Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Der ist süß.«
Jonna steht auf und geht in den Flur. Sie findet ihre Stoffturnschuhe im Schmelzwasser auf dem Boden, nimmt ihre und Alex’ Jacke vom Haken und geht zum Sofa zurück.
»Hier. Das ist doch deine, oder?«
»So, Mädchen, jetzt schließen wir für heute.« Helena steht vor ihnen. Sie sieht auf Jonnas durchnässte Stoffschuhe, sagt aber nichts, sondern wendet sich Alex zu und bittet sie, noch kurz mit ihr ins Büro zu kommen, ehe sie gehen. »Ich würde gern mit dir über etwas reden.«
Jonna bleibt solange im Flur zurück. Mit einem Schaudern blickt sie in die Dunkelheit und den Nebel hinaus. Es sieht aus, als wäre es kälter geworden, die Straßenlaternen sind mit feuchtem Raureif überzogen, und Jonna zählt sie bedächtig, während sie wartet. Zwei, vier, sechs, sieben. Und dann betet sie im Stillen, dass sie heute Nacht bei Alex schlafen kann.
»Aber ich gehe übermorgen zu einem Vortanzen!«
Die Tür zum Büro ist aufgegangen, und Alex und Helena kommen heraus. Jonna sieht hoch. Es scheint, als wäre da drinnen etwas vorgefallen, denn Alex ruft diesen Satz wie eine Verteidigung und geht mit entschlossenen, wütenden Schritten auf die Tür zu.
»Und zwar ohne die Hilfe vom Kulturama!«
»Ein Vortanzen?« Helena eilt hinter ihr her, sie scheint immer noch gute Laune zu haben, wirkt lediglich etwas überrascht.
»Alex, ist das wahr?« »Ja, aber es ist eine kleine Produktion, deshalb kann ich noch nicht darüber reden.« Als Alex antwortet, sieht sie Helena nicht an. Ob sie lügt?
Helena lächelt und streichelt Alex über die Schulter. »Du, das freut mich wirklich für dich!«
»Jetzt gehen wir!«
Plötzlich hat Alex es eilig. Sie wirft Jonna einen Blick zu, und Jonna nickt rasch. Klar, jetzt gehen sie. Alex fährt in ihre Stiefel und ruft schnell ein »Tschüss!«, aber Helena lässt sich nicht abschütteln.
»Denk aber trotzdem über das nach, was ich gesagt habe. Du brauchst eine Ausbildung.« Sie sieht Alex flehend an, während sie den beiden die Tür öffnet. »Auch wenn du jetzt im Winter einen spannenden Job hast.«
»Aber ich kann doch nicht alles gleichzeitig machen!«, zischt Alex, und sie treten auf den Bürgersteig hinaus. Ein eiskalter Wind bläst in den Flur, und Jonna zittert in ihrer dünnen Jacke.
»Vielen Dank für das Essen. Tschüss!«
Sie stolpert hinter Alex her, und Helena folgt ihnen in die Kälte. Sie bittet Alex, von sich hören zu lassen, fragt, ob sie es in Farsta von der Haltestelle noch weit haben, und als keine von beiden antwortet, legt sie Jonna eine sanfte Hand auf die Schulter.
»Du bist immer willkommen, wenn du möchtest. Mach’s gut!«
6
Mach’s gut.
Sie erwacht davon, dass der Bus an der Haltestelle Södertälje Süd still steht. Frost. Sterne. Stille. Und es tut nahezu weh, dieselben roten Buchstaben auf derselben Betonwand zu sehen, sie zieht eine Grimasse und rappelt sich auf dem Sitz hoch. Es könnte sogar derselbe Busfahrer sein wie gestern, die Glut seiner Zigarette glimmt draußen in der Dunkelheit.
Sie fährt sich mit den Händen übers Gesicht und sieht mit zusammengekniffenen Augen auf das dahingekritzelte »Heute«, um sich zu trösten, aber es schimmert überhaupt nicht so wie gestern, heute wirkt es eher höhnisch, desillusioniert, pessimistisch. »Wirst du auch deinen Geburtstag in diesem Enter feiern?«
Der Busfahrer drückt die Zigarette aus und spuckt einmal aus, ehe er den Bus besteigt. Dieselben Routinen wie gestern. Er startet den Motor und sammelt den Müll zwischen den Sitzen ein, wirft ihn in den Papierkorb draußen, pinkelt, schaltet das Radio ein und macht sich für eine weitere Tour in die Stadt bereit. Und Jonna liegt steif und stumm da und hofft, nicht entdeckt zu werden.
Mach’s gut.
Sie ist mit Energie und Ambitionen hierhergekommen, aber jetzt fühlt sich alles wie tot an. Obwohl sie sich so angestrengt hat, ist nichts, aber auch gar nichts besser geworden. Wenn Alex ihr wenigstens erzählt hätte, worum es bei dem Gespräch in dem Büro gegangen war, aber sie hatte kein Wort darüber verlieren wollen und auch nicht, warum sie so wütend war. Wollte sie jetzt Jonnas Freundin sein, oder nicht? Warum war sie denn die ganze Zeit so komisch?
Und bei Alex übernachten durfte sie auch nicht; als Jonna sie schließlich fragte, da zischte Alex nur, dass sie sich selbst um was kümmern müsste.
Mach’s gut. Aber wie stellt man das als Landei in so einer Scheißstadt bloß an? Ist es überhaupt möglich, hier
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