Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
im Laden zu benutzen. Jetzt kommt ihr auch ihr Dialekt zur Hilfe.
»Gut, aber dies hier ist nicht Timrå.«
Der Wachmann ist ungerührt, aber Elina macht ihre Sache gut. Sie schluchzt weiter, dass sie noch niemals auch nur einen Radiergummi gestohlen habe und diese Schachteln seien alles Geburtstagsgeschenke für ihre geliebten kleineren Geschwister. Dann starrt sie die beiden Wachleute an, wühlt in der Innentasche ihrer Jacke und holt einen Tausendkronenschein heraus, mit dem sie wedelt.
»Sehen Sie! Ich wollte doch bezahlen!«
Jonna bleibt die Luft weg – warum lebt ein Mensch von Zimtschnecken, wenn er doch so viel Geld hat?
Die Wachleute werden unsicher. Sie erbitten Elinas Personennummer und die Telefonnummer eines Elternteils, und dann verlassen sie das Büro, um sich zu besprechen. Eine ganze Weile später kommen sie zurück und erklären, dass Elina diesmal mit einem blauen Auge davonkomme, weil sie das zum ersten Mal gemacht habe. Und weil Weihnachten sei. Keine Anzeige bei der Polizei, aber sie haben mit Elinas Vater telefoniert, und der sei sehr erschrocken und traurig und würde sie bald beide abholen.
Was? Jonna wirft Elina einen raschen Blick zu, die jetzt auch etwas verwirrt aussieht. Wird wirklich ihr Vater kommen? Aber Elina hat sich gleich wieder im Griff und sieht die Wachleute mit Tränen in den Augen an.
»Tausend Dank, ich werde das bestimmt nie wieder machen.«
Es wird dann aber doch vier Uhr, ehe sie aus dem Laden wegkommen, denn die Wachleute beharren darauf, auf Elinas Vater zu warten, obwohl Elina ihnen schon an die zehn Mal erklärt hat, dass er bestimmt nicht kommen wird. Erst als es dunkel wird, lassen sie die Mädchen gehen, und das auch nur, weil die Schicht des einen Wachmannes zu Ende ist.
Sie treten auf den dunklen und wenig einladenden Parkplatz vor dem großen Einkaufszentrum, sie zittern im Wind, der ihnen direkt durch den Körper fährt, so hungrig und erschöpft von der Anspannung, wie sie sind. Und zu allem Überfluss klingelt nun auch noch Jonnas Handy.
Sie erstarrt und würde am liebsten laut schreien.
»Willst du denn nicht rangehen?«
Nein, Jonna starrt nur auf die Nummer, es ist immer dieselbe. Sie schüttelt den Kopf – was, wenn man sie dann orten könnte?
»Aber das können sie doch vielleicht trotzdem? Jetzt komm schon!«
Elina zerrt Jonna mit sich über den Parkplatz, und Jonna sagt, sie wolle sicherheitshalber vielleicht wenigstens die SIM-Karte auswechseln.
»Kann ich von dir dafür Geld leihen?«
Nein, da endet Elinas Hilfsbereitschaft gegenüber Jonna. Dieser Tausendkronenschein hat sie offensichtlich schon in mehr als einem Büro gerettet, der soll nicht angebrochen oder verliehen werden. Elina ist überhaupt nicht erschrocken darüber, dass es im Toys’R’Us so gelaufen ist, sondern nur sauer, weil sie nach all den Stunden Arbeit mit leeren Händen von hier weggehen.
»Da hätten wir lieber etwas Lustiges gemacht!«
Sie seufzt und fängt an, über Fußballtaktiken zu reden. Wie sie es das nächste Mal anstellen wollen, wenn sie gegen Minken und Robin spielen, und das hilft Jonna, den Telefonanruf zu vergessen und sich weniger gejagt zu fühlen. Sie selbst ist ja der Meinung, dass sie bei den Wachleuten ziemlich viel Glück gehabt haben; wird man da sonst nicht immer angezeigt? Sie schaudert. Dann folgen sie den Schildern und dem Fußgängerweg zurück zum Bahnhof.
»War das denn deine Personennummer und die richtige Telefonnummer von deinem Vater?« Jonna muss das einfach fragen, auch wenn es ziemlich unwahrscheinlich ist.
»Nein, natürlich nicht.« Elina schüttelt den Kopf. »Ich habe keine Ahnung, mit wem die da geredet haben.«
»Was war das dann für eine Nummer?«
»Die von Carglass am Ringvägen. Wirklich.«
»Was? Aber wie können die Wachleute dann sagen, dein Vater sei traurig und würde uns abholen?«
Das war in der Tat sehr seltsam. Elina kapiert es auch nicht, aber auf jeden Fall macht ihnen der Gedanke an einen völlig Fremden, der sie überraschend unterstützt hat, bessere Laune. Wenn der wüsste, dass er sie vor einer Polizeianzeige gerettet hat!
»Bist du denn schon mal richtig verhaftet worden?«
»Nein, das passiert mir nicht.«
»Aber wenn doch? Angenommen sie erwischen Maggan, und die Polizei kann alle Spielsachen zu dir zurückverfolgen? Hast du davor keine Angst?«
Nein. Elina schüttelt wieder den Kopf und lacht ihr perlendes Lachen. Dann bleibt sie unter einer Straßenlaterne stehen und sagt, dass sie
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