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Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)

Titel: Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Levison
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Zeitung?«, sagt er lachend. »Du bist ’ne Berühmtheit, Mann!«
    Ich bin aber schon zu sehr in den Artikel vertieft, um auf ihre Aufmerksamkeit noch zu reagieren. Unter der Schlagzeile »Kripo Waco: Ermittlungsfehler im Fall Worth« sehe ich ein Bild von mir, wie ich am Tag meiner Verhaftung aus dem Kommissariat in Westboro herausgeführt werde. Du meine Güte, hab ich abgenommen! Und wie verschreckt ich dreinblicke. Unter dem Bild ist zu lesen: »Jeffrey Alan Sutton, 36, wurde wegen der Entführung von Cara Worth, 12, verhaftet und nach einem Ermittlungsverfahren angeklagt, das die Kripo in Waco als ›von Anfang an stümperhaft‹ bezeichnet.«
    Das ist ja ein Hammer. Die Leute wissen Bescheid! Ich bin zu aufgeregt, um zu lesen, also starre ich nur das Foto an. Jeffrey Alan Sutton. Woher kommt das Alan ? Ich dachte, das sei in meiner Kindheit schon verlorengegangen. Ich habe nie Wert auf einen zweiten Vornamen gelegt. Da muss ein Reporter irgendwo meine Geburtsurkunde ausgegraben haben. Die ganze Zeit über dachte ich, ich sei allein und vergessen, während da draußen die Leute damit beschäftigt waren, mein Privatleben zu durchforschen, um jedes noch so unbedeutende Detail ans Tageslicht zu zerren.
    Wir fahren durch Texas-Farmland, durchs Fenster sehe ich weidende Kühe. Der erste Sonnenschein des Tages durchdringt den tief herabhängenden Nebel und bricht sich daran in Prismen. Ich spüre eine Art positiver Energie aus dem Bauch heraus. Sie strömt durch meine Brust, den Hals bis in meinen Kopf herauf. Ich lehne mich in meinem Plastiksitz zurück und schließe die Augen, während diese Welle echter und wahrhafter Hoffnung meinen Körper mit wundervollen kleinen Endorphinperlen durchflutet.
     
    Auf dem Weg ins Gerichtsgebäude werde ich gewahr, dass die Menschen überall versuchen, einen Blick auf mich zu werfen. Als wir den Personalaufzug vor dem Verhandlungssaal verlassen, begegne ich, ehe ich im Umkleideraum verschwinde, einer kleinen Menschenansammlung im Flur, und aller Augen sind auf den Mann im weißen Overall gerichtet. Ganz ähnlich wie am Tag meiner Verhaftung habe ich wieder das Gefühl, ich müsse der Aufmerksamkeit in irgendeiner Weise gerecht werden, als wäre ich eine berühmte Persönlichkeit. Doch inzwischen bin ich ein gebranntes Kind und unterdrücke diesen Impuls. Ich richte meinen Blick nach unten zu meinen gefesselten Füßen. Wer weiß, vielleicht macht sich da und dort eine mir, dem Unschuldigen, günstige Stimmung breit, oder vielleicht wollen die Leute einfach nur einen echten Kriminellen live erleben. Mir ist aufgefallen, dass es vielen Menschen eine gewisse Lust bereitet, Kriminelle anzuschauen. So kommen sie besser mit sich selbst ins Reine. Die haben womöglich ein Alkoholproblem, sind spielsüchtig oder werden von einer Seitensprung-Affäre aufgezehrt, aber wenigstens haben sie nie versucht, ein Kind zu ficken oder ein Wettbüro zu überfallen. Muss schon ein tief sitzendes emotionales Bedürfnis sein, sich besser als andere zu fühlen.
     
    Die Verhandlung wird fortgesetzt, und gleich zu Beginn zeigt sich die Richterin über die Zeitungsberichte eindeutig weniger erfreut als ich selbst. Sie hält die Zeitung hoch und blickt zu den Geschworenen hinüber. »Hat irgendjemand von Ihnen das gelesen?«, fragt sie.
    Niemand spricht ein Wort, doch sie scheint ihnen nicht zu glauben. »Wenn irgendjemand das gelesen hat, möchte ich das jetzt auf der Stelle wissen«, sagt sie mit vor kontrolliertem Ärger bebender Stimme. Sie will unbedingt freundlich und verständnisvoll klingen, um die Leute zum Sprechen zu bringen. Ein Trick, den ich von meinen Hauptschullehrern her kenne. Nachdem man dann gestanden hatte, löste sich die Freundlichkeit augenblicklich in Luft auf und machte einem Tobsuchtsanfall Platz. Die Mitglieder der Jury müssen ähnliche Schulen besucht haben, zumal sie die Richterin nur ausdruckslos anschauen. Vielleicht hat aber auch wirklich keiner von ihnen heute Morgen die Zeitung gelesen, wer weiß das schon?
    »Meine Verhandlung hat nicht in den Medien stattzufinden«, sagt sie, den Blick direkt auf mich gerichtet. »Wenn das so weitergeht, werde ich die Jury absondern oder das Verfahren für ungültig erklären.« Dabei winkt sie drohend mit dem Finger in meine Richtung, als wäre das Ganze meine Schuld. Inzwischen bin ich es gewohnt, dass man mir Taten anhängen will, die ich unmöglich hätte begehen können, also bleibe ich nur passiv sitzen. Was sie wohl getan

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