HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
das Anwesen. Du kannst nicht von mir erwarten, allein hinzufahren.“ Ehe er etwas darauf erwidern konnte, fuhr sie fort: „Oh, ich verstehe. Du schämst dich, mich nach London mitzunehmen, nach dem Skandal in Epsom. Also verbannst du mich.“
„Nichts dergleichen tue ich“, fuhr Hugo sie an. „Wofür hältst du mich?“
Er las die Antwort in ihren Augen: Sie war verletzt, und sie glaubte, er sei grausam.
„Emma, ich kann dich nicht nach London mitnehmen, weil Kit und ich … weil wir eine geschäftliche Angelegenheit regeln müssen. Und ich habe in London kein Haus für uns. Ich werde bei Kit wohnen.“
Emma seufzte. Der Ausdruck ihrer Augen war nicht milder geworden. „Mein Vater hat eine Residenz in der Stadt. Er würde sie uns zur Verfügung stellen, wenn wir ihn darum bitten. Und Tante Augusta freut sich auch immer über einen Besuch der Familie in ihrem Londoner Heim. Sie ist heute Morgen dorthin abgereist.“
Hugo wartete, dass sie fortfuhr, doch sie schwieg. Hugo begriff, dass sie zu stolz war, um etwas zu bitten, das ihr vielleicht nicht gewährt werden würde. Sie sah ihn nur an.
Sie glaubte, er schämte sich ihrer. Wie könnte er? Sie war die Frau, von der er immer geträumt hatte. Eine leise Stimme erinnerte ihn daran, dass sie ihn nicht liebte. Er schob diesen Gedanken beiseite.
„Emma, ich habe nie daran gedacht, dich zu verbannen. Ich wollte nur …“ Er schüttelte den Kopf. Keine Entschuldigung wäre hier ausreichend. „Ich rechne nicht damit, länger als für ein paar Tage in London zu sein, wenn du mich indes begleiten möchtest – und wenn eine Unterbringung bei deiner Tante möglich ist –, wäre ich überglücklich, dich bei mir zu haben.“
Als Zustimmung nickte Emma kurz.
„Dann ist das geklärt. Kit und ich werden wie geplant heute aufbrechen, und du kannst uns folgen, sobald du willst. Was wäre dir recht?“
„Ich werde morgen früh zur Abreise bereit sein“, erklärte sie. „Darf ich fragen …“ Sie zögerte und senkte den Blick. „Verzeih mir, aber darf ich fragen, welcher Art diese dringenden Geschäfte sind? Betreffen sie mich?“
Es war das erste Mal, dass sie etwas wissen wollte. Hugo überlegte, wie viel sie wohl gehört haben mochte. Hoffentlich nichts von Forster? Sie war lange weg gewesen, als das Gespräch sich diesem Lump zuwandte. Kit? Vielleicht. Was sollte er ihr antworten? Er konnte seinen Bruder nicht verraten. Genauso wenig jedoch konnte er sie anlügen. Er hatte ihr schon genug angetan.
„Kit wird eine Weile ins Ausland gehen, Emma, und zuvor müssen die Geldangelegenheiten arrangiert werden. Wie du weißt, hält John sich in Schottland auf, und darum obliegt es mir, mich darum zu kümmern.“
Emmas Gesicht wurde dunkelrot.
Hugo zuckte zusammen. Sie glaubte, Kit ginge ihretwegen fort, wegen des Skandals. Sein Bruder ritt sich immer tiefer in Schwierigkeiten hinein, und Emma wurde dabei gedemütigt. Sie sah verstört aus.
Diesen Anblick konnte Hugo nicht ertragen. Mit zwei Schritten war er bei ihr und zog sie in seine Arme. Zur Hölle mit seinen Vorsätzen. „Emma, es ist nicht so, wie du denkst. Vertrau mir“, sagte er leise. Mit zwei Fingern hob er ihr Kinn an, damit sie ihn ansehen musste. „Kits Fortgang hat nichts mit dem zu tun, was sich zwischen euch abgespielt hat. Bitte glaub mir das. Mehr kann ich dir nicht verraten. Ich bitte dich nur, mir zu vertrauen.“ Er sah ihr tief in die Augen. „Willst du das tun?“
„Natürlich vertraue ich dir, Hugo“, antwortete sie ohne zu zögern, und sein Herz schlug schneller. Doch dann fügte sie hinzu: „Ich bin mit dir verheiratet.“
Das war zu viel. Er presste sie an sich und liebkoste ihre üppigen Lippen. Es war wieder wie in ihrer Hochzeitsnacht. Diesmal allerdings beachtete er ihre leisen Protestlaute und schob sie von sich.
„Verzeih mir, Emma. Das war ungehörig.“
„Wie du meinst. Aber …“, sie unterbrach sich und sah ihn unter ihren dichten Wimpern hervor an, „ich bin mit dir verheiratet.“
Und diesmal lächelte sie.
Hugo und Kit waren abfahrbereit, als Emma auftauchte, um sich zu verabschieden. Sie war überzeugt, sich wieder vollkommen in der Gewalt zu haben.
Kit hatte sich bei ihrem Erscheinen steif verbeugt und sich eilends in die Kutsche zurückgezogen. Emma verschwendete keinen Gedanken an ihn. Vielmehr sorgte sie sich um ihren Gemahl. Er hatte das Gewächshaus ohne ein weiteres Wort verlassen, nach seiner Entschuldigung für den Kuss, der noch immer auf
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