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Hohle Köpfe

Hohle Köpfe

Titel: Hohle Köpfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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voneinander getrennt waren. Er legte zwei Untersetzer auf den Tisch und stellte die Gläser darauf.
    »Vermutlich wünschst du dir jetzt, in einer Zwergentaverne zu sein«, sagte Angua. Sie nahm ihren Untersetzer und warf einen Blick auf die Unterseite.
    Grinsi sah sich noch einmal um.
Wenn
dies eine Zwergentaverne wäre, gäbe es inzwischen große Bierlachen auf dem Boden, und überall würde Schaum spritzen. Außerdem hätten sie längst Gelegenheit gehabt, das neue Zwergenlied
Gold, Gold, Gold
zu hören, oder den Dauerbrenner
Gold, Gold, Gold,
oder den alten Hit namens
Gold, Gold, Gold.
Und sicher würden in wenigen Minuten die ersten Äxte geworfen.
    »Nein«, sagte Grinsi. »So schlimm kann es hier nicht sein.«
    »Trink aus«, drängte Angua. »Wir müssen gehen und… uns etwas ansehen.«
    Eine große, haarige Hand schloß sich um Anguas Unterarm. Sie hob den Kopf und blickte in ein schreckliches Gesicht, das nur aus Augen, Mund und Haaren zu bestehen schien.
    »Hallo, Schlitzen«, sagte sie ruhig.
    »Ha, wie ich gehört habe, gibt es da einen Baron, der ziemlich sauer auf dich ist.« Alkohol kondensierte in Schlitzens Atem.
    »Das geht nur mich etwas an«, erwiderte Angua. »Warum kehrst du nicht wie ein braver Schwarzer Mann hinter deine Tür zurück?«
    »Ha, er meint, du hättest Schande über das alte Land gebracht…«
    »Bitte laß los«, sagte Angua. Dort, wo Schlitzen sie festhielt, war ihre Haut weiß.
    Grinsi sah vom Unterarm zur Schulter des Schwarzen Manns. Schlitzen mochte feingliedrig sein, aber an seinem Arm waren Muskeln wie Perlen an einer Kette aufgereiht.
    Angua bewegte sich so schnell, daß sie zu einem Schemen wurde. Mit der freien Hand zog sie etwas hinter ihrem Gürtel hervor und stülpte es Schlitzen über den Kopf. Daraufhin lösten sich die Finger von ihrem Arm. Der Schwarze Mann schwankte und stöhnte leise. Auf seinem Kopf ruhte ein viereckiges Stoffstück wie das verknotete Taschentuch eines Sonnenanbeters am nächsten Strand.
    Angua schob den Stuhl zurück und griff nach dem Untersetzer. Die dunklen Gestalten an den Wänden flüsterten miteinander.
    »Laß uns von hier verschwinden«, sagte sie. »Igor, gib uns eine halbe Minute – dann kannst du ihm die kleine Decke abnehmen. Komm.«
    Sie verließen die Taverne. Der Nebel hatte die Sonne bereits in einen blassen Fleck verwandelt, doch nach der Düsternis in der
Bahre
war die Graue strahlend hell.
    »Was ist mit ihm passiert?« fragte Grinsi. Sie lief, um mit Angua Schritt zu halten.
    »Er leidet an Existenzunsicherheit«, erklärte Angua. »Er weiß nicht, ob er existiert oder nicht. Es ist grausam, zugegeben, aber wir kennen kein anderes wirksames Mittel gegen Schwarze Männer. Am besten ist eine
blaue,
flauschige Decke.« Sie bemerkte Grinsis Verwirrung. »Schwarze Männer gehen fort, wenn man den Kopf unter die Decke steckt. Das wissen doch alle. Wenn man also
ihren
Kopf unter eine Decke steckt…«
    »Oh, ich verstehe. Das ist
wirklich
gemein.«
    »In zehn Minuten hat er sich davon erholt.« Angua warf den Untersetzer aus Pappe wie einen Diskus durch die Gasse.
    »Was hat er mit dem Baron gemeint?«
    »Eigentlich habe ich gar nicht richtig zugehört«, behauptete Angua.
    Grinsi fröstelte im Nebel, nicht nur wegen der Kälte. »Er klang so, als stammte er auch aus Überwald. Ich erinnere mich an einen Baron, der nicht weit entfernt wohnte und es
haßte,
wenn jemand die Heimat verließ…«
    »Ja.«
    »Die ganze Familie bestand aus Werwölfen. Einer von ihnen hat meinen zweiten Vetter gefressen.«
    Erinnerungsbilder huschten an Anguas innerem Auge vorbei. Vor allem Mahlzeiten aus der Zeit, als sie sich noch nicht gesagt hatte: So etwas gehört sich nicht. Ein Zwerg, ein Zwerg… Sie war ziemlich sicher, daß sie nie… Die Familie hatte sich immer über ihre Eßgewohnheiten lustig gemacht.
    »Deshalb kann ich sie nicht ausstehen«, meinte Grinsi. »Es heißt zwar, man könnte Werwölfe zähmen, aber ich finde, ein Wolf bleibt ein Wolf. Man darf ihnen nicht trauen. Die Bosheit liegt in ihrer Natur, stimmt’s? Sie können praktisch jederzeit zu… zu einem wilden Tier werden.«
    »Vielleicht hast du recht.«
    »Und das Schlimmste ist… Die meiste Zeit sehen sie aus wie ganz normale Leute.«
    Angua blinzelte und war froh über die doppelte Tarnung durch den Nebel und Grinsis uneingeschränktes Vertrauen. »Komm. Wir sind fast da.«
    »Wo?«
    »Wir sprechen mit jemandem, der entweder der Mörder ist oder ihn kennt.«
    Grinsi

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