Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1

Titel: Hohlbein Wolfgang - Die Chronik der Unsterblichen 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Abgrund
Vom Netzwerk:
»Genau wie du. Die Wunden, die ich mir
    im Kampf zugezogen habe, sind noch nicht vollständig verheilt…«
»Sie sind schneller verheilt, als sie es sollten«, sagte Frederic gehässig. »Zu
mindest ist damit bewiesen, daß du ein Delãny bist. Du wirst wahrscheinlich genauso lang leben wie Barak - bis dich jemand gewaltsam tötet!«
»Das könnte schneller passieren, als dir lieb ist«, sagte Andrej ärgerlich. »Ich
fühle mich bei weitem noch nicht in der Lage, einen weiteren Kampf gegen so
überlegene Gegner wie die goldenen Ritter durchzustehen. Zumal sie es uns
beim nächsten Mal nicht mehr so leicht machen werden.«
»Du hast Angst«, beharrte Frederic. »Du bist kein großer Krieger, Andrej Delãny. Du bist nur ein Aufschneider, der gelernt hat, ein bißchen mit dem Schwert
herumzufuchteln.«
Vielleicht hat er damit sogar recht, dachte Andrej. Er hatte Angst, wenn auch
aus einem ganz anderen Grund, als Frederic annahm.
»Wir haben Zeit«, sagte er leise. Diese Worte klangen selbst in seinen eigenen
Ohren nach nichts anderem als einer billigen Ausrede, und Frederic ließ sich
nicht einmal zu einer Antwort herab. Trotzdem fuhr Andrej nach ein paar Sekunden fort: »Wir wissen, wohin sie wollen.«
»Wenn der Kerl die Wahrheit gesagt hat«, grollte Frederic. »Wahrscheinlich
hat er gelogen, damit wir in eine Falle laufen.«
»Das glaube ich nicht.« Andrej schüttelte überzeugt den Kopf. Der Mann hatte
Todesängste ausgestanden. Und er hatte geglaubt, was Andrej über den Teufel
und seine Seele gesagt hatte. Ein Mensch in dieser Verfassung war nicht imstande zu lügen.
»Wir brauchen einen Platz für die Nacht«, sagte er, ganz bewußt das Thema,
aber auch Tonfall und Lautstärke wechselnd. »So, wie wir aussehen, erregen wir
zu großes Aufsehen.«
»Um diese Zeit?« Frederic schüttelte heftig den Kopf. »Niemand wird uns aufnehmen.«
»Niemand wird einen frierenden Mann und einen verletzten Jungen fortschicken, die mitten in der Nacht an die Tür klopfen«, widersprach Andrej. »Du
brauchst frische Kleider und ein paar Stunden Schlaf - und ich auch«, fügte er
etwas leiser hinzu. Vor allem aber brauchte er Zeit, um sich einen vernünftigen
Plan zurechtzulegen und sich über vieles klar zu werden. Frederic schien seine
Gedanken zu erraten; er widersprach zwar nicht, doch in seinen Augen blitzte es
so zornig auf, daß Andrej es trotz der Dunkelheit deutlich sehen konnte. Die
Verachtung des Jungen schmerzte. Viel stärker, als sie hätte sollen. Sie versanken wieder in das gleiche, unangenehme Schweigen, in dem sie einen Großteil des Tages verbracht hatten. Die Kälte wurde immer schlimmer.
Andrejs Zähne begannen zu klappern, und der Wind, der wie mit unsichtbaren
Nadeln in seine Hände und sein ungeschütztes Gesicht biß, schien sich mit der
Kälte in seinem Inneren zu vereinen, als wollte er alles Leben mit dem eisigen
Feuer der Hölle aus ihm herausbrennen.
Eine gute halbe Stunde ritt Frederic schweigend neben ihm her. Wäre die
Nacht klarer gewesen, dann hätten sie das Meer und vielleicht sogar Constãntã
schon sehen können; so aber war alles, was Delãny von der Hafenstadt wahrnahm, ein blaßrosa Schimmer am Himmel. Es mußte wohl so sein, wie Michail
Nadasdy behauptet hatte: Die großen Städte schliefen niemals. Andrej war über
diese Erkenntnis jedoch nicht besonders erfreut. Ihre Chancen, unbemerkt in die
Stadt zu kommen, sanken auf diese Weise dramatisch.
Frederic richtete sich plötzlich im Sattel auf und blickte konzentriert nach vorne, und erst als Andrej seinem Blick folgte, sah auch er den Lichtschein, der ein
Stück vor ihnen am Wegesrand aufgetaucht war. Ein Haus, vielleicht auch ein
kleines Gehöft, in dem trotz der späten Stunde noch Licht brannte. Andrej blieb einen Moment lang stehen und horchte in die Nacht hinaus. Aber
da war nichts; kein verdächtiges Geräusch, das auf die Anwesenheit von Menschen hinwies, die hier auf sie lauern mochten.
Trotzdem waren alle seine Sinne bis zum Zerreißen angespannt, als sie sich
dem Gebäude näherten. Daß Domenicus mit seinen Leuten nicht hier war, bedeutete nicht, daß er nicht ein paar seiner Männer zurückgelassen hatte, die auf
Frederic und ihn warteten. Der goldene Ritter hatte gesagt, daß sie sich wiedersehen würden, und dies war die einzige Straße, die von Norden her nach
Constãntã führte. Draskovic hatte berichtet, daß sie die Gefangenen auf ein
Schiff bringen würden, und Constãntã war der größte Hafen weit und breit:

Weitere Kostenlose Bücher