind sehr freundlich, Madam“, erwiderte Hugo und hielt an der Tür inne. Emma tat es ihm gleich, um die Szene zu betrachten. Jamie saß wieder am Pianoforte und blätterte die Noten durch. Kit Stratton führte die errötende Miss Mountjoy aufs Parkett. Emma bemerkte erleichtert, dass Mr. Mountjoy die Frau des Pfarrers aufforderte, während der Reverend auf sie selber zukam und sich galant vor ihr verneigte. Sie ließ sich von ihm auf die Tanzfläche führen. Ihr Vater sah lächelnd zu. Er liebte es, wenn seine Gäste sich amüsierten.
Hugo trat ein weiteres Mal zu Jamie. „Darf ich Sie ablösen, Lady Hardinge?“, fragte er.
„Wenn Sie es wünschen“, entgegnete sie. „Ich nehme an, Sie haben die Ankunft Ihres Bruders nicht erwartet? Er brachte hoffentlich keine schlechten Nachrichten?“
„Nein, Madam. Kit ist nur unendlich neugierig. Er muss stets alles wissen, was John und mich betrifft, und er wollte schon immer dasselbe tun können wie wir, auch als er noch nicht alt genug dafür war. Ich fürchte, er ist der geborene Rebell. Deswegen musste er Oxford verlassen. Und natürlich ist er schrecklich verwöhnt, als jüngstes Kind meiner Eltern – obendrein eines mit dem Gesicht eines Engels.“
Hugo lächelte ein wenig schief und fürchtete einen Moment lang, zu viel gesagt zu haben. Aber den Hardinges konnte er vertrauen. „Ich möchte nicht, dass Sie schlecht über Kit denken, Madam“, fuhr er fort. „Er ist etwas wild, das stimmt, doch unter seinem blendenden Äußeren besitzt er einen guten Kern. Schade ist lediglich, dass die Damen nicht hinter die hübsche Fassade sehen können.“ Und dass er sich ohne große Gewissensbisse darauf verlässt, fügte Hugo im Stillen hinzu.
Er richtete sich auf und sah den Tanzenden zu. Miss Mountjoy betrachtete Kit, als hätte sie nie etwas Schöneres gesehen. Innerlich erschauerte Hugo. Eine weitere Frau, die zu leicht zu beeindrucken war.
Emma dagegen – nun, Emma war aus härterem Holz geschnitzt. Hugo musterte sie sorgfältig. Ihre Aufmerksamkeit war voll und ganz auf das Gespräch mit ihrem Tanzpartner gerichtet. Für Kit erübrigte sie nicht einen einzigen Blick. Und vorher in der Eingangshalle schien sie ihn genau richtig eingeschätzt zu haben. Vielleicht …
In diesem Moment führte eine Tanzfigur Emma in seine Richtung, sodass sie Hugo direkt ansah. Sie lächelte flüchtig, ehe sie sich wieder zu Reverend Greenwood drehte.
Tief in Gedanken beobachtete er sie. Er bemerkte, dass auch Kit
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