Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Schule?«
Alex nickt. »Doch, super. Jonna hilft mir, damit ich auch solche Strähnen kriege wie sie hat.«
»Aber du hast doch schwarze Haare, oder?«, fragt Theo.
Die Mutter bittet: »Kann mal jemand den Schnaps rumschicken?«
»Da gibt es superstarke Mittel, man kann die Haare bleichen!«
»Aber schenk ordentlich ein, wenn du schon dabei bist.«
»Aber Bleichen macht die Haare ganz schön kaputt. Ich nehme auch gern einen.«
Jetzt mischt sich auch die andere Schwester in die Diskussion ein, und die Frage von Sofia ist vergessen. Die Stimmung am Esstisch ist chaotisch aber gut, und mitten im Trubel fällt Alex ein, dass sie ja ein Weihnachtsgeschenk dabeihat. Wartet man damit nicht eigentlich bis nach dem Essen? Jonna sieht etwas besorgt in die Runde, aber Alex ist schon in den Flur gelaufen, holt die Flasche und stellt sie mit einem Knall mitten auf den Tisch.
»Frohe Weihnachten allerseits!«
Es ist ein voller Erfolg, die Familie jubelt, und einer schraubt den Deckel ab. Niemand findet es auch nur im Geringsten unpassend, dass Alex einfach so beim Essen ihr Weihnachtsgeschenk präsentiert. Man prostet einander zu, und die Flasche kreist, bis sie bei Sofia ankommt.
»Sag mal, Alex, wie hast du denn diesen Schnaps kaufen können? Oder warst du im Ausland?«
Sie dreht die Flasche, auf deren Etikett kein einziges schwedisches Wort steht. Jonna erstarrt, doch ihre Sorge ist überflüssig, denn die Schwester wird von den anderen brüsk zurechtgewiesen.
»Was ist das denn für eine Art? Weihnachtsgeschenke zu kritisieren!«
»Jetzt trink schon und benimm dich!«
Sie stoßen mit Sofia an, die sich ein weiteres Mal der Allgemeinheit fügt. Es scheint so, als wären sie alle eine große zufriedene Familie, doch nach einer Weile merkt Jonna, dass dieser Bosse nicht so beliebt zu sein scheint. Alle reden miteinander, aber niemand spricht mit ihm. Er selbst sagt auch das eine oder andere Wort, doch die meiste Zeit sitzt er nur schweigend da und trinkt.
»Aber wir anderen haben ja auch noch Weihnachtsgeschenke dabei!«
Nach dem Dessert – fertig gekaufter Milchreis aus einer Plastikwurst – tut Marina, die andere Schwester, es Alex nach. Sie saust in den Flur, holt zwei Flaschen Schnaps, und die Familie bejubelt sie gleichermaßen. Die anderen Flaschen sind inzwischen leer, die neuen werden sogleich geöffnet und herumgeschickt.
»Na, ist das wohl ein tolles Weihnachten?«
Mitten im Geschehen legt Sofia plötzlich ihren Löffel beiseite und wendet sich Alex zu.
»Komm, wir fahren! Du kannst auch mitkommen, wenn du willst.«
Letzteres ist an Jonna gerichtet, die erstaunt aufsieht. Was? Wieso denn? Fragend schaut sie zu Alex, und da diese ihre Schwester ignoriert, bleibt sie ebenfalls sitzen.
Die Mutter nickt ihnen zu und zischt in Richtung Sofia: »Dir fällt aber auch immer was ein, worüber du dich beschweren kannst! Was passt dem Fräulein denn jetzt nicht?«
Sofia steht so abrupt auf, dass ihr Stuhl umfällt und macht eine große Geste: »Kinder! Hier sitzen drei Kinder!«
»Das hier ist ein Feiertag für die Kinder!«
»Aber es ist verdammt noch mal nicht in Ordnung …«
»Jetzt wage bloß nicht, sie mir wegzunehmen!«
Sofia wendet sich wieder den Mädchen zu: »Komm, Alexandra. Und Jonna – so heißt du doch, oder?«
»Jetzt hör doch auf, Sofia. Gibt Mama mal eine Chance!«, lässt sich Theo vernehmen.
Die Mutter fügt mit zittriger Stimme hinzu: »Und das, wo ich so gekämpft und gerackert habe, um dieses Essen zustande zu bringen!«
»Mädel, jetzt komm schon!«
Sofia steht da und schwankt, während die Mutter zu schluchzen und zu schniefen beginnt. Jonna starrt auf die Tischplatte, und Alex und Theo fallen ihrer Mutter um den Hals.
»Okay, frohe Weihnachten allerseits!«
Sofia schlägt mit der flachen Hand auf die Wand und verlässt die Wohnung.
Nachdem sie abgedeckt und gespült haben, tauchen neue Flaschen auf. Und dann landet Alex wieder unter einem Tisch, diesmal unter dem Couchtisch im Wohnzimmer ihrer Muttter. Da liegt sie als kicherndes und rülpsendes Häuflein, und Jonna kann nichts tun, um sie wieder auf das Sofa zu kriegen.
»Wie läuft es in der Schule, Alexandra?«
Ganz unvermittelt fragt die Mutter nach dem Kulturama. Jonna hält den Atem an und späht verlegen unter den Tisch. Wie wird Alex auf diese Frage jetzt reagieren?
»Gut. Echt. Es ist superklasse in der Schule.«
Sie macht das locker. Und die Mutter, die selbst mit geschlossenen Augen dasitzt, kriegt
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