Hoffnung ist Gift: Roman (German Edition)
Windows installiert, nette Doppelverglasung, die die Kälte draußen hält, oder im Fall von Texas die gekühlte Luft drinnen hält. Sie waren unsere Hauptkonkurrenten, als ich für Pierson gearbeitet habe, und für gewöhnlich haben sie die öffentlichen Aufträge an Land gezogen, wie eben hier das Gerichtsgebäude.
Der gutgekleidete Mann steht auf und streckt mir seine Hand entgegen. »Ich bin Carl Brock von Randle, Brock and White. Mit Ihrer Erlaubnis würden wir uns gern Ihres Falles annehmen.«
Ich schüttle seine Hand, habe aber noch immer nicht begriffen, was hier abgeht. »Dass das Mädchen am Leben ist, heißt noch lange nicht, dass Sie nicht an der Entführung beteiligt waren«, sagt der Staatsanwalt jetzt direkt an mich gewandt. Die Leute sprechen mit mir, nicht mit meinem Anwalt oder mit den Wärtern. Ich fühle mich, als wäre ich zu einem menschlichen Wesen befördert worden. Freilich nehme ich das Gesagte nicht auf. Der Tisch ist aus Kirschholz, die Sessel mit abgestepptem Leder bezogen. Im stumm geschalteten Fernseher, einem Plasma-Flatscreen, läuft ein Werbespot für einen Weichspüler. Wer bezahlt eigentlich all den Luxus, frage ich mich.
»Wir werden Ihre Kaution für den Entführungsfall hinterlegen, bis ein Urteil gefällt ist«, sagt Brock.
»In der Zwischenzeit werden Sie gegen Gelöbnis entlassen«, sagt die Richterin.
Zum ersten Mal, seit ich dieses Büro betreten habe, sehe ich sie an und höre, was sie sagt. »Entlassen?«
»Sie sind nach wie vor unter gerichtlicher Aufsicht«, sagt sie. »Bis ein Urteil gesprochen ist, sind Sie frei gegen Kaution.«
Inzwischen haben die Nachrichten begonnen. Eine hübsche blonde Frau spricht, hinter ihr das Bild eines Mädchens. Es ist das gleiche Bild, das mir die Polizisten gezeigt hatten, während sie mir auf den Kopf schlugen und mich anbrüllten. Jetzt zeigen sie eine Aufnahme von Polizeifahrzeugen der Oklahoma State Police, die mit eingeschaltetem Blaulicht vor einem kleinen Reihenhaus geparkt sind. Das Insert »Willis, Oklahoma« wird eingeblendet, während ein Mann in weißem T-Shirt und Jogginghosen in Handschellen aus dem Haus geführt wird. Ich erkenne ihn von den Fotos, die Inspektor Larry Thomas mir gezeigt hat. Es ist Vern Brightwell.
Gleich darauf sieht man ein Mädchen, das zu einem anderen Polizeiwagen geführt wird.
»Wofür soll ich verurteilt werden?«, frage ich die Richterin.
»Jetzt wird mal alles auf Standby gesetzt, bis sich alles im Detail aufgeklärt hat«, sagt die Richterin gutgelaunt.
»Sie sind wegen Entführung in einem besonders schweren Fall verurteilt worden«, erklärt der Staatsanwalt. »Gut möglich, dass Sie hier als Komplize beteiligt waren.«
»Das ist aber jetzt ein Scherz, nicht wahr?« Trotz meines sanften Tonfalles sieht der Staatsanwalt einen Sekundenbruchteil lang so aus, als hätte er Angst vor mir.
Brock steht auf und legt seine Hand auf meine Schulter. »Sie kommen frei«, sagt er. »Wir kümmern uns um Ihre Kaution.«
»Frei? Wohin?« Ich spreche noch immer leise und vernünftig. »Ich habe meine Wohnung verloren, meine Kreditkarten sind gekündigt. Mein Job ist weg, und ich besitze nicht einmal mehr eine Brieftasche. Wollt ihr mich jetzt einfach so auf die Straße werfen?«
»Möchten Sie lieber zurück ins Gefängnis?«, fragt der Staatsanwalt.
Ich mache einen Schritt auf ihn zu, was offenbar als bedrohlich wahrgenommen wird, da einer der Wachmänner dazwischengeht und der Staatsanwalt seinen Sessel über den schieferfarbenen Teppich rückwärts schiebt, um den Abstand zu wahren. Dabei erscheint mir sein Vorschlag gar nicht so absurd. Zumindest habe ich im Gefängnis mein Essen, ein Dach über dem Kopf und Robert als Gesprächspartner. Wenn man mich auf die Straße wirft, muss ich mich aus Mülltonnen ernähren.
»Wir bringen Sie in einem Hotel unter«, sagt Brock. »Ihre Brieftasche holen wir für Sie von der Westboro Police Station.« Er deutet auf die Wachleute, die in Stellung gegangen waren, um den Staatsanwalt vor einem erwarteten Wutausbruch zu beschützen. »Ihr könnt euch jetzt verziehen«, sagt er.
Die Wachleute verlassen den Raum. Es ist erstaunlich. Die Stimme der Macht – mir gefällt der Mann.
Randall, der die ganze Zeit über schweigend dagestanden hat, reicht mir die Hand. »Ich wünsche Ihnen viel Glück«, sagt er. Ich schüttle seine Hand, und er geht. Er weiß jetzt, dass ich unschuldig bin, und als Unschuldiger bin ich ein lebender Beweis für sein Versagen,
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