Hoffnung: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Raumes, wo Elina blitzschnell übernimmt.
»Hurra!«
Nein, Minken nimmt Elina den Ball ab, aber er ist schließlich allein, Robin liegt immer noch am Boden, und so hat Minken keine Chance. Jonna erobert den Ball wieder zurück und donnert ihn steinhart auf die Heizung.
»Tooor!«
Wow, das war ein Ding! Eins zu null, Robin schreit, dass es Minkens Fehler gewesen sei, aber Elina und Jonna pfeifen laut und fallen einander um den Hals, und Minken umarmt sie auch.
»Echt cooles Zusammenspiel!«
Es ist mitten in der Nacht. Die beiden Mädchen stehen schweigend und still nebeneinander und sehen zum Himmel hinauf. Sie sind auf dem Nachhauseweg und haben eben entdeckt, dass es völlig sternenklar ist. Eiskalt ist es auch, weshalb man eigentlich kaum stehen bleiben kann, aber sie tun es trotzdem. Jonna sieht zu den blassen Punkten auf dem großen dunklen Himmelsgewölbe hoch.
Soweit das Auge reicht ist da nur Raum, endloser Raum. Es schaudert sie, und sie fühlt sich plötzlich ganz klein und elend. Und einsam – wie ein Stern. Dort oben gibt es so unendlich viele Sterne, aber dennoch sehen sie einsam aus. Nicht wahr? Elina wirft Jonna einen Blick zu und nickt. Es ist schön, dass jetzt wenigstens sie bei ihr ist. Aber wie kommt es nur, dass alle Sterne einen deutlichen Abstand zueinander haben und man niemals zwei sieht, die ganz dicht beieinander sitzen?
»So ist es bei uns doch auch. Wir teilen vieles miteinander, aber eigentlich sind wir einsam.«
»Du meinst, wenn man stirbt und so?«
»Nein, auch wenn man lebt. Das finde ich jedenfalls.«
Elina lächelt, aber Jonna zittert und hört auf, nach oben zu sehen. Stattdessen schaut sie Elina an, holt tief Luft und fragt dann ganz direkt: »Was ist das mit deinem Bruder?«
Keine Antwort. Flehend sieht sie Elinas Profil an, doch die hat den Blick stumm auf den Sternenhimmel gerichtet.
Aber schließlich antwortet sie, gedämpft und widerwillig: »Er wird superwütend. Er … er schlägt und wirft mit Sachen.«
Ganz offensichtlich will sie nicht darüber reden, aber Jonna fragt trotzdem weiter. Schläft Elina deshalb unten in der Abstellkammer? Was sagt denn ihr Papa dazu? Ist der Bruder schon lange so?
Elina schüttelt den Kopf und seufzt. »Er ist wirklich nicht die ganze Zeit so, an Weihnachten in Timrå war er wie immer, aber kaum waren wir wieder in der Stadt, wurde er wieder … so halt.«
»Hast du mit deinen Großeltern darüber gesprochen?«
»Das will ich nicht! Hugo ist der liebste Bruder der Welt, er wäre so traurig, wenn …«
Sie sieht Jonna wütend an und geht weiter, als wollte sie das Gespräch damit beenden. Aber wenn ihr Bruder nun dabei ist, verrückt zu werden, wenn das noch schlimmer wird und er zu einem Axtmörder mutiert? Würde Elina es dann immer noch verheimlichen? Das ist doch nicht normal, Jonna kann das Thema nicht einfach fallenlassen. Elina seufzt noch tiefer und macht eine ergebene Geste.
»Okay, ich werde mit Papa reden, wenn er an Neujahr nach Hause kommt.«
Gut, gut. Sie kommen auf die Götgatan und nähern sich dem Mietshaus. Als sie hochsehen und erkennen, dass in dem Fenster mit dem Eisreklame-Clown das Licht brennt, drehen sie um und gehen stattdessen in den Müllraum. Und Elina lächelt die ganze Zeit ein breites Lächeln, als wäre ihr das alles egal, als würde es ihr nichts ausmachen. Aber das muss es doch, oder?
»Nun ja…«
Sie nickt, während sie den Schlüssel aus der Tasche nestelt, und Jonna steht schweigend da und wartet auf eine Fortsetzung, doch Elina sagt nichts mehr, sie sperrt nur die Tür auf und geht hinein. Jonna sieht noch einmal zum Sternenhimmel hinauf. Vielleicht stimmt das ja, was Elina sagt – man ist einsam. Doch im Unterschied zu Sternen und Galaxien können wir Menschen doch den Abstand zueinander verkleinern. Wenn wir wollen und nicht die ganze Zeit so tun, als wären wir glücklich.
16
Sie erwacht, setzt sich mit einem Ruck auf und horcht.
Hilfe!
Es ist stockfinster in der kleinen Abseite, doch an der Betonwand schrappt und reibt etwas und ganz in der Nähe sind Stimmen und schwere Schritte zu hören. Als sich Jonna vorsichtig zu dem kleinen Spalt unter der Tür hinunterbeugt, durch den Licht hereinsickert, sieht sie Schatten, die sich bewegen.
Jetzt sind sie hier!
Ein Schlagen, ein dumpfes Dröhnen, und es klingt, als stünde ganz in der Nähe ein großes Auto mit laufendem Motor. Wie zum Teufel haben sie ihr Versteck entdeckt? Und wo ist Elina? Jonna tastet über die Matratze,
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