Hoffnung ist mehr als ein Wort (Bianca) (German Edition)
was seine Schwester für einen geeigneten fahrbaren Untersatz gehalten hatte.
„Die ersten Kinder werden um halb sechs gebracht“, verkündete Kit unvermittelt. „Bis dahin musst du also frisch und munter sein. Normalerweise kommt Candy, unsere Kindergärtnerin, als Erste, aber weil ihr Auto gerade streikt, kann sie morgen nicht vor sechs kommen. Bis halb acht habt ihr beide bloß drei Kinder – und dazu Libby. Gegen halb neun komme ich. Also dürfte es kein Problem sein …“
„Moment mal! Ich habe nichts mit Kindern am Hut – und noch dazu in der Mehrzahl!“ Entschieden schüttelte er den Kopf. „Libby bringt mich zusätzlich zu meiner normalen Arbeit schon an die Grenzen.“
„Entschuldige“, bat Kit mit ihrem typischen Grinsen und sah dabei kein bisschen reumütig aus, „aber ich gehe davon aus, dass du in der Kindertagesstätte einspringst, bis ich einen Ersatz für Marlene finde. Eigentlich pendle ich zwischen den sechs Krippen, aber ich werde mir so viel Zeit wie möglich nehmen, um dich einzuarbeiten. Die Grundlagen der Säuglingspflege kennst du ja schon von Libby. Du kommst garantiert klar.“
Travis starrte sie finster an.
„Stell dich nicht so an! Es macht dir bestimmt Spaß. Bitte!“
In seinem ohnehin geschwächten emotionalen Zustand war es ihm unmöglich, ihrem Charme zu widerstehen. „Ich wäre nur eine halbe Stunde allein mit den Gören?“
„Höchstens.“ Sie lächelte ihn strahlend an.
Rein zufällig war es genau das Lächeln, das sie als Teenager immer eingesetzt hatte, um ihm die letzten M&Ms abzuluchsen. „Okay, gib mir noch ein paar Instruktionen, und ich mache es.“
Am Freitagmorgen um zwölf Minuten vor vier presste Travis sich ein Kissen auf den Kopf, um sich davor abzuschotten, was auf ihn wie ein mittelschweres Erdbeben wirkte.
Warum hatte Marlene nie erwähnt, dass ihr Haus direkt neben einem Bahngleis stand? Weil sie wusste, dass ich ihr den Kauf ausgeredet hätte.
Da er ohnehin bald aufstehen musste, setzte er sich in dem überraschend bequemen schmiedeeisernen Bett auf, machte Licht und blickte sich um.
Für seinen Geschmack war der Raum zu filigran ausgestattet. Gary hatte Marlene offensichtlich freie Hand in der Gestaltung gelassen. Die Mischung aus Alt und Neu war allerdings durchaus geschmackvoll.
Auf antiken Kommoden und Tischchen standen modisch wie klassisch gerahmte Fotos. Die meisten zeigten Marlene und Gary, einige neueren Datums zusammen mit Libby. Auch mehrere Schnappschüsse von den Hunden waren darunter. Cocoa in einem Kürbiskostüm zu Halloween, Gringo bettelnd, alle drei mit heraushängenden Zungen an einem sonnigen Tag auf der Veranda.
Auf dem dunklen Walnussboden lagen orientalische Brücken in seltsamen Winkeln zueinander. Die Wände waren hellgrün in vier verschiedenen Mustern tapeziert: gestreift, geblümt, gepunktet und kariert. Das passte erstaunlich gut in den mansardenartigen Raum mit den Oberlichtern und Dachschrägen.
Travis stand auf und ging in das angrenzende Badezimmer. Es war ebenfalls in Walnuss gehalten und mit einer antiken Badewanne mit Löwenfüßen ausgestattet. Die frei stehende Hightech-Dusche mit verschiedensten Knöpfen und Düsen deutete darauf hin, dass Gary hier das Sagen gehabt hatte.
Unter dem heißen Wasserstrahl stützte Travis die Hände gegen die Mosaikkacheln in Grün, Braun und Schwarz und ließ sich den verspannten Nacken massieren.
Eigentlich war es kein Problem für ihn, frühmorgens mit der Arbeit zu beginnen. Doch in seinem Büro hatte er das Sagen. Er wusste ganz genau, was ihn erwartete. Dagegen hatte er keine Ahnung, was – oder wer – in der Kinderkrippe auf ihn zukam.
Am vergangenen Nachmittag hatte er sich bei Kit über die Kinder erkundigt, auf die er aufpassen sollte. Aufgrund ihrer faszinierend lebhaften Erzählweise hatte er sich allerdings nicht auf ihre Worte, sondern nur auf ihre Person konzentriert. Auf sie und schmerzliche Erinnerungen daran, was einmal zwischen ihnen gewesen war.
Weil er sich nicht in dieses Thema vertiefen wollte, hatte er sie und Levi schnell aus dem Haus komplimentiert, um auch die Hunde wieder loszuwerden und sich bequeme Kleidung anzuziehen, nämlich Boxershorts und sonst nichts.
Die offensichtlich verwöhnten Köter nach draußen zu befördern, war ihm nur gelungen, indem er sie mit Schinken auf die Veranda gelockt und schnell die Tür geschlossen hatte. Er wusste nicht, ob sie es in die Scheune geschafft hatten oder nicht. Was kann ihnen schon
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